Assassin's Creed: Brotherhood
Killer App
Bis zu sechs Assassinen schickt ihr gleichzeitig ins Gemetzel und lasst euch so den Weg freiräumen oder beseitigt auf die Schnelle – und ohne Aufmerksamkeit auf euch zu lenken – einen unerwartet in eurer Nähe auftauchenden Wachposten. Zwar wird das Spiel durch diese Feature ab einem gewissen Rang eurer Untergebenen beinahe schon zu leicht, im Gegenzug spendieren euch eure Kumpanen aber ein Gefühl, das irgendwo zwischen Größenwahn und Schadenfreude der bösesten Sorte angesiedelt ist.
Auf einen Pfiff hin eine schwere Patrouille im Pfeilhagel vergehen zu lassen, ohne auch nur einen Finger zu rühren, ist eine wunderbar elegante Art des Aufräumens. Und wenn ihr euren Kollegen dabei zuseht, wie sie sich im Rücken eines von euch zum Tode verurteilten Gegners lautlos aus einem Heuhaufen schälen oder sich wie eine Raubkatze von einem Vordach auf ihre Beute werfen, umspielt eigentlich immer ein diebisches Lächeln die Mundwinkel des Chef-Assassinen.
Auf der Meta-Ebene schickt ihr die Angehörigen eurer Bruderschaft an Taubenschlägen auf Missionen quer durch Europa. Dies verläuft trotz der lobenswerten kurzen Beschreibungen, die hier und da der Story sogar noch etwas an Hintergrund verleihen, aber immer gleich und ausschließlich in Menüs, sodass man sich irgendwann nur noch flugs durch die Aufträge klickt: Wählt eine Mission mit dem gewünschten Schwierigkeitsgrad und setzt so viele Assassinen darauf an, wie nötig sind, um die Chancen des Gelingens auf einer Skala in rosige Bereiche zu treiben. Fertig. Nach maximal zwanzig Minuten kehren eure Kollegen mit zusätzlichen EXP und harter Währung zurück. Wer regelmäßig Profis und Anfänger zusammen auf Reisen befiehlt, hat schnell eine zwölfköpfige Mini-Armee um sich geschart, die Rom wohl auch ohne euer Mitwirken von den Borgia befreien könnte.
In der Gesamtheit ergibt sich ein Feature, das den gewünschten Effekt erzielt und für viele exzellente Momente sorgt. Allerdings muss man auch dazu sagen, dass man stellenweise das Gefühl nicht los wird, dass es sich hierbei lediglich um einen gut gelösten Workaround handelt, um den Spieler in seiner Vorgehensweise etwas mächtiger und flexibler zu machen, als die mittlerweile ein bisschen ungelenke anmutende Engine es eigentlich erlauben würde.
Ezio ist schließlich kein Sam Fisher: Es ist bedeutend einfacher und eleganter, einen Gegner zu markieren und die "KILL!1!!"- Taste zu drücken, als sich selbst aus mittlerer Distanz für einen stillen Blattschuss aus der Armbrust oder für einen gezielten Messerwurf in Position zu bringen. Diese Dinge sind in ihrer Handhabung schon seit jeher etwas kniffliger als sie sein müssten, weil die Engine kein freies Zielen über die Schulter erlaubt. Doch dazu später mehr. Ich bin mit den guten Dingen noch lange nicht am Ende.
Ein weiteres Plus gegenüber den Vorgängern ist nämlich das Kampfsystem. Das macht es zwar dieses Mal noch einfacher, große Gegnermobs schnell abzufertigen, kommt aber bedeutend fließender und attraktiver daher. Mittlerweile ist es nämlich möglich, die derben Exekutionen zu chainen, also aneinanderzuketten. Sobald die erste Animation erfolgt, markiert ihr dazu einfach das nächste Ziel und drückt "Attack", um Schädel knacken und Kehlen rote Fontänen spritzen zu lassen oder zwanzig Zentimeter blanken Stahl in Augenhöhlen zu treiben.
Auch hier betankt Brotherhood, wenn man alles richtig macht und tänzerisch den scharfkantigen Avancen umstehender Schwertträger zuvorkommt, eure dunkelsten Allmachtsfantasien in einer Weise, wie es wenige andere Spiele können. Wer dennoch lieber die Beine in die Hand nimmt, hat dank des faireren Spawn-Verhaltens alarmierter Wachen und erhöhter Versteck-Aufkommen schneller wieder Ruhe. Hier trifft Ubisoft eine angenehm unnervige Balance, die den Vorgängern komplett abging. Es ist vom Schwierigkeitsgrad her so Mainstream wie ein Open-World-Spiel über einen Kutten-tragenden Killer in der Renaissance nur sein kann, gewinnt jedoch durch die Menge an Möglichkeiten, sein Vorgehen zu optimieren, auch den Hardcore-Spieler mit Leichtigkeit für sich.