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Zelda: Echoes of Wisdom im Test - Die Hardware mag ächzen, aber Zeldas Magie verfängt einfach

Es geht auch mal ohne Schwert.

Verspielt und mit räumlicher Offenheit, die man im isometrischen Hyrule bislang nicht kannte, feiert Zelda ihren großen Auftritt, beweist aber auch, dass die Switch technisch selbst bei hauseigenen Produktionen am Ende ist.

Denkt man an Zelda, die Spielfigur, muss man das schon zweimal tun, um hinter ewiglicher Bedrängnis und einfachen Heldengeschichten einen durchgreifenden Charakter zu erkennen. In Twilight Princess noch am ehesten, allein mit der starken Kapuzenszene. Daneben ist sie immerhin wandelbar im Auftreten: gern in Verkleidung oder ohne Gedächtnis, mal als Schulromanze, immer als gute Seele, meist kurz darauf verschleppt, versteinert, verschmolzen mit der Opferrolle. Statt treibender ist sie bestenfalls symbolische Kraft, hängt gern das halbe Spiel in einem Kristall wie die Fliege im Bernstein, und selbst, wenn das nicht der Fall ist, kann sie allein nicht viel bewegen.

In Zelda: Echoes of Wisdom ist das anders, da kann sie als Hauptfigur buchstäblich Felsen heben. Statt verordneter Hilflosigkeit findet sie ihren neuen Status als Macherin und Link seinen als gearschter Kristallinsasse. Warum? Einer muss da drin sitzen und einer den Rest erledigen. Mit vertauschten Protagonisten erzählt Echoes die erwartbare Zelda-Geschichte, von Rissen in Hyrule, einer ungemütlichen Parallelwelt, deren kurze Abschnitte bis zum Ende ähnlich verlaufen, von Doppelgängern und einer in tiefsten Tiefen schlummernden bösen Macht.

Überall in Hyrule öffnen sich Risse wie dieser. Uah, wer steckt dahinter?

Ein Typ mit Wildschweinsilhouette könnte involviert sein und irgendwann kommt der Moment, in dem jemand Aufrechtes sagt: "Mann, wäre mir das vorher klar gewesen". Üblicherweise, nachdem die Tore des Heiligtums offenstehen und Herr Bösemann die Bundeslade abzustauben gedenkt. Dieselben Vorzeichen wie immer, präsentiert in einem frischen spielerischen Blickwinkel.

Die Beschränkung der konventionellen Kampfmöglichkeiten zugunsten magischer Interaktion tut dem Spiel auf lange Sicht gut, auch wenn man ebenso lange mit dem Ankämpfen gegen eingebrannte Abläufe beschäftigt ist. Das ist OG Zelda in einem ähnlichen Hyrule wie A Link to the Past oder Between Worlds, betrachtet durch die Engine des Link's-Awakening-Remakes mit ihren traumartig-trüben Bildrändern - da will man sofort mit dem Schwert Büsche mähen und Rubine ernten.

Das Schwert ist Links ureigene Form der Interaktion mit der Welt, sein "Hallo" und "Wie geht’s?" und natürlich versetzt mit der "Kraft, das Böse zu verbannen", um dem kitschigen Duktus der Reihe Tribut zu zollen. Um das kurz einzuschieben: Schwert, Bogen und Bomben sind zeitlich begrenzt. Die Nutzung erfolgt im schmucklos betitelten, für kurze Sequenzen aufladbaren Schwertkämpfermodus. Auf Stufe 3 hält er 25 Sekunden am Stück, das ist nicht viel.

Das Schwert kommt nur selten zum Einsatz.

