Zone of the Enders HD Collection - Test
Es muss nicht mal technisch schlecht sein, um nicht doch das ganz große Drama hochkochen zu lassen.
Ich mag das Internet. Normalerweise. Manchmal kann es aber auch seine schlechte Seite zeigen und alle professionellen Aufreger und Wichtigtuer mit zu viel Zeit an einem Ort versammeln, damit sie ihr gemeinsames, sinnloses Problem so sehr aufblasen, bis man das Wort Übertreibung als blinkende Leuchtreklame über sie halten muss.
Nachdem NeoGAF mal wieder explodierte und Benutzer die technische Umsetzung von Zone of the Enders mit der HD Collection zu Silent Hill verglichen, guckte ich mir das gepostete Video(https://www.youtube.com/watch?v=bYVwhk5y2pU&feature=related) an und konnte die Aufregung nicht glauben.
Technik? Alles nicht so wild
Mal ganz davon abgesehen, dass sich ein paar kleine Ruckler wohl kaum mit der Tragödie des Cellophan-Sees(http://i.minus.com/ibhewyHU2bxPst.gif) aus Silent Hill 2 vergleichen lassen, war das wirklich ernstgemeint? Schaut lieber auf die Spielszenen und nicht auf die FPS-Zahlen am unteren Rand. Ich musste mir dieses und weitere Videos mehrmals ansehen, bevor ich überhaupt einen klaren Unterschied feststellen konnte.
Die Probleme mit der einbrechenden Framerate sollen zwar hauptsächlich auf der PlayStation 3 auftreten, doch von den Schwierigkeiten mit der 360-Version habe ich nach über 25 Stunden nichts gemerkt. Selbst die in den Videos gezeigte Fassung liegt eindeutig vor dem Original auf der PlayStation 2. Die Charaktermodelle sind schärfer, die Farben kräftiger und die Zwischensequenzen des zweiten Teils wurden komplett überarbeitet und sehen wunderbar aus.
Diese Umsetzung liegt zwar ein wenig hinter der von Metal Gear Solid, aber immer noch meilenweit vor dem Horror, der sich Silent Hill HD Collection schimpft. Außerdem erhaltet ihr zum ersten Mal in einer Konami-Collection alle Spiele der Serie, lässt man den Ableger für den Game Boy Advance außen vor, aber der zählt eh nicht. Ok, technisch gesehen sind es nur zwei Spiele und mit einem weniger wäre es keine "Collection", aber trotzdem.
Damit würde ich die Technik-Debatte auch gerne abschließen und mich lieber auf die Spiele selbst konzentrieren, die sich sogar nach einer Dekade noch unglaublich frisch anfühlen. Spricht man über Mech-Spiele, so denkt jeder sofort an die großen, klobigen Metall-Kasten, die man selten mit blitzschnellen Bewegungen verbindet.
Die Mechs: Leicht aber keine Leichtgewichte
Die Orbital Frames in Zone of the Enders steuern sich dagegen unglaublich leicht, schweben komfortabel durch die Luft und lassen sich präzise bedienen. Auch wenn der erste Teil ein wenig langsamer als sein Nachfolger ist, kann ich ihm keine Schwäche in diesem Bereich attestieren. Schaltet kurz den Booster an und schwenkt anschließend von einer zur anderen Seite oder rast auf eure Feinde zu. Sämtliche Aktionen lassen sich intuitiv ausführen.
Da sich alle Kämpfe in der Luft abspielen und euer Orientierungssinn somit leicht ins Wanken geraten könnte, dient euch das Lock-on-Feature als ausgleichende Stütze. Egal wie schnell die Aktionen ablaufen, die Kamera bleibt stets hinter eurem Charakter und auf den Feind fixiert. Fernangriffe fliegen automatisch in die gewollte Richtung und die Schwert-Attacken gehen nie ins Leere, solange ihr den richtigen Abstand einhaltet.
Es fühlt sich in allen Situationen großartig an und ihr habt stets die volle Kontrolle. Außerhalb der Gefechte lässt einen die Kamera dann allerdings doch im Stich und bewegt sich auf Kommando nur störrisch zur Seite. Ihr könnt sie zwar direkt in die Richtung drehen, in die der Orbital Frame gerade schaut, doch dazu müsst ihr einen Augenblick stehen bleiben, was besonders in brenzligen Situationen unheimlich nervt.
Ansonsten plagt sich das erste Zone of the Enders mit mangelnder Abwechslung herum. Die wenigen Gebiete, zwischen denen ihr immer wieder wechselt, sind äußerst klein geraten und lassen sich in gerade mal drei unterschiedliche Areale aufteilen. Bei den Gegnern sieht es nicht anders aus. Drei Typen stellen sich euch immer wieder in den Weg und ihre Angriffsmuster ändern sich über den Zeitraum der knapp sechsstündigen Kampagne nur minimal.
Die Story hilft da nicht viel. Denn eigentlich gibt es wirklich keine. Ja, ihr übernehmt die Rolle des weinerlichen Leo, der per Zufall den Orbital Frame Jehuty entdeckt und seine Kolonie vor einer finsteren Armee retten muss. Die Charaktere sind abgesehen von ihrer körperlichen Hüllen nicht vorhanden, die komplette Handlung lässt sich in einen Twitter-Beitrag quetschen und das Ende hat seine Bezeichnung ebenso wenig verdient.
