Alice: Madness Returns
Neues aus der Anstalt
Am ehesten locken da noch eben genannte Erinnerungen, weil sie euch helfen - oder es zumindest versuchen -, einen Sinn aus der fahrig erscheinenden Geschichte mit all ihren wichtigen oder unwichtigen Nebenfiguren zu ziehen. Mindestens ebenso oft findet ihr aber nur eine Handvoll Zähne, die Währung zum Aufrüsten eurer Waffen. Da diese gemessen an den für ein Upgrade erforderlichen, hohen dreistelligen Beträgen aber nur einen Tropfen auf dem heißen Stein darstellen, lohnen diese allein eher nicht.
Meistens legt dann das Spiel noch eine der ungezählten "Flaschen" dazu. Diese schalten nach und nach Concept Artworks frei, die mich bedeutend mehr interessieren würden, wäre ich Designstudent oder hätte ich noch nie etwas von DeviantArt gehört. Sie stellen beim Spielen der Geschichte einfach keine unmittelbare Belohnung dar und deshalb tun sie auch nichts dazu, meinen Spaß am Erlebnis aufzuwerten. So einfach ist das.
Am interessantesten sind die Level noch, wenn man das leise Grunzen einer der versteckten Schweinenasen wahrnimmt. Hier muss man sein Gehör zur Ortung einsetzen und ein bisschen Geduld an den Tag legen, was den eingefahrenen Ablauf aus Springen, Kämpfen, Hebelziehen, Springen, Kämpfen schon mal willkommen auflockert. Doch auch, wenn ihr die umherflatternden Riechkolben findet und mit Alice' Pfeffermühlen-Gatling-Kanone in ein Extra verwandelt, gibt es wieder oft nur Zähne für euren Zählerstand. So lässt man auch diese Aufforderung, sich in der Welt umzusehen, mit fortschreitender Spieldauer öfters ungenutzt.
Und das entlarvt auch schon, was an Alice nicht stimmt. Subtrahiert man den Sammelaspekt und die teils wirklich schön gestalteten Landschaften, merkt man, dass es in dieser Welt eigentlich nichts zu tun und noch weniger zu entdecken oder gar zu erleben gibt. Die Aufgabenfolgen wiederholen sich in jeder der thematisch ansprechend gegliederten Welten länger als gut für das Spiel und für euch ist.
Ihr erledigt mit Alice' Vierfach-Sprung (Absprung plus drei Dreher in der Luft, durch die ihr beim Gleiten noch einmal etwas an Höhenverlust gutmachen könnt) und Schwebefähigkeit eine simple Plattformsequenz, die fast immer aus Boden, Puste-Ventilator, Boden, Sprungpad und Puste-Ventilator besteht. Am Ende zieht ihr einen Hebel, der einen weiteren Schalter oder neue Plattformen erscheinen lässt, beschwert eine Bodenplatte mit einer eurer ferngezündeten Kaninchenbomben und setzt euren Weg zum nächsten Kampf fort. Anschließend das gleiche Lied noch mal von vorne. Transparent und ohne Anspruch.
Diesen grundlegenden Ablauf ohne Auflockerung oder Herausforderung bei den Hüpfpassagen wiederholt das Spiel in seinen langen Leveln ad nauseam, zumindest aber bis einem die Finger einschlafen. Es fehlt auch einfach eine gewisse Finesse in der Bewegung. Alice gibt sich relativ behände, kann sich aber nicht an Vorsprüngen hochziehen. Wenn ihr mit eurer Segel-Funktion auf eine Plattform zu gleitet und gerade so viel an Höhe verliert, dass eure Schienbeine deren Kante berühren, segelt Alice langsam aber sicher am Rand des rettenden Bodens in den Abgrund darunter.
Das passiert zum Glück eher selten, weil die Plattformen fast immer nah genug aneinander sind oder ihr meist noch eine letzte rettende Pirouette in petto habt. Dieser Umstand verdeutlicht aber auch gleichzeitig, dass die Fortbewegung zum einen weniger Eleganz und Effizienz ermöglicht als andere Spiele (und damit per se schon uninteressanter ist). Zum anderen belegt es konsequenterweise, dass diese gar nicht erst erforderlich sind. In einem Spiel, das beinahe zur Hälfte aus der Durchquerung einer auf Plattformen basierenden Umgebung basiert, sollte ebendiese schon an und für sich so etwas wie Spaß erzeugen.
Mario, God of War, inFamous 2. Das sind Spiele aus drei artverwandten und doch unterschiedlichen Genres, in denen man gerne die der Figur zur Verfügung stehenden Mittel abruft, auch wenn man nur von A nach B kommen möchte. Der Spielbegriff beginnt für die Designer dieser Beispiele eben schon bei der Interaktion auf kleinster Ebene, nämlich dem Spielen mit der Hauptfigur. Deshalb machen diese so gute Games. Damit will ich nicht sagen, dass Alice' Repertoire schlecht ist, die Schweberei passt zu ihr und der Schmetterlings-Ausweich-Move ist schön anzusehen. Allerdings könnte man diese Aktionen auch mithilfe intelligenteren Leveldesigns für einen zackigeren Ablauf nutzen.