Zeldas Ausgleich ist ein Stab zum Beschwören 16 Millionen verschiedener Objekte und statt Schlagwaffe samt Schild schleppt sie einen Ikea-Katalog und einen Zoo in der Westentasche. Müsste man die Reihe nach dem coolsten Start-Power-up ranken, Echoes landete auf dem letzten Platz. Erste Fähigkeit: einen Tisch bauen. Ein Tisch ist mindestens zu 78 % das Gegenteil von Kokiri-Schwert und Steinschleuder, sogar von Angel, Laterne oder Fernglas. Ein Tisch ist nicht cool und er tötet nur auf Umwegen.

Aber er ist vielseitig nutzbar, zum Klettern etwa, zum Treppenbauen, Ablenken, Entzünden und Mit-Geisterhand-vor-sich-Hertragen, wenn Grasflächen, Fackeln oder Gegner brennen sollen. In erster Linie aber zum Klettern und Eliminieren der Höhe als begrenzendes Spielelement. Vor Breath of the Wild herrschten klare Verhältnisse mit Blick auf die topografische Beschaffenheit Hyrules. Bäume waren ohnehin nur Fassade, Felswände viel zu hoch, genau wie der Vorsprung mit dem Herzteil darauf, den man von der anderen Seite erschließen musste. Traditionelles, liebenswertes Action-Adventure-Füllgut.

Man hätte die Stelle auch auf viele andere Arten lösen können.

Echoes sagt "lass mal" und lässt uns Tische, Kisten und Betten stapeln, Aufzüge bauen und auf Bäumen entlanglaufen. In mehr als 20 Stunden bis zum Ende sammelt man eine Vielzahl von Objekten zum Erschaffen und Entfernen (in meiner Liste standen knapp 120), von Alltäglichem wie Fässern, Felsbrocken und Vasen bis zu allen Arten von Feinden. Das Zerstören setzt immer etwas Erschaffendes voraus, einen kreativen Impuls.

Ruft einen gepanzerten Moblin als Leibwache, eine Topfpflanze als Deckung beim Schleichen, ein Trampolin als Sprunghilfe oder einen Maulwurf, damit er sich in die Erde gräbt. Mit dem Beschwören gewöhnlicher Körper und besiegter Kreaturen beginnt eine Verspieltheit, die im kleinformatigen Top-down-Zelda-Bereich lange köcheln musste, bevor wir diesen Punkt erreicht haben.

Von der wählbaren Spielreihenfolge eines Link Between Worlds bis zur umwerfenden Freiheit in Tears of the Kingdom war es ein weiter Weg, der sich zwei Fußbreit auch im neuen Abenteuer abzeichnet. Es geht weniger um das Bestücken von Shiekah-Augen mit Pfeilen aus einem starren Winkel oder das passgenaue Schieben von Holzkisten auf Bodenschalter. Niemand muss eine Fackel auf die eine Weise löschen.

Physik spielt in Echoes kaum eine Rolle, anders als in Breath und Tears. Objekte lassen sich zusammenstecken wie Lego-Steine.

Statt zu nutzen, welche offensichtlichen Mittel uns ein Raum zugesteht, bereitet man sich die Gegebenheiten selbst. Nehmen wir einen Eisblock, am besten einen aus der Bergruine in Twilight Princess: Dort kann - muss! - man die Dinger auf Schalter schieben und fertig ist der Lack. In Echoes können sie beschworen, geschoben und gestapelt werden, zu einer Brücke verbunden, auf Gegner geworfen, als Schutzschild gehalten. Nur die Gerudo-Wettläuferin in der Wüstenstadt lässt sich damit nicht aufhalten, da der Block in der Hitze schmilzt. Ah, einfache Physik, liebenswerter Stuff.

Möglich ist auch ein Bett mitten im Bosskampf, aufgestellt für ein heilsames Nickerchen, während unsere kleine Rabenarmee Gohma beschäftigt, der alle Jahre wieder für ein Rematch in den Ring steigt. Mit Wolkenechos könnt ihr in den Bergen ganze Höhlenabschnitte überspringen, während Aufzüge mit grimmigen Gesichtern gestapelt haushohe Felswände erklimmen. Der "Einklang" genannte grüne Leitstrahl, mit dem man Erschaffenes greifen und durch den Raum bewegen kann (denkt an eine Tears-Ultra-Hand light), mehrt die Anzahl erfolgversprechender Vorgänge nochmals.

