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Assassin's Creed: Brotherhood

Killer App

Und da wären dann noch die Missionen. Was mich in der Vergangenheit an Assassin's Creed immer am meisten gestört hat, das war das dröge Copy-&-Paste-Stückwerk, das stets mehr Fleißarbeit als digitaler Eskapismus war. Wie Lead Game Designer Steven Masters bei unserem Besuch bei Ubisoft ja bereits durchblicken ließ, hat der Entwickler dieses Mal versucht, den Aufträgen mehr Kontext zu verleihen. Weniger generische Missionstypen, dafür Aufträge mit Sinn und Handlung. Ein Unterfangen, das Ubisoft Montreal gut geglückt ist. Man versteht nun Sinn und Zweck der Assassinen-Agenda und identifiziert sich stärker mit ihr.

Das führt, zusammen mit einigen wirklich ausgezeichnet zu bekletternden Wahrzeichen und Umgebungen, zu einigen Missionen, an die ich mich auch nächstes Jahr noch gerne zurückerinnern werde: Wie etwa die Infiltration des gigantischen Castello Gandolfo oder die Aufführung der Passion Christi im Collosseum, an der Ezio undercover teilnimmt. Selbst in den Nebenmissionen, die ihr von Kurtisanen, Dieben oder Söldnern erhaltet, bekommt ihr individuelle, einleitende Sequenzen zu sehen und Dialoge zu hören, die den jeweiligen Auftrag irgendwie in das Geschehen einordnen und ihn nicht wie faules Füllwerk wirken lassen.

Die Assassinen-Gruften feiern ebenfalls ein eindrucksvolles Comeback – wenn auch lediglich im Geiste. Sechs "Gruften des Romulus" sind in der Stadt verstreut und bieten gediegene Kletter-Unterhaltung in individuell gestalteten Leveln, an deren Ende eine schöne Belohnung winkt.

Da Vincis Kriegsmaschinerie steht im Zentrum von vier der besten Missionen des Spiels.

Selbiges gilt auch für die Christina-Missionen, die von Ezios erster Liebe erzählen, oder eure Schützenhilfe für Leonardo da Vinci, der unter Zwang vier geniale Kriegsmaschinen für die Borgia entwarf und euch nun entsendet, diese – ebenfalls in eigens zu diesem Zweck erstellten Umgebungen außerhalb Roms – zu vernichten. Es ist einfach sehr viel mehr Liebe und Sorgfalt in die Missionen geflossen. Man weiß gar nicht, was man als erstes machen soll.

Außerdem habe ich die meiste Zeit über das Gefühl gehabt, dass die Aufträge in sich etwas durchdachter gestaltet sind. In Brotherhood kam ich häufiger unentdeckt zum Ziel, wenn ich es darauf angelegt habe, und bekam öfter die Chance, mit überlegtem Vorgehen zu schönen Lösungen zu gelangen. Gern gesehen habe ich auch, dass das Spiel zu einer solchen Spielweise sogar ermutigt. Wer ohne Sinn und verstand nur auf das Erledigen des zentralen Missionszieles aus ist, erlangt pro Auftrag bestenfalls 50 Prozent Synchronisation. Für die volle Punktzahl muss immer eine Zusatz-Voraussetzung erfüllt werden, etwa unentdeckt von A nach B zu gelangen oder ein bestimmtes Werkzeug gegen seine Feinde einzusetzen. Hier wird der Spieler trotz aller Freiheit auf clevere Weise zu einem besseren Assassinen erzogen.

Die Befreiung der Stadt vom Borgia-Einfluss ist besonders in der ersten Hälfte des Spiels ein tragendes wie treibendes Element.

Das Thema Mehrspieler haben wir ja in unserem Text zur PS3-Beta schon ausgiebig beackert. Das Fazit bleibt dasselbe: Ubisoft hat einem so dedizierten Einzelspieler-Titel den best-denkbaren Multiplayer-Modus auf den Leib geschneidert. Das abwartende Wechselspiel aus jagen und gejagt werden, handeln oder unauffällig bleiben, ist eine nette Ergänzung zum ohnehin schon umfangreichen Gesamtpaket und eine schöne Abwechslung zum normalen Spielablauf. Allein an der Langlebigkeit bleiben trotz interessanter Perks einige Zweifel bestehen. Aber es kann auch nicht jeder Mehrspieler-Modus Halo- oder CoD-Appeal haben.

Kommen wir nun zu den Schwachstellen: Ein Titel, der sich so sehr auf Automatismen verlässt wie Assassin's Creed, birgt natürlich stellenweise auch das Problem, dass sich der Spieler diesen Helferlein im Oberstübchen der Konsole hin und wieder ein wenig ausgeliefert vorkommt. Hier merkt man einfach das fortgeschrittene Alter der Spiel-Engine. Hin und wieder hätte ich zum Beispiel schwören können, für einen Doppelkill genau richtig positioniert zu sein – nur um als fliegender Tod dann doch nur auf eine der eine der Wachen herabzuschießen und von seinem überraschten Kollegen auf frischer Tat ertappt zu werden.