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Band Hero

Pop-(Con)Fusion

Band Hero ist ein etwas obskures Produkt, aber es hat seine ganz großen Momente, das muss ich ihm lassen. Als wir zu dritt Poisons „Every Rose has a Thorn“ spielten – ich mit Headsetmikro und Gitarre – war ich für einen Moment wieder 17 und cruiste mit meinem damals besten Freund in seinem heruntergekommenen XR4i und wir hörten Musik, die so was von unhip war und die wir so sehr liebten. Hätte ich in diesem Moment Band Hero bewerten müssen, wäre ihm die 10 sicher gewesen. Aber so viel Größe hält nicht lange und natürlich versprüht nicht jeder Track so viel Magie und schon gar nicht für jeden von euch. Damit ist die Songliste das Kriterium, an dem ihr leicht festmachen könnt, ob es sich lohnt, dieses Guitar Hero anderen Namens zu kaufen.

Und die ist wirklich seltsam genug. In den USA mag der Anspruch des Super-Mainstream-Pop-Sortiments aufgehen. Dort gehört eben Poisons Ballade genauso zum allgemeingängigen Kulturgut wie Big Countrys „In a Big Country“ und die Counting Crows sind dort Stadionfüller, hierzulande allgemein betrachtet ein vergangenes One-Hit-Wonder. Dass ich keine Ahnung hatte, wer Taylor Swift ist oder Joss Stone keine Jazzpianisten der 40er, ist meine eigene Schuld, und diese Leute sind wohl genauso internationaler Mainstream wie Hilary Duff und Lily Allen. Was sollen deren Fans aber mit „Honky Tonk Woman“ der Stones, Everclears „Santa Monica“ oder den Mighty Mighty Boss Tones anfangen? Euer Musikgeschmack muss weit gefächert sein, um hier breiten Zugang zu finden. Ich persönlich mag Abwechslung, kann mich mit 80 Prozent der Sachen anfreunden und würde niemanden einen Vorwurf machen, der dabei nicht mitzieht.

Pop heißt das Konzept, nur kann ich es nicht erkennen. Das ist nicht schlimm, die Songs sind gut, aber vieles würde auch als Trackpack für Guitar Hero herhalten können. Wenn es schon eine eigene Serie sein soll, dann müssten doch ein paar mehr Anpassungen drin sein, als nur neue Songs undurchsichtiger Zusammenstellung. Nehmt zum Beispiel „American Pie“. Dort spielt ihr fröhlich den Klavierpart auf einer Plastikgitarre. Ok, dass Activision ein Plastikklavier nachreicht, fehlte gerade noch, aber zumindest auf der Bühne hätte doch eines stehen können. Überhaupt scheint die Gitarre ein wesentlich versatileres Instrument als bisher angenommen zu sein. Über die Strecke der 65 neuen Songs übernahm sie mehrfach die Rolle besagten Klaviers, ein paar Synthie-Einlagen, diverse Saxofon-Soli und noch ein paar weitere artfremde Einsätze.

Band Hero - Trailer

Das Witzige dabei ist, dass es richtig Spaß machte. Neversoft hat raus, wie man Noten verteilt und selbst dermaßen Absurdes lässt sich schnell vergessen. Aber immer noch: wozu ein neuer Name? Der gelungene Song Editor nennt sich immer noch GH Editor, die Band ignoriert die größere Instrumentenvielfalt, die üblichen Verdächtigen wie Johnny Napalm hängen auch hier rum, der Sieg-Spruch lautet „You Rock!“. Ok, „You Pop“ wäre seltsam, aber trotzdem. Das fühlt sich hier alles nicht nach einem neuen Franchise, sondern einfach nach einer Variation von Guitar Hero 5 an.

Was ja keine Beleidigung ist. Guitar Hero 5 nannte ich vor kurzem noch das aktuell beste Gerüst für ein Musikspiel und daran hat sich nichts geändert. Eine exakte Kopie dessen, eine wie Band Hero, profitiert damit von vielen Stärken der Vorlage. Der Aufbau aus „Macht doch, was ihr wollt, wie ihr wollt“ bewährt sich erneut. Vier Hobby-Sänger? Ohren zu und durch! Alle wollen Lead spielen? Kein Thema. Drei Drums und ein Bassist? Warum nicht, macht doch. Freaks. Alle Konstellation, alle Schwierigkeitsgrade, alles lässt sich mixen, keiner bleibt außen vor. Anfänger und Profis arbeiten sich Seite an Seite durch Carl Douglas „Kung-Fu Fighting“ – wieder ein gutes Beispiel für den Gitarrenmissbrauch – und alle haben Spaß. Nur: Warum Band Hero und nicht einfach Guitar Hero: Pop?

Ich werde diese Frage nicht mehr beantworten können. Auf Xbox 360 und PS3 ist es nämlich genau das. Eure heruntergeladenen Songs lassen sich auch hier runterreißen. Songs aus World Tour und 5 lassen sich importieren, so wie sich immerhin auch etwa 60 Songs aus Band Hero zu Guitar Hero 5 transportieren lassen. Das setzt wie immer einen kleinen Unkostenbeitrag voraus, aber zumindest müsst ihr nicht doppelt zahlen. Meine gegen Entgelt bereits zu GH 5 übertragenen GH:WT–Songs konnten gleich genutzt werden, ohne irgendwelche weiteren Aufwendungen.

Dass Band Hero nicht ganz zum Track Pack verkommt, verdankt es auch seinen hübschen neuen Stages – der Satellit im Orbit und der Riviera-Klub sind meine Lieblinge – und seinen kleinen Videofilmchen bekannten Stils über den Aufstieg eurer Truppe. Einen Karrieremodus mit Fan-Sammeleien werden einige sicher vermissen, ich bevorzuge jedoch die Schlichtheit des Aufbaus, die auch schon GH 5 auszeichnete. Hat euch das nicht gefallen, dann hält Band Hero nicht viele gute Neuigkeiten in dieser Richtung für euch bereit. Wer übrigens noch vom Lästern über Schnitte nach Modern Warfare 2 nicht genug hat, kann hier gleich weitermachen, aber auf einem ganz anderen Level. „Fuck“, „Whiskey“ und „Gun“ sind drei Wörter, die ihr hier nicht hört. Radio-Beep-Edit. Beep.