Mit Wasserblöcken lassen sich viele Vorsprünge erklimmen.

Damit lassen sich Bewegungen nachahmen, etwa bei einer hin- und herfahrenden Plattform oder einem Vogel. Zelda hängt gewichtslos an dem Objekt oder Gegner und übernimmt dessen Bewegungsablauf. Ich würde gern mehr darüber erzählen, aber man muss das System zum Imitieren kaum nutzen. Das tat ich bis zum Ende auch nur ein paar Mal, da es immer andere Lösungen gab und ich die Option einfach vergaß, und das sagt eine Menge über den Pfiff dieses Spiels aus.

Es gibt Beschränkungen, klar. Brücken brauchen nur stabilen Stand auf einer Seite und können gegen jeden physikalischen Grundsatz nicht abkippen, anders als in Tears, in dem man zehn Baumstämme der Länge nach verklebt, als billigste Brücke der Welt platziert und sich dann wundert, wieso sie wegrollt.

Es war ein Ausloten der verkettenden Systeme im wahrsten Sinne, ein Werkzeugsatz für alle, die Vorbereitung mindestens so sehr genießen wie die eigentliche Ausführung. So weit geht Echoes nicht, kann es gar nicht in seiner Draufsicht. Dennoch ist das Exploiten und Abkürzen, das Probieren, Optimieren und Experimentieren ein wichtiger Teil, wenn auch weniger spielbrechend als in den großen Sandboxen. Ich freue mich auf die ersten Speedruns.

Die Abschnitte im Nichts, das man immer wieder kurz besuchen muss, gehören zu den am wenigsten interessanten.

Möglich sind die Beschwörungen dank Tri, Zeldas permanentem Begleiter, dessen Aussehen und Geschwätzigkeit an Chippy aus der Mario-&-Luigi-Reihe erinnern. Sein Schwanz zeigt die maximale Anzahl gleichzeitig rufbarer Echos (die im Laufe des Spiels ansteigen). Ein riesiger Level-3-Moblin verbraucht genauso viele Plätze wie zwei Dekuranhas oder fünf Oktoroks, alles ablesbar am Schwanz. Ein wunderbarer visueller Leitfaden zum Begrenzen der angezapften Schlagkraft. Ist man anfangs auf ein, zwei Monster beschränkt, kann man später eine kleine Armee um sich scharen.

Der Kampf läuft somit wie in Elden Ring, nur ohne die vielen Waffen und Typen, die Drachenköpfe als Handpuppen benutzen, dafür mit unerschöpflicher Geisterglocke, aus der man ein Monster nach dem anderen schüttelt. Die kurzen Schwertkampfmomente lockern das Geschehen auf und rückblickend werde ich Echoes deswegen hoffentlich lebhafter in Erinnerung behalten, als es ein isometrisches Link-Hyrule-Sequel in seiner Komfortzone geschafft hätte.

Echoes wagt sich aus dieser heraus, macht es uns aber trotzdem schön bequem und kuschelig: Herzteile, leere Flaschen, Wassertempel, Bombenwände, Kakariko, Pferderennen, Moldorm und Impa. Abgesehen davon taten Entwickler Grezzo und Nintendo gut daran, nicht noch eines nach traditionellem Strickmuster ins Rennen zu schicken (auch wenn das sicher keine Zumutung gewesen wäre). Mehr als in jedem Teil zuvor wird die Kernmechanik, das Auslassen etablierter Abläufe, zur identitätsstiftenden Einheit.

Ähnlich wie in Okami und anderen Spielen, die mir gerade nicht einfallen, geht es um Erneuerung, Reinigung, Wiederherstellung der Natur.

