Zwischen Jägern und Sammlern auf der dritten Retrobörse Saar
"Wir sind super zufrieden."
Vor mir liegen auf Tischen ausgebreitet und in Kisten angeordnet haufenweise ältere Spiele wie Sonic, Super Mario oder Banjo-Kazooie. Ob SNES, Mega Drive, Xbox oder PlayStation, das breit gefächerte Angebot lädt zum Stöbern und Entdecken ein. Rechts von mir feilscht ein Mann mittleren Alters mit dem Händler über einen Preis, während eine kleine Gruppe links von mir über Spiele fachsimpelt.
Am vergangenen Wochenende fand in der Aula der Universität des Saarlandes in Saarbrücken die dritte Retrobörse Saar statt und bot mehr als 100 Tische voller Nerdkram, um es vereinfacht auszudrücken. Alte Spiele, neue Spiele, Konsolen, Filme sowie Actionfiguren und Sammlerartikel aller Art. Ein El Dorado für Sammler und Sammlerinnen jeden Alters und für die, die dieses Hobby gerade erst für sich entdecken.
Nicht alle Verkäufer sind gleichzeitig professionelle Händler. Einer von ihnen nennt sich auf YouTube Spidermaniac und reiste aus dem Allgäu für die Messe an. Nicht zum ersten Mal, denn zuvor war er zweimal auf der saarländischen Retrobörse zu Gast - sowie einmal in Rosenheim - und verkauft Teile seiner Privatsammlung. Diese reduziere er seit zwei Jahren und habe noch immer viele Überbleibsel.
"Ich habe meine Sammlung ein bisschen aufgelöst, weil ich einiges an Sachen über habe", erzählt er mir. "Und die müssen weg." Er sei absolut zufrieden mit den Verkäufen und dem Besucherandrang. Warum er verkauft? Aus Gründen der Umstrukturierung: "Ich bin absoluter Zelda-Sammler und mein halber Game Room ist voll mit Zelda. Mein Flur ist damit gefüllt und im Wohnzimmer steht noch was. Deswegen brauche ich einfach Platz für andere Sachen."
Einen weiten Weg hat ebenfalls Jason Weingärtner mit seiner Familie hinter sich. Sie betreiben kein Geschäft, sind aber deutschlandweit als Verkäufer auf Flohmärkten und Börsen unterwegs. Auch er zeigt sich an diesem Samstag glücklich mit der Ausbeute, der Ausflug habe sich gelohnt. "Es ist einmal mehr ein tolles Erlebnis", betont er.
Ihm gefalle es auf der Retrobörse Saar und es ist sein mittlerweile dritter Besuch. Wie er angibt, versucht rund die Hälfte der Besucher, mit ihm zu feilschen und an den Preisen für das oder die Objekte der Begierde was zu machen. Darunter ich und meine Freundin bei verschiedenen Händlern, jedes Mal von Erfolg gekrönt. Sein Fazit: Es lohnt sich. Dem schließe ich mich an. Wenn ihr hingeht, versucht an der Preisschraube zu drehen. Wir sparten zum Beispiel 20 Euro beim Kauf von drei SNES-Spielen im Paket und weitere 10 Euro bei zwei orginalverpackten SNES-Titeln.
Für Wolfgang Fuchs war es als Besucher der zweite Abstecher auf die Retrobörse Saar. Er kommt aus Saarbrücken und hatte daher keine lange Anreise. Sein Ziel war, nach Spielen und nach alten Game Boys zu schauen. Gefunden hatte er diese bis zu unserem Gespräch zwar bereits, jedoch nicht in dem Zustand, den er sich wünschte.
"Die meisten Game Boys sind doch einigermaßen abgegriffen, das muss man schon so sagen", findet er. "Und ansonsten habe ich ein, zwei Kleinigkeiten gefunden, kleine Game-Boy-Spiele. Ein paar Alte, die ich mehr aus nostalgischen Gründen sammle, als dass sie jetzt irgendwie besonders oder selten wären."
Ein weiterer Besucher aus Saarbrücken war Volker Schütz, ebenfalls zum zweiten Mal auf der Retrobörse. Sein Wunschobjekt fiel ein gutes Stück exotischer aus. Er erhoffte sich, eine Vectrex zu finden, die 1982 in den USA und 1983 in Europa auf den Markt kam. Seine Suche nach der Spielkonsole war jedoch vergebens.
Ansonsten besucht er keine anderen Retrobörsen in anderen Bundesländern und setzt eher auf das Internet. Was er besser findet? "Da habe ich zu wenig Ahnung. Ich mache das nur sehr selten und mir ist noch nicht ganz klar, wo jetzt der Vorteil hier liegt. Aber es ist mal interessant zu sehen, wie eine Börse abläuft", sagt er.
Den Veranstaltern war es wichtig, neben der Börse ein ansprechendes Begleitprogramm zu bieten. Die Geisterjäger zeigten ihre Ghostbusters-Ausstattung und machten Fotos mit Besuchern vor dem Bluescreen, Melted Moon sorgte mithilfe des Game Boys für musikalische Untermalung und Herzblut Tattoo verewigte Wünsche der Spieler auf ihrer Haut. Ebenso gab es eine Tombola, eine Retro-Lounge mitsamt Pac-Man-Turnier und Besucher konnten gegen den YouTuber Pulsar antreten. Und Nintendo unterstützte die Veranstaltung, indem Switch-, NES-Mini- und SNES-Mini-Konsolen bereitgestellt wurden.
