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BioShock Infinite

Best of Show?

Von wegen! Ich meine, ihr könnt es ruhig zugeben, aber wer von euch gedacht hat, mit BioShock Infinite einfach nur einen dritten Teil zu bekommen, der lediglich Szenario und Hauptcharakter tauscht, der ist ganz schmerzhaft schief gewickelt. Und vier Jahre Entwicklungszeit dafür wären wohl auch ein schlechter Scherz. Gleich mehrere Dinge packt Irrational Games im Nachfolger auf grundlegend andere Art an. Infinite und seine beiden Vorgänger liegen beinahe so weit auseinander wie Rapture und Columbia, die Stadt auf dem Meeresboden und die Metropole über den Wolken.

Um eurer Erinnerung an den Titel ein wenig aufzufrischen, vielleicht zunächst eine kleine Zusammenfassung der Handlung – immerhin last ihr hier das letzte Mal zur vergangenen gamescom von dem Spiel. Der Spieler übernimmt im Kontrast zum ersten BioShock dieses Mal eine Figur, die von Anfang an stärker charakterisiert ist.

Von Booker De Witt, in dessen Haut ihr schlüpft, erfährt man mehr als ein einleitendes, "Meine Eltern sagten immer, 'Sohn, du bist etwas Besonderes'". Die Figur folgt nicht wie zuvor dem Gordon-Freeman-Schema. Sie ist kein "Everyman", der zum Helden wird. Booker ist ehemaliger Pinkerton-Agent und bringt als solcher eigene Talente und Probleme mit. Neben einer guten Spürnase und zwei starken Armen wären da zum Beispiel seine Glücksspiel-Affinität - und die dazu passenden Schulden.

Stilisiert und ausdrucksstark - kein Wunder, dass Elizabeth der meistbesungene Frauenname ist.

Von einem mysteriösen Klienten erhält er den Auftrag, eine gewisse Elizabeth aus Columbia zu befreien. Diese fliegende Weltausstellung Amerikas ist mittlerweile allerdings beinahe eine Legende, die immer mal wieder irgendwo gesichtet wird, von der aber niemand so genau weiß, was gerade auf ihr abläuft. Denn seit einem kriegerischen Zwischenfall, in dessen Folge eine Stadt in China hübsch dem Erdboden gleich gemacht wurde, sind weder die Vereinigten Staaten noch der Rest der Welt besonders gut auf den ultra-nationalistischen Wolken-Freistaat zu sprechen.

Booker ist jedenfalls wirklich gut in seinem Job, gelangt tatsächlich in die Stadt und befreit auch schon bald Elizabeth aus ihrem Gefängnis. Soweit der um eine Handvoll neuer Fakten aufgepeppte Kenntnisstand von vor einem Jahr. Heute lässt sich bereits ein bedeutend feineres Bild von dem Titel und all den feinen Änderungen am Konzept der Reihe zeichnen. Wer BioShock vor allem wegen seiner Handlung liebte, der wird mit Freuden feststellen, dass sich Levine und seine Leute dieses Mal einen anderen, aber noch interessanten Ansatz haben einfallen lassen.

Booker und Elizabeth sind keine Katastrophen-Touristen, die sich zwischen Trümmern und Audio-Tagebüchern an den verrottenden Resten der einer großen, aber gefährlichen Idee ergötzen. Man selbst ist es, der mit der Befreiung des Mädchens diese in ihrem Größenwahn konservierte Welt Columbias schließlich dem Kollaps näherbringt, das Stück Scheiße in den Ventilator wirft.

Zwischen einzelnen Skylines seid ihr auch mal ein gutes Stück im freien Fall unterwegs.Wohin dieser Herr sich gerade aufmacht, wissen wir allerdings nicht.

Booker ist der Typ mit der Fackel in der Hand, der sich in einen trockenen Heuhaufen wirft. Das stellt die Art, auf die die Handlung sich entwickelt und erlebt wird, komplett auf den Kopf. Booker kann eher Macher sein als jemand, der einem Knopf im Ohr auf jedes "Would you kindly" folgt. Selbst Elizabeth versucht nie, ihn in seinem (gameplay-relevanten) Handeln zu beeinflussen.

So wird auch schnell klar, dass Infinite weniger ein Spiel über eure Beziehung zu der Stadt ist, als ein Spiel über eure - oder besser Bookers - Beziehung zu Elizabeth. Seit ihrem fünften Lebensjahr ist die zierliche Lady mit dem Pagenschnitt in einem Turm auf Columbia eingesperrt und wird von einem gewaltigen mechanischen Vogel bewacht, dem Songbird. Ein beinahe märchenhaftes Motiv – ein verwunschenes Mädchen in ihrem fliegenden Gefängnis. Zu ihrem Wächter hat Elizabeth eine Art Stockholm-Syndrom entwickelt – nicht stark genug, um bei der ersten Gelegenheit nicht die Beine in die Hand zu nehmen, aber dennoch haben die beiden ein seltsam vertrautes Verhältnis.