Brothers in Arms: Hell's Highway
Einmal Hölle und zurück
In diesem Winter treten zwei Weltkriegs-Spiele gegeneinander an, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite Brothers in Arms: Hell's Highway von Gearbox Software, das ganz bewusst einen sehr realistischen, taktischen Ansatz wählt. Und auf der anderen Seite Call of Duty: World at War, das die geschichtlichen Details der aufwändigen Präsentation und der schnellen Action unterordnet. Mal ganz abgesehen von der moralischen Komponente, schließlich geht es hier um einen brutalen Weltkrieg, der Millionen Opfer gefordert hat, treffen damit zwei Gameplay-Philosophien aufeinander, die seit vielen Jahren um die Vorherrschaft kämpfen.
Während es bei Taktik-Shootern a la Brothers in Arms auf Teamarbeit, durchdachte Angriffszüge und eine hohe Zielgenauigkeit ankommt, steht bei Action-Shootern a la Call of Duty die enorme Geschwindigkeit, die einfache Handhabung und die bombastische Inszenierung im Vordergrund. Dabei hat Gearbox' neuestes Werk bei seinem Schritt in die nächste Generation viel von der Konkurrenz gelernt. Vor allem die Geschichte wird deutlich aufwändiger präsentiert und auch das taktisch durchdachte Baller-Schach wurde mit einigen modernen Spiel-Mechaniken aufgefrischt.
Ob neue Grafik-Engine, abwechslungsreichere Level, Cover-System, Zeitlupen-Kills – die in der deutschen Version rausgeschnitten wurden – oder Ingame-Zwischensequenzen, Gearbox hat sich einiges vorgenommen, um die Schlacht um den Weihnachtsbaum für sich zu entscheiden.
Das Ziel war die perfekte Symbiose aus prächtigem Kriegsepos und intelligentem Gameplay. Eine nahezu monumentale Aufgabe, die nach der überzeugenden Vorabversion in greifbarer Nähe lag. Doch ist es Gearbox gelungen, die Spannung der ersten vier Level zu halten und die letzten Probleme aus dem Weg zu räumen?
Zumindest erzählerisch ist Gearbox mit dem dritten Teil auf jeden Fall ein echtes Meisterwerk gelungen. Die Geschichte der 101st Luftlandeeinheit der Amerikaner ist zwar - genauso wie das Ende der diesmal abgehandelten Operation Market Garden - bekannt, doch was die Entwickler an persönlichem Drama in die Historie eingearbeitet haben, ist Weltklasse.
Gerade wenn es um das Zusammenspiel der Gruppe geht und ihre Sorgen für die Zivilbevölkerung, zeigt Hell's Highway wie viel mit einem Videospiel möglich ist. Bis auf die sehr eindimensionale Darstellung der Deutschen, kann der Titel locker mit einem anspruchsvollen (Anti-)Kriegsfilm mithalten und befördert damit das Genre auf ein neues Level. Wie schon bei den Vorgängern steht Sergeant Matt Baker im Mittelpunkt der Geschichte. Gemeinsam mit seinen Kameraden vom 101st hat er den Wahnsinn des D-Day überlebt und sich bis nach Holland vorgekämpft. Die harten Auseinandersetzungen haben der eingeschworenen Truppe alles abverlangt, Geist, Körper und Seele in den blutigen Schlachten Schaden genommen. Vor allem der Hauptdarsteller hat mit seinen Traumatas zu kämpfen.
Seine eigenen Fehler und die seiner Untergebenen verfolgen ihn auf Schritt und Tritt. Immer wieder zweifelt er an seinem eigenen Gesundheitszustand. Halluzinationen und Visionen machen ihn auch für die Gruppe zu einem Problem. Gejagt von den Schatten der jüngsten Vergangenheit, drohen ihn diese immer wieder einzuholen. Er trifft falsche Entscheidungen und riskiert das Leben seiner Männer, um seinen Frieden zu finden.
Erzählt in dramatischen Zwischensequenzen bekommt Ihr zum ersten Mal den Eindruck, Eure Kameraden kennen und lieben zu lernen. Schade, dass diese Inszenierung in den eigentlichen Missionen viel zu selten aufgegriffen wird. Befindet Ihr Euch erst einmal auf dem Schlachtfeld, werden die Menschen wieder zu Symbolen, die für die unterschiedlichen Feuer-Teams stehen. Nur in einer zweiteiligen Mission müsst Ihr ohne Unterstützung auskommen. Verfolgt von seinem eigenen Pflichtbewusstsein jagt Baker dem jungen Private Franky hinterher, der sich in eine Holländerin verliebt hat und sie aus der Flammenhölle Eindhovens retten will. Doch die Geliebte wird von den bösen Deutschen grausam ermordet und Baker muss versuchen, wenigstens seinen Kameraden zu retten.