Beautiful Katamari
Spaß ist relativ
Wie auch immer der Erstkontakt mit Katamari Damacy erfolgt, der Effekt ist fast immer der gleiche: Wenn man seinen ersten Fußball, seine erste Riesen-Melone, seinen ersten Menschen, seinen ersten Baum oder sein erstes Haus aufgerollt hat, muss man ihn einfach lieben, diesen Moment des überbordenden Größenwahns. Man schlägt sich kichernd auf den Schenkel, die Augen feste zusammengekniffen und spreizt ein Julia Roberts-Gedenk-Grinsen über die komplette Breite des Gesichts – nur um anschließend sofort weiter nach größeren Gegenständen zum Aufrollen Ausschau zu halten.
Daran ändert sich auch in Beautiful Katamari, dem vierten, hierzulande aber erst dritten Teil der Reihe, rein gar nichts. Wer weder das nur als US- oder Japan-Import erhältliche Debüt des kleinen Prinzen, noch dessen beide Nachfolger auf PS2 und PSP jemals gespielt hat, hat wirklich einiges nachzuholen. Bunt, freundlich und mit einem vorzüglichen Sinn für erheiterndes Chaos ist Katamari – was soviel wie „Klumpen“ bedeutet – ein klebriger Ball aus guter Laune, der jeden überrollt, der zufällig im Weg herumsteht. Wer hingegen schon die beiden Pal-Versionen oder vielleicht sogar noch den Serieneinstand aus dem Jahre 2004 beendet hat, wird in Beautiful Katamari zweifelsohne erste Abnutzungserscheinungen feststellen.
Der König des Kosmos hat erneut dafür gesorgt, dass die Sterne vom Himmel verschwinden. Natürlich war es mal wieder ein Unfall. Um genau zu sein ein Sportunfall. Denn bei einer Partie Tennis mit seiner holden Gattin schießt ein Schmetterball des riesenhaften Querkopfs ein Schwarzes Loch in den Himmel, das jegliches Gestirn des Sonnensystems (einschließlich der Sonne) aufsaugt wie ein frisch gewarteter Vorwerk-Staubsauger. Er ist einfach ein großartiger Tennisspieler, der König. Kein Problem, schließlich gibt es ja den nur eine Handbreit hohen königlichen Sohn, der mit seiner bunten Haftkugel über Mutter Erde rollt.
An so einem zauberhaften Katamari bleibt nämlich alles, wirklich alles kleben, was deutlich kleiner ist als er. Und wenn der Prinz seinen galaktischen Schneeball in einer vorgegebenen Zeit auf eine bestimmte Größe zusammenrollt, kann der König des Kosmos die Kugel als neuen Planeten ins All schießen. Logisch… oder? Was Katamari dabei besonders gut gelingt, ist das Spiel mit den Maßstäben.
Das gute Dutzend Level startet prinzipiell immer in derselben japanischen Kleinstadt. Das ist allerdings notwendig, denn im Laufe Eures Wachstums verändert sich Eure Perspektive auf die Spielwelt drastisch. Und gerade das ist es, was einen guten Teil der hypnotischen Faszination von Beautiful Katamari ausmacht. Beispielsweise startet Ihr in einem Level, nur 50 cm groß, in einem Spielwarenladen, nehmt dort vom Poker-Chip, über Xbox 360 bis hin zum Teddybären alles mit, um dann bei einem Durchmesser von einem Meter und zwanzig durch den Ausgang in die Fußgängerzone zu kullern.
Hier können Euch die ehemals riesigen Spielkonsolen schon gar nicht mehr locken. Stattdessen haltet Ihr Ausschau nach Topf-Pflanzen am Wegesrand, klaubt Eure erste Parkbank auf und zeigt kurz darauf hämische Freude über den ersten, unglücklich zappelnden Fußgänger, der nicht schnell genug reagierte, um Euch zu entgehen.
Je mehr Planeten Ihr rekonstruiert, umso höher die gesetzte Zielgröße und desto mehr seht Ihr von der Umgebung. Im letzten Drittel des Spieles geht Ihr weit über die Grenzen des beschaulich beknackten Vorortes hinaus, rollt durch eine Großstadt, nehmt Autos, Bäume und Gorillas mit und lacht laut, wenn der erste Wolkenkratzer der übertriebenen Schwerkraft Eures Katamari erliegt. Das Wachstum der Kugel verläuft dabei fließend, während bei bestimmten Größen die Kameraperspektive ein Stück herauszoomt, die Umgebung verkleinert und somit den Maßstab wieder ins rechte Verhältnis rückt. Und der geht diesmal von Kniehöhe bis zur Kontinental-Ebene – und darüber hinaus.