Von Seiten des Organisationsteams aus sei man "super zufrieden", wie Daniel Igel mir im Gespräch verrät. "Wir haben uns ziemlich gesteigert im Vergleich zur letzten Börse, die wir im Dezember hatten", sagt er und ergänzt, dass die erste Retrobörse im Hinblick auf die Besucherzahlen nach wie vor unübertroffen bleibe. Wieso? "Da hatten wir einen richtigen Besucherandrang. Wahrscheinlich weil es die Erste war."
Die gewählte Location sieht er als Hauptgrund dafür, warum es bei der zweiten Börse nicht ganz so gut lief. Hinzu kamen ein paar Konkurrenzveranstaltungen und möglicherweise hatte die Jahreszeit - sie fand im Dezember statt - ebenfalls Einfluss darauf. Ihre Premiere feierte die Retrobörse Saar in Güdingen (Saarbrücken), anschließend ging es nach einem Abstecher in kleinerem Umfang in Losheim nach Limbach in der Nähe von Kirkel.
Mit der zentralen Lage der Uni-Aula in Saarbrücken und der Halle ist das Team mehr als froh. "Wir bleiben aller Voraussicht nach erst mal hier in der Halle. Das hat super geklappt, die Halle ist super schön und die nächste Börse ist dann im Herbst. Wir versuchen den Rhythmus Frühjahr/Herbst hinzubekommen. Aller Voraussicht nach irgendwann im November", sagt er.
Wunschorte für die Veranstaltung wären die Saarlandhalle oder die Kongresshalle in Saarbrücken. Das sei aktuell ein bisschen hoch gegriffen, aber je nachdem, wie sich die Börse entwickelt, könne das noch kommen. Auf jeden Fall möchte das Team aufgrund der zentralen Lage in der saarländischen Landeshauptstadt bleiben. Was nicht heißt, dass zwischendurch Abstecher in andere Städte ausgeschlossen wären, zum Beispiel nach Saarlouis. Anders gesagt: Die Veranstalter haben Expansionspläne. "Gar nicht mal unbedingt in der Quantität, wir möchten einfach immer besser sein, was Neues bieten. Das ist unser Ziel."
28 Aussteller waren am Samstag zu Gast, was einer Steigerung gegenüber den beiden vorherigen Börsen entspricht. Die Rückmeldungen seien dabei überwiegend positiv gewesen.
"Jeder, der bisher mit mir gesprochen hat, war super zufrieden, hat die Organisation gelobt und war mit den Verkäufen glücklich. Das steht ja meist an erster Stelle für die Händler, aber ich denke das ganze Drumherum und die Atmosphäre ist ihnen auch wichtig. Und wenn das hier alles gut organisiert ist und die sagen es war top, dann kann ich mir auch auf die Schulter klopfen und sagen wir haben alles richtig gemacht. Wenn was Negatives zu sagen ist, haben sie sich vielleicht noch nicht getraut, zu mir zu kommen", erzählt Igel.
Was am meisten gegen Geld den Besitzer wechselt, unterscheide sich von Börse zu Börse, zumal die Trends mit der Zeit wechseln. Nintendo sei immer ein Verkaufsschlager und Dauerrenner. Andere suchen nach PC-Big-Boxes oder alten Amiga-Sachen.
Für Igel bleibt wenig Zeit, um privat durch die Reihen der Börse zu flanieren. Da für ihn in Sachen Organisation ständig was zu tun ist, bleibt es bei kurzen Abstechern. Auf der dritten Retrobörse fand er ein neues Spiel für die Retro-Lounge. "Wenn ich was kaufen möchte, dann fahre ich selbst irgendwo auf den Flohmarkt oder so. Ich konzentriere mich dann lieber auf das Event, auf das ganze Drumherum und gucke lieber den anderen zu, wie sie einkaufen. Das macht mir viel mehr Spaß."
Natürlich ist nicht für jeden was dabei und nicht jeder findet das, was er sucht. Stundenlanges Stöbern ist möglich und mehr als ein Rundgang lohnt sich. Es wäre ja möglich, dass ihr beim ersten Mal überseht, was euch beim zweiten Mal ins Auge fällt. Bei den vielen Sachen, die auf den Tischen platziert waren, wäre das nicht verwunderlich.
Stolz sind die Veranstalter darauf, dass sie Nintendo als Partner gewinnen konnten. Neben den erwähnten Konsolen stellte das Unternehmen Tombola-Preise zur Verfügung. Im Vorfeld wagten sie den Schritt und gingen auf Nintendo zwecks einer Partnerschaft zu. "Sie waren sofort angetan", betont Igel. Zukünftig möchten sie das weiter ausweiten, Nintendo sei der erste Schritt gewesen.
Überhaupt ist das Organisationsteam bei der dritten Retrobörse in vielen Dingen entspannter geworden. Monoton ist es nie, da sie immer neue Dinge bieten. Erstmals kümmerten sich die Veranstalter in Eigenregie um die Getränke, veranstalteten zum ersten Mal eine Tombola und hatten Gäste, die nichts verkauften.
"Dadurch, dass wir immer so viel Neues bieten möchten und eine neue Location haben, ist immer wieder Nervenkitzel dabei. Langweilig wird's nicht." Stimmt. Falls ihr im Südwesten Deutschlands lebt, lohnt sich ein Besuch der nächsten Retrobörse Saar. Unser nächster Besuch ist bereits vorgemerkt.
Fotos: Tina Leistenschneider