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Bayonetta

LSD-Trip und nackte Haut

Nach den ersten paar Minuten in Bayonetta fragt man sich unweigerlich, welche Drogen die Macher wohl während der Entwicklung geschluckt haben. Das Spiel lässt von Beginn an keinen Zweifel daran aufkommen, dass Euch hier eine abgedrehte, übertriebene und zuweilen auch absurde Achterbahnfahrt der Gefühle erwartet. Damit das auch unmissverständlich klar wird, legt man gleich im Prolog ordentlich vor.

Sexy Hexi Bayonetta bearbeitet eine überschaubare Menge an Widersachern mit Schwert und Schießeisen. Nicht einfach irgendwo, sondern auf einer Turmuhr - die zudem noch vom Himmel fällt. Während um das herabstürzende Objekt Wolken mitsamt merkwürdigen Wesen vorbeizischen, die entfernt an Ungetüme aus Final Fantasy erinnern, und der riesige Mond im Hintergrund die Szenerie in ein stimmungsvolles Licht taucht, erfährt man mehr über die Hintergrundgeschichte.

Momentan stellt sich das jedoch als ein wenig problematisch heraus: In der von uns angespielten Fassung wird in Japanisch gesprochen, für Erleuchtung sorgen höchstens die Untertitel. Die richtige Balance zwischen Lesen und Kämpfen will hier erstmal gefunden werden. In der fertigen Version ist das hoffentlich anders, ansonsten verpasst man das eine oder andere Detail. Aber zurück zum Geschehen. Der Turm knallt wenig später auf einen Felsvorsprung, löst eine riesige Explosion aus - hat vermutlich leicht entflammbare Zeiger - und fliegt, um diverse Einzelteile erleichtert, munter weiter gen Boden.

Bayonetta - E3-Trailer

Irgendwann hat die Hexe aber dann doch genug vom freien Fall und verabschiedet sich vom Ort des Geschehens, indem sie über mehrere, quasi im Formationsflug mit der Turmuhr schwebende Trümmerteile davonhüpft. Einfach so, als wäre es die einfachste Sache der Welt. Das ist eben Bayonetta.

Szenenwechsel: Ein Friedhof, eigentlich ein friedlicher Ort. Noch zumindest. Bayonetta steht in einer Art Nonnenoutfit inmitten der Grabsteine und liest aus einem Buch vor. Man könnte meinen, sie würde beten. Derweil wird sie von einem Typen bequatscht, so richtig scheint sie sich jedoch nicht dafür zu interessieren und konzentriert sich unbeirrbar weiter auf das Gedruckte zwischen ihren Händen. Plötzlich erhebt sie sich in die Luft, gleitet einem lilafarbenen, leuchtenden Etwas entgegen – scheinbar ein Portal. Eine Passage zu einer anderen Sphäre, wie man uns erklärt.

Vom Himmel herab kommen ihr Engel entgegen geflogen, die hier mehr an irgendwelche Vogelkreaturen mitsamt Heiligenschein erinnern. Und merkt Euch dabei gleich: Bayonetta gut, Engel böse. Noch bewegen sich beide also aufeinander zu, doch damit ist schon bald Schluss. Von einem Augenblick auf den anderen macht sich Bayonettas Kleidung auf und davon, stößt sich wie bei einer Explosion von ihr ab. Kurzzeitig schwebt die Protagonistin nackt in der Luft, bevor sich ihre langen, schwarzen Haare als neues Kostüm über nahezu jeden Zentimeter ihres wohlgeformten Körpers schlängeln. Und dann bricht die Hölle los.

Einerseits im Spiel, da ein Engel nach dem anderen vermöbelt oder mit Kugeln durchsiebt wird. Andererseits im eigenen Kopf, da gleichzeitig wahrhaft schräge, japanische Düdelmusik einsetzt und auch so schnell nicht mehr aufhört.

Manche Gegner sind gewaltig.

Daran wird man sich wohl gewöhnen müssen, denn das ist Platinums volle Absicht und begleitet einen durch das gesamte Geschnetzel hindurch. Love it or hate it. Anfangs sehr gewöhnungsbedürftig, passt es doch irgendwie zu diesem verrückten Spiel. Hier werden die Geschmäcker aber vermutlich auseinander gehen. Weit. Ich kann es niemandem verdenken, wenn er die Musik abschaltet.

Aber: Von solchen Elementen, dem eben beschriebenden Momenten lebt Bayonetta. Alles soll „over the top“ sein, der Begriff „Climax action“ fällt. Man hangelt sich also im Prinzip von Höhepunkt zu Höhepunkt, der Anfang mit der Turmuhr markiert da nur den Startschuss. Und tatsächlich hält Bayonetta, was es mit voller Wucht verspricht. Immer wieder gerät man in Situationen, die verrückter kaum sein könnten. Zum Beispiel läuft man auf einem abgetrennten Brückenteil herum, das wiederum von einem Monster gepackt wurde und herumgeschleudert wird. Haut man eine Zeit lang ordentlich genug drauf, knallt das Vieh das Objekt an eine andere Stelle des Levels. Das Brückenteil zerbröckelt und der Kampf geht am Boden weiter.