Bionic Commando Rearmed
Griffig
Fragt Ihr einen Gamer fortgeschrittenen Alters, was ihr oder ihm zu Bionic Commando auf dem NES einfällt, werdet Ihr wahrscheinlich zwei Sachen zu hören bekommen: "Wow, war das ein geniales Game!" und "Oh mein Gott, war das Teil brutal schwer!"
Eine dieser beiden Aussagen stimmt für das Remake Bionic Commando Rearmed nun nicht mehr ganz und zum Glück ist es die zweite. Continues mussten hart erarbeitet werden, Extraleben waren knapper als knapp und waren beide erst einmal alle, hieß es zurück zum Start. Und das ging mitunter ziemlich schnell, wenn Ihr nicht perfekt mit dem Pad umzugehen wusstet.
Musstet Ihr damals noch vor jedem Level entscheiden, welche Waffen Ihr mitnehmt - und häufig genug neu beginnen, da Ihr einfach irgendwas mal wieder nicht im Gepäck hattet -, tragt Ihr nun stets alles, von der Schlüsselkarte bis zum Raketenwerfer, mit Euch herum. Der Lebensenergiebalken darf sich nun zu recht so nennen und hält auch schon mal ein paar Treffer aus. Und trotzdem, BC Rearmed wird dadurch noch längst kein einfaches Spiel. Nicht mal ein mittelschweres. Es ist immer noch mit das Härteste, was Ihr Euch antun könnt.
Dass Ihr das wollt, liegt daran, dass die Spielmechanik immer noch und nach 20 Jahren perfekt funktioniert. Das Grundelement, der bionische Greifarm, wurde natürlich nicht entfernt, sondern sogar ein klein wenig ausgebaut. Auf den ersten Blick mag Capcoms Altwerk wie ein typischer Contra-Clon wirken. Bis Ihr merkt, dass es keine Taste zum Hüpfen gibt.
Der Greifarm ersetzt das Prinzip Mario, indem Ihr praktisch an allen Oberflächen zupacken und dann hangeln oder schwingen könnt, um vorwärts zu kommen. Dank eines hervorragenden Tutorials lernt Ihr schnell, wie Ihr Euch an Kanten fallenlassen könnt, schräg nach rechts greift und Euch beherzt zur nächsten Plattform, direkt hinter einen Feind, schwingt. Ihr reißt ein Fass hoch, schleudert es, wehrt mit dem Arm ein paar Schüsse ab und erwidert nach einer eleganten Schwungfolge das Feuer.
OK, so schnell werdet Ihr die Vielfalt der Steuerung nicht verinnerlicht haben. Selbst einfache Manöver werden Euch anfangs eine Menge Geduld abfordern, aber mühsam nährt sich das Eichhörnchen und irgendwann habt Ihr es so gut drauf, wie das Pad der 360 es zu zulässt. Es erstaunt, um wie vieles präziser das gute, alte Nintendo Steuerkreuz war, wenn es um klare Richtungsangaben ging. Um mich zu vergewissern, dass meine Erinnerung mich nicht nur täuschte, kramten wir tief im Retro-Lager. Siehe da, für eine 360 kann ein eigentlich präziser Tastendruck nach rechts mitunter eine Menge heißen, auf dem schmerzhaft kantigen NES-Controller klappte das beim Original ein gutes Stück präziser.
Stellt sich die Frage, wie man das alte Pad an die 360 bekommt, denn hier liegt das größte Problem von BC Rearmed. Es mag ein wenig freundlicher sein, falsche Sprünge werden aber immer noch mit einem schnellen und schmerzhaften Tod quittiert. Es passiert nicht häufig, nur wenn ich das Richtige tun möchte, genug Zeit habe es auszuführen und dann sterbe, weil links auch schon mal links-oben sein kann, folgen wilde Flüche.
Das ist der negative Prozentpunkt der Spielmechanik. Die restlichen 99 positiven Punkte erlebt Ihr in allen Levels, wenn Ihr Euch geschickt durch verschachtelten Räume schwingt, die mit leicht aufgebohrter KI beseelten Schufte niederstreckt und grübelt, mit welchen Waffen Ihr am besten weiterkommt. Es ist Bionic Commando bis in seine reinste Seele und es macht Spaß, als wäre es gestern gewesen, ohne auch nur im Geringsten angestaubt zu wirken.