Zone of the Enders lebt ganz alleine von seiner Atmosphäre auf der Raumstation, den blitzartigen Gefechten und der einfachen, präzisen Steuerung. Zudem erscheint es trotz des Alters keineswegs rückständig, da es auch in den folgenden Jahren bis heute kein wirklich vergleichbares Spiel mehr gab.
Die Fortsetzung - (fast) alles besser
Mit Ausnahme natürlich des zweiten Teils, der auf den meisten Konzepten des Vorgängers aufbaut und ein deutlich höheres Budget hatte. Man erkennt schnell den größeren Einfluss, den Hideo Kojima auf das Projekt hatte. Dieser zeigt sich vor allem in der Präsentation und Handlung. Letztere bietet zwar weiterhin eindimensionale Charaktere, die das Böse aus dem einzigen Grund bekämpfen, weil es eben existiert, aber davon wird einem hier wenigstens in grandiosen Anime-Sequenzen erzählt.
Wesentlich wichtiger ist die Entwicklung der Präsentation und des Gameplays. Der komplette Titel orientiert sich an einem leichten Cell-Shading-Look, der einmal mehr zeigt, dass Farben nicht altern. Einige der späteren Wüstengebiete können ein bisschen steril wirken, die restlichen Umgebungen und besonders die Charaktermodelle sehen dafür umso besser aus.
Beim Gameplay hat sich unterdessen einiges getan. Nicht so sehr am Kampfprinzip selbst, da ihr hier weiterhin eure Nah- und Fernangriffe sowie sekundäre Waffen einsetzt. Aber am generellen Ablauf wurde ordentlich geschraubt. War Zone of the Enders mehr ein ständiger Wechsel zwischen den immer gleichen Mini-Arealen, fühlt sich The 2nd Runner mehr wie eine Abenteuerreise an, der ihr für gut sieben Stunden folgt und alles zu einem halbwegs sinnigen Abschluss bringt.
Jede Mission führt euch in ein neues Gebiet mit frischen Aufgaben. Manche davon funktionieren besser als andere aber zumindest versuchte man hier mit alternativen Ideen zu arbeiten. Sogar die Bosskämpfe bieten ihren eigenen Twist und keiner der Burschen lässt sich auf die gleiche Weise bekämpfen. Manchmal kommt man nur mit brutaler Aggression zum Ziel. Ein anderes Mal bringt euch der Einsatz von geworfenen Objekten aus der Umgebung weiter.
Schlachtszenen aus dem Anime-Bilderbuch
Eine der besten Szenen ist die riesige Schlacht gegen Ende des Spiels. Ihr werdet auf ein Feld mit 40 weiteren Soldaten geworfen und zerstört in den kommenden Minuten Hunderte Feinde. Man zeigt euch nicht bloß einen kleinen Schnipsel des Gefechts und lässt euch dann ein paar Gegner am Rande erledigen. Nein, ihr könnt das gesamte Feld überfliegen, an allen Ecken aushelfen und dabei ein Dutzend Feinde mit einer Attacke pulverisieren. Ihr erhaltet dieses großartige Gefühl von Macht und trotzdem seid ihr zahlenmäßig unterlegen. Ihr könnt unmöglich überall zugleich sein und der feindliche Truppennachschub scheint zunächst nicht zu stoppen zu sein. Doch langsam lichten sich die roten Teppiche auf der Karte, die Feindeszahlen schrumpfen und letztendlich gewinnt ihr die Schlacht. Einfach großartig.
Obwohl Zone of the Enders: The 2nd Runner damit in einigen Bereichen ordentlich aufholt, bleibt es in anderen Situationen weiterhin zurück. Abgesehen von den Bossen sind die normalen Gegner redundante Beschäftigungstherapien, die sich über den Verlauf der Geschichte nie wirklich verändern. Es sind nun mehr Variationen als im Vorgänger, einen spielerischen Unterschied macht es aber nicht. Auch die Kamera will außerhalb der Kämpfe nie so richtig und vor allem nicht, wie ich es gerne hätte.
Am Ende fällt es mir trotz solcher Schwächen sehr leicht, die HD Collection vor allem Neulingen zu empfehlen. Für die geforderten 30 Euro erhaltet ihr zwei kompetente Spiele, die nichts von ihrer Faszination verloren haben und euch ebenso zu einem Fan bekehren können, wie es bei mir erneut geschah. Der Preis geht selbst bei nur einem Durchgang pro Titel in Ordnung und wer, wie ich, gerne sämtliche Erfolge holen möchte, sitzt locker über 25 Stunden an der Sammlung. Da beide Titel keine zusätzlichen Extras spendiert bekamen, könnt ihr aber auch die alte PlayStation 2 anwerfen, falls ihr die Originale noch besitzt.
Zone of the Enders HD Collection zeigt, dass simple Ideen meist die besten sind und in der Umsetzung meist auch ohne überladene Steuerungen wunderbar auskommen. Es spielt sich schnell, flüssig und macht Spaß. Ich hoffe nur innigst, dass der dritte Teil der Serie diesen Aspekten treu bleibt und sich mehr auf die Fehler konzentriert. Denn im Kern dreht sich Zone of the Enders nur um das Gefühl, mit einer übermächtigen Maschine ein geschmeidiges Luft-Ballett auszuführen.