Banjo-Kazooie: Schraube Locker
Dänenplastik Reloaded
Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke gab es zwar jede Menge Spielsachen, von Fernlenkautos bis zu Brettspielen, aber nur eines stach wirklich heraus. LEGO. Komplette Ferien verbrachten mein Bruder und ich damit, aus der riesigen Kiste Ungebautem wilde Auto-, Raumschiff- oder Roboter-Konstruktionen zu schaffen und zu perfektionieren. Die LEGO-Videospiele selbst, so gut sie die Optik auch hinbekommen, haben nichts damit zu tun. Sie sind Plattformer im Herzen, keine Baumeister. Banjo-Kazooie: Schraube Locker dreht die allerdings Welt um. Im neusten Ausflug der ehemaligen Plattformhelden rankt sich alles ums Erschaffen wilder Konstruktionen aus kleinen Steinen.
Die Nachricht, dass Bär und Vogel jetzt nicht mehr dem Klempner direkte Konkurrenz machen und über unzählige Hindernisse hüpfen, dürfte die Anhänger des N64-Kulthits immer noch beunruhigen. Für sie hält Banjo-Kazooie: Schraube Locker auf einem der Ladescreens sogar den perfekten Rat bereit: Liegt Euch das hier alles wirklich nicht, solltet Ihr vielleicht das originale Banjo-Kazooie auf Live Arcade kaufen. Damit nicht genug, schon im spielbaren Intro parodieren die Engländer das alte Konzept von Hüpf und Renn. Ihr tretet gegen die wiederbelebte Hexe Gruntella an, um ein wenig zu Hüpfen und Sammeln. Das Spiel wird nach wenigen Sekunden mit einem beißenden Spruch als überholt beendet. Noch deutlicher kann man kaum mit Traditionen brechen.
In welches Genre Schraube Locker jetzt passt, lässt sich nicht mit einem Wort sagen. Der Bär läuft und hüpft zwar noch ein wenig vor sich hin, ohne einen fahr-, flieg- oder schwimmbaren Untersatz geht aber auf Dauer gar nichts. Selbst in der als Hub fungierenden Stadt von Showtown braucht Ihr einen kleinen Laster, um Extras zu ihren angestammten Plätzen zu befördern oder einfach nur ein wenig herum zu kommen. In den Welten selbst warten Herausforderungen auf Euch, von denen nur die wenigsten in einem Durchgang mehr als fünf Minuten Eurer Zeit beanspruchen. Vorausgesetzt, Ihr zählt nicht die teilweise vielfachen Neustarts mit, bis Ihr es endlich hinbekommt.
Euer Gelingen hängt nämlich keineswegs nur von Eurem Geschick ab, mindestens genauso viel Anteil am Erfolg hat Euer kreatives Talent beim Bau eines Fahrzeugs, das exakt auf die Aufgabe abgestimmt ist. Ob es nun in einen Luftkampf gegen einen riesigen Ballon geht, auf die Rennpiste oder auf den Acker, um Kokosnüsse zu sammeln, für jede Mission gibt es das richtige Fahrzeug.
Fahrzeuge stehen zunächst auf fertigen Blaupausen bereit und Ihr könnt zumindest in der ersten Hälfte von Schraube Locker durchaus Erfolge damit erzielen, einfach nur diese Papiere zu kaufen und die damit verbundenen Fahrzeuge zu nutzen. Oder Ihr springt gleich tief in die LEGO-Kiste. Nur wenige Grundelemente gilt es zu berücksichtigen, wenn Ihr Euch in den Schöpfungsprozess stürzt. Jedes Gefährt braucht einen Motor, Treibstoff, Räder oder Propeller und einen Fahrersitz. Deren Zusammensetzung und alle weiteren Teile lassen sich in einem unglaublich einfach zu bedienenden Editor beinahe beliebig zusammenfügen.
Persönlich habe ich eine gewisse Abneigung gegen solche Basteleien, insbesondere mit einem Pad. Daher war es überraschend, wie schnell ich dazu überging, beinahe ganz auf vorgefertigte Blaupausen zu verzichten und stattdessen teilweise von Grund auf etwas zu bauen, was genau für diese eine Aufgabe zurecht geschnitten war. Das Zusammenklicken aller in rauer Diversität vorhandenen Bausteine in einem simplen, dreidimensionalen Raster lässt sich innerhalb von einer halben Stunde leicht verstehen und – zumindest in seinen Grundzügen – meistern. Kinder, die in der Lage sind, mit LEGO etwaige Kreationen zu schaffen, sollten damit also auch schnell zu recht kommen. Räumliche Vorstellungskraft haben sie und die ist das Wichtigste im Umgang mit der einfachen Benutzerführung.
Kleinere Anpassungen lassen sich innerhalb weniger Minuten vornehmen und es hilft ungemein, dass hier kein wirklich funktionierendes Modell von Getriebefeinheiten oder Zusammenhängen moderner Technik abgefordert wird. Ein Motor kann überall am Gefährt hängen und es spielt keine Rolle, dass zwischen ihm und den Rädern eigentlich nur Bauplatten ohne Getriebewelle liegen. Klatscht ihn einfach irgendwo ran und er wird seine Arbeit erledigen. Das Leistungsprinzip der Gefährte funktioniert additiv, ein kleiner plus ein großer Motor rechnen ihre Leistung einfach zusammen.
Die Mechanik Eures entstehenden Untersatzes mag keine großen Anforderungen stellen, die Physik nimmt es genauer. Das Gewicht und dessen Verteilung an Bord sind entscheidend. Liegen erstmal mehr als 50 Prozent der Masse hinter der letzten Achse, spielt es keine Rolle, wie cool es aussieht. Es wird einfach nach hinten kippen und nichts tun. Ein Winzmotor wird einen tonnenschweren Lasthubschrauber nicht bewegt bekommen. Ein Boot mit dem CW-Wert einer Schrankwand kann an Motoren packen, was es möchte. Elegant durchs Wasser wird es nie pflügen.
Aber es wird trotzdem schwimmen und wenn es Euer Herzenswunsch ist, es damit zu versuchen, hält Euch Rare bei den meisten Herausforderungen von nichts ab. Selbst mit einem Flugzeug dürft Ihr an einem Bootsrennen teilnehmen. Ob Ihr damit Erfolg habt, steht auf einem anderen Blatt, die Freiheit lässt man Euch aber gern. Und das ist auch das Ass im Ärmel des Spielsystems. Nichts ist festgelegt. Nehmt ein Fahrzeug aus der Sammlung Eurer Entwürfe, packt etwas lieblos einen neuen Motor drauf oder setzt Euch eine Stunde hin und designt das perfekte Gefährt. Oder versucht auf gänzlich andere Weise zum Erfolg zu kommen.