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Blacksite

Unfinished Beauty

Wie viel Politik verträgt eigentlich ein Videospiel? Nimmt man American McGee's Bad Day L.A. als Maßstab, scheint es nahezu unmöglich, diese wirklich komplett unterschiedlichen Thematiken unter einen Hut zu bringen. Der Titel war zwar qualitativ keine Meisterleistung, aber auch die eingestreuten Spitzen gegen die Stars and Stripes-Gesellschaft wollten nicht so recht zünden. Umso erstaunlicher ist der Ansatz von Chef-Designer Harvey Smith, den recht klassischen Shooter Blacksite als moderne Allegorie auf die aktuelle politische Situation zu gestalten. Denn diesmal sind nicht die Aliens der Feind, sondern die skrupellosen Regierungskanäle, die die Fremden als Waffen missbrauchen.

Eine solche Botschaft zu transportieren ist ein hoch gestecktes Ziel, das man auch mit der aktuellen Version, die in London vorgestellt wurde, noch nicht ganz erreicht. Das liegt zum großen Teil am recht unfertigen Zustand des vorgeführten Materials. Neben Gameplay-relevanten Bausteinen, wie Spielbalance und fehlenden Schussspuren, gab es zum Beispiel keinerlei Zwischensequenzen zu bestaunen. Außerdem wurden nur einzelne Abschnitte gezeigt, die keinen Rückschluss auf das Endergebnis zulassen. Erst in einem anschließenden Gespräch mit Harvey Smith wurden Zusammenhänge deutlich und damit ein Blick in die Zukunft möglich.

Doch zurück zu den drei Missionen, die uns in spielbarer Form vorlagen. Die erste spielte einige Jahre vor den dramatischen Ereignissen aus der Demo. Hauptdarsteller Aeran Pierce befindet sich mit seinem Team im Irak und ist auf der Suche nach Massenvernichtungswaffen. Statt glitschiger Aliens müssen also erst einmal die bösen Irakis herhalten. Schon beim Einstieg bekommt man einen Eindruck davon, wie Midway in Zukunft die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Entwicklerteams voran bringen möchte.

Das Bild könnte glatt aus Ghost Recon stammen.

Eine Saddam-Statue ragt in den wolkenlosen Himmel über Bagdad und Ihr könnt das Symbol der Unterdrückung mit wenigen Schüssen in 13 handliche Bruchstücke verwandeln. Die Technologie, die dahinter steckt, haben die Blacksite-Entwickler nicht etwa selbst entwickelt, sondern sich bei den Kollegen von Stranglehold ausgeborgt. Bislang sind diese Programmroutinen allerdings noch nicht komplett integriert. So widerstehen selbst schnöde Kisten eurem Sturmgewehr, während massive Mauerstücke mürbe zu Einzelteilen zerfallen. Im Gespräch beteuert Harvey Smith, dass es im fertigen Spiel weit mehr Interaktionsmöglichkeiten geben werde. Er macht aber auch klar, dass Midway aber keinesfalls den gleichen Zerstörungsgrad wie beim John-Woo-Actionkracher anpeilen würde. Man wolle nicht, dass Blacksite in „Schadensmasturbation“ ausarte, da diese dem Spieler keine Vorteile brächte.

Mit diesen Haustieren fällt man selbst in einem Trailer-Park auf.

Nach dieser wunderschönen Metapher wenden wir uns wieder dem Spiel zu. Gemeinsam mit zwei Teammitgliedern gilt es einen Kontakt zu treffen und neue Informationen zu sammeln. Ohne Zwischensequenzen werden wir kurz darauf in ein wildes Schussgefecht geworfen, in dem wir erstmals die Squad-Funktionalitäten von Blacksite auf die Probe stellen. Neu ist hierbei die Integration der Moral. Falls Ihr zu wenig selbst erledigt oder aber alles alleine, sinkt die Moral und damit die Effektivität eures Teams. Zeigt man aber genug Mut und setzt die vorhandenen Kräfte geschickt ein, danken es einem die Kameraden mit größerem Kampfgeist – und folglich auch höherer Feuerkraft. Diese ist in der aktuellen Fassung aber auch von Nöten, denn die irakischen Fußsoldaten fressen momentan satte zehn Kugeln, bis sie endlich in den Staub sinken.

Paradoxerweise genügt im Gegenzug meist schon ein Kopftreffer, um sie sofort auszuschalten. Harvey Smith erklärt uns, dass man genau deshalb noch am Balancing arbeite. Die Tester seien mittlerweile einfach zu gut geworden und träfen die natürlichen Schwachstellen der Gegner ohne Probleme. Da dort eben schon wenige Treffer ausreichten, um sein Ziel auszuschalten, empfänden vielen Team-Mitglieder den Titel schlicht als zu leicht. Doch man beabsichtige, hier noch gehörig nachzubessern.

Dunkle Wolken und Abendsonne tauchen das Alien-Cafe in unwirkliches Licht.

Bis zum Ende des Abschnitts gibt es keine Hinweise auf Aliens. Harvey Smith macht aber deutlich, dass man natürlich keine Massenvernichtungswaffen finden wird. Stattdessen muss man für die Regierung ein außerirdisches Artefakt bergen, das zu einer Waffe umfunktioniert werden soll. Das nicht näher beschriebene Objekt sondert eine Strahlung ab, die nicht nur Menschen und Tiere durchdrehen lässt, sondern sie auch nachhaltig verändert. Doch am Ende wird es nicht die amerikanische Regierung sein, die das fremde Material in die falschen Hände fallen lässt, sondern die korrupte Waffenindustrie, die ohne moralische Bedenken nur an ihren eigenen Profit denkt.