Kuriose Zensur-Geschichten
Andere Länder, andere Schnitte
In China geht es noch um einiges härter zu. Sechs Millionen Chinesen konnten eines unschönen Tages kein World of WarCraft mehr spielen, weil Verantwortliche der Institution für Publikationswesen auf die Idee gekommen waren, den Titel nachträglich „bewerten“ zu wollen. Weil er ohnehin als zu gewalthaltig galt. Bereits vorher hatte es zu mehreren Zensur-Maßnahmen gereicht. So wurden den Untoten Hauttexturen verpasst, damit an den Charaktermodellen um „der Ehre der Toten wegen“ kein blanker Knochen sichtbar ist. Todesritter gibt es erst gar nicht, Leichen sind durch Grabsteine ersetzt und die Spielzeit war auf maximal drei Stunden täglich limitiert.
Command & Conquer: Generäle darf in China gar nicht verkauft werden, weil es „das Ansehen der chinesischen Armee beschmutzt“. Außerdem kritisierte das Kulturministerium, man müsse Bauwerke wie das Messezentrum in Hong Kong und den Drei-Schluchten-Damm zerstören. Ebenfalls verboten sind der Football Manager 2005 von Sega und Hearts of Iron. Die Kicker-Simulation, weil sie Tibet als eigenständigen Staat darstellt. Das Strategiespiel, da Taiwan hier Japan zugeordnet ist. Dass dies bis 1945 der Fall war, juckt dabei nicht.
Begeben wir uns auf die ganz andere Seite des Globus: Australien etwa beheimatet etwa nicht nur die optisch beknacktesten Tiere der Welt, sondern ist auch anderweitig seltsam. Erst im Februar gab es Meldungen, wonach World of WarCraft, Warhammer Online und Guild Wars nicht mehr vertrieben werden dürfen. Hintergrund: Die Alterseinstufungen dort gehen nur bis „Ab 15 Jahre“.
Alles darüber hinaus ist gewissermaßen indiziert. Anders als in Deutschland dürfen selbst Erwachsene solche Titel nicht kaufen! Weil Online-Spiele im Land der Kängurus wegen einer Gesetzeslücke vom Prüfverfahren ausgeschlossen waren, lagen sie zunächst ohne Kennung in den Regalen und mussten dann plötzlich verschwinden, weil die Regierung erst nach einer praktikablen Lösung suchen wollte.
In Sachen Gewalt entfernte Rockstar Games für Australien die Blutlachen aus Grand Theft Auto IV. Silent Hill: Homecoming erschien als gekürzte Fassung wie in Deutschland. Indes ist die bei uns ab 16 Jahren freigegebene Lebenssimulation Singles: Flirt up your Life verboten, weil sie sexuelle Anspielungen enthält und Charaktere blank ziehen.
Den Australiern hat es der Rest der Welt zu verdanken, dass der Held in Fallout 3 sich nicht mit Spritzen, Alkohol und Pillen aufpäppelt. Die Jugendschützer in Down Under hatten den fahrlässigen Umgang mit Drogen angemahnt.
Apropos Dank ans Ausland: Wie erst kürzlich zu erfahren war, haben die Macher des im Oktober erscheinenden deutschen Rollenspiels Risen aus allen Versionen die Pinkelszenen entfernt, weil die Engländer damit ein Problem hatten. Da kann man sich fast ein bisschen angepisst fühlen.
Hier noch ein paar ominöse Geschichten in Kurzfassung: Bis 2006 waren in Saudi-Arabien Nintendos Pokémon-Spiele verboten (Verwendung von Davidsternen, Unterstützung von Darwinscher Evolutionstheorie und fremden Religionen, Förderung von Glücksspiel). Mexiko indizierte Ghost Recon: Advanced Warfighter 2 (Gewalt gegen mexikanische Rebellen), bei den Südkoreanern erschien es wegen des Grenzkonfliktes mit Nordkorea gar nicht. In Japan wurden aus Resident Evil 4 die Splatter-Szenen und aus Uncharted das Pixelblut entfernt. Jump&Run-Männeken Rayman bekam ein blaues Leibchen verpasst, weil Asiaten die Farbe Lila mit dem Tod assoziieren.
Es mag uns Deutschen nicht nur so scheinen, dass bei uns besonders viele Titel geschnitten werden. Vielleicht stimmt es, weil Gewalt in Spielen nun mal besonders häufig eine große Rolle spielt und gerade das hierzulande problematisch ist. Marek Brunner führt als Beispiel das Kino und Lizenz-Spiele an: „Aus jedem Popcorn-Film kann man ein Game machen. Aber eben nicht aus jedem Film. Es wird niemals Schindlers Liste: The Game geben. Auch zu Das Piano oder Komödien ist ein Spiel schwieriger vorstellbar. Dafür scheint jeder CGI-Streifen und Comic-Held perfekt geeignet.“ Dieses platte Spielniveau zu verlassen, sei knifflig. „Vielleicht markieren Fahrenheit und ein paar andere Sleeper den Weg.“