Alone in the Dark
Feuertaufe mit zwei Meinungen
"Doppeltest" habt Ihr bei Metal Gear Solid 4 geschrien, Doppeltests werden wir Euch ab sofort geben. Sofern unterschiedliche Meinungen in unserer Redaktion vertreten sind, versteht sich. Hier also unser erster Durchstarter. Ab Seite 5 könnt Ihr dann Martins Test lesen.
Alexanders Test:
Da ist es nun. Lange haben wir drauf gewartet und palavert, was denn Alone in the Dark alles sein könnte. Kleine Physik-Revolution, wegweisend in Struktur und Erzählweise, ja vielleicht sogar "spektakulärstes Revival einer Serie überhaupt und sowieso"? Nach den ersten drei Kapiteln im Herzen eines virtuell verwüsteten Big Apples macht sich aber zunächst ein wenig Ernüchterung breit, denn Alone in the Dark ist trotz der zahlreichen Verschiebungen vor allem eines: Nicht fertig. Wer deswegen hier schon mit diesem Text abgeschlossen hat, im Geiste fünf Punkte darunter klatscht und sich zum Heulen in der Ecke zusammenrollt, erfährt aber nur die halbe Wahrheit.
Trotz der zahlreichen Versäumnisse (auf die ich noch umfassend eingehen werde), ist Alone in the Dark auch noch etwas anderes: Es ist ganz und gar nicht konventionell. Tatsächlich weht durch viele der Gemäuer im Central Park eine verdammt frische Brise und eine Mehrzahl der Aufgaben verlangt es vom Spieler, querer zu denken als in den meisten anderen Spielen. Und das ist es, was Alone in the Dark trotz einiger gravierender Verfehlungen aus der Masse an Action-Adventures heraushebt.
Der Protagonist erwacht zunächst einmal verschwommenen (Ego-)Blickes in einem fremden Appartement und wundert sich kurz über die wenig sympathische Begleitung. Noch bevor er Sinn und Zweck seines unfreiwilligen Aufenthaltes aus der dumpfen Stimmensuppe herausfiltern kann, wird er auch schon auf das Dach "gebeten". Dort soll er eine Kugel in Empfang nehmen. Vorzugsweise mit dem Gesicht, wie sich herausstellt. Doch etwas kommt dazwischen, bricht sich als organischer, unaufhaltsamer Riss seine Bahn durch Decken und Wände und verschlingt die bewaffnete Eskorte mit einem beherzten "Happs".
Ohne so richtig zu wissen, was hier gerade abläuft, nehmen auch wir die Beine in die Hand - immer wieder müssen wir den rechten Stick klicken, um mit einem Blinzeln die Benommenheit aus unseren Augen zu wischen - bis wir schließlich an einen Spiegel gelangen. Wie es scheint, hat die markante Visage, irgendwo Anfang bis Mitte 40, die uns da entgegen blickt, keine Ahnung, welchem Mann sie gehört. Von hier an wechselt das Spiel in seine Standard-Schulterperspektive.
Alone in the Dark stützt sich im Großen und Ganzen auf drei Verkaufsargumente: Seine Physik- und Feuersimulation, die Echtzeit-Manipulation von Gegenständen und die episodische Erzählstruktur. Und alle drei sind auch wie versprochen im Spiel vorhanden. Während der unaufhaltsame Riss den Wolkenkratzer in Episode 1 und 2 langsam, aber sicher um Euch herum in einen Trümmerhaufen verwandelt, tastet Ihr Euch zaghaft, aber dennoch mit erhöhtem Puls durch mehrere gefährliche Szenarien bis zur Tiefgarage vor.
An einigen Stellen kommt die Decke herunter und bildet dabei eine provisorische Treppe, hier und da hängen funkenstiebende elektrische Kabel von den Wänden herab und ganze Räume stürzen aus der Seite des Betonkolosses in die Straßenschlucht hinab, während Edward sich in letzter Sekunde noch an einem Drahtseil festhalten kann.
Alle paar Meter tauchen andere Überlebende auf, nur um im nächsten Moment von einem fallenden Stahlträger wie von einer Fliegenklatsche in die Tiefe gewatscht zu werden, auf einem Feuerball zum Fenster hinaus zu reiten oder von einem der Besessenen, die den Großteil der Gegner in Alone in the Dark ausmachen, das Rückgrat entzweit zu bekommen. Doch das alles ist insgesamt etwas holpriger inszeniert, als es sein müsste. Hier spielen sich dramatische Szenen ab, die in diesem Genre (und auch in einigen anderen) vollkommen ohne Gleichen sind, keine Frage.