Und Identität, Charakter, davon hat Echoes eine Menge. Ihr könnt dabei sein, wenn die Fluss-Zoras aus A Link to the Past auf die menschenähnlichen Meer-Zoras aus Ocarina of Time treffen und Lord Jabu-Jabu eine Bucht zerlegt. Der schwüle Vibe im Phirone-Sumpf und die dort lebenden Dekus erinnern an die königliche Deku-Familie aus Majora's Mask. Ebenso die Musik, auf der Oberwelt ein Remix aus schmetterndem Heldenthema und Zeldas Wiegenlied, im Smoothie-Shop lose angelehnt an den Hexenladen aus Ocarina.

Smoothies? Ja, Trankmischen mit gesammelten Zutaten findet in reduzierter Form auch hier statt, ist bei dem niedrigen Schwierigkeitsgrad aber niemals nötig, bestenfalls nützlich. Nötig ist der Abschluss von sieben Dungeons mit solider bis guter Qualität, in der Reihenfolge frei wählbar wie in Between Worlds. Ich habe in der Serie vorher keinen so geradlinigen Wassertempel erlebt, wogegen der Phirone-Tempel mit mehreren Ein- und Ausgängen zur Hochform aufläuft.

Auch die Sidescrolling-Abschnitte aus Link's Awakening sind wieder mit von der Partie.

Anders als in Tears sind wir zum Raum-für-Raum-Vorgehen gezwungen, ohne zwischen den Ebenen abkürzen zu können. Das wäre zu viel verlangt. Da die komplette Progression mit den Echos erfolgt (es gibt keine Power-ups in den Dungeons, weder Greifhaken noch Bumerang oder magischen Krug), muss jeder Abschnitt mit einem Minimum an Rüstzeug zu bewältigen sein, und Echoes nimmt das ernst.

Ebenfalls ernst nehmen sollte Nintendo die Performance, am besten in einem Update, das die Framerate bei 30 FPS abriegelt. Nach Link's Awakening für Switch kennt man eine wankelmütige Bildrate, der man beim regelmäßigen 60-30-60-Schluckauf bis heute Nase und Mund zuhalten möchte. Nichts anderes erwartet uns in Echoes.

Nebenaufgaben gibt es zuhauf. Viele drehen sich darum, bestimmte Monstertypen zu finden und vorzuführen.

Das Switch-Streaming kommt selbst mit einer derart genügsamen Darstellung nicht schnell genug hinterher, wodurch immer wieder ein Wechsel zwischen 60, 30, 60, 30 Bildern erfolgt. Man gewöhnt sich an alles, sagt man, und für mich war das in einem Spiel, das Finesse im Spielablauf über schnelle Reaktionen stellt, kein Problem. Ich kann jeden verstehen, der das anders sieht.

Und dennoch wäre es schade, würde man aus einem spezifischen technischen Grund nicht wenigstens ein paar Proberunden im Schloss-Hyrule-Burggraben einlegen. Echoes of Wisdom ächzt auf seiner Hardware und brilliert dafür mit einer ins Verspielte reichenden Interaktion. Ohne Power-ups in Dungeons, ohne Bumerang, Krafthandschuh, Peitsche, und dennoch mit Herzteilen, leeren Flaschen und Feenquelle.

Der Ansatz des Weglassens ikonischer Wahrzeichen funktioniert, weil die Heldin im Gegenzug einen Strauß an Alternativen aus ihrem Stab zu schütteln vermag - und damit mehr aufbaut, als ein Schwert einreißen könnte. Ein Zelda mit Schwert auf Sparflamme, wer hätte das gedacht? Dieser auf dem Papier lahm und uncool klingende Versuchsballon hätte beim Anflug auf Hyrule kläglich abstürzen können. Er ist noch da, mit gutem Auftrieb, aber auch mit Luft nach oben und vor allem mit einer erfrischenden Perspektive auf eine der traditionsreichsten und charmantesten Spielwelten.

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