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Brütal Legend

Musik- und Schlachtfest in Absurdistan

Let me hear the battle cry
Calling on the wind
Let me see the banners fly
Before the storm begins

Let me feel the spirits soar
Destroy the enemy
Striking at the evil core
For all the world to see

„Im Multiplayermodus bekommt ihr ein Rock-Konzert und eine gewaltige Schlacht gleichzeitig“, kommentiert der unscheinbare, bärtige und graumelierte Lockenkopf im weißen Hemd das Geschehen auf dem riesigen Flachbildfernseher. Schnell fügt er mit einem Augenzwinkern entschuldigend hinzu: „Ich habe gerade natürlich nur deshalb verloren, weil ich das Spiel erklären musste.“ Ein Schmunzeln geht durch das dunkle Kabuff, das sich Präsentationsraum nennt.

Sekunden zuvor hatte der Lederkutte tragende Pixelheld des Vorführers mächtig auf die Backen bekommen – von einem aus Muskeln und Sehnen bestehenden Dämonenkrieger mit scheinbar mittig genähter Brust, klobigen Pferdefüßen und schwarzer, stachelbewehrter Sado-Maso-Gedächtnis-Maske. Es ist schwierig, die humanoide Kreatur mit dem Namen Doviculus angemessen zu beschreiben. Das gilt aber auch für viele andere Wesen, die sich in dieser, scheinbar einem grellbunten Achtzigerjahre-Heavy-Metal-Plattencover entsprungenen Fantasy-Welt tummeln.

Folgt mir! Eddie Riggs weist seiner durchgeknallten Heavy-Metal-Armee den Weg.

Ja, wenn jemand virtuelle, comicartige Charaktere erschaffen kann, die so bizarr daherkommen, dass sie sich kaum mit Worten beschreiben lassen, hat er wohl was richtig gemacht. Doch stopp, später mehr zur durchgeknallten Brut an Abscheulichkeiten, die vorsichtig formuliert im bewusstseinserweiterten Zustand entstanden zu sein scheinen.

Der Mann vor dem Fernseher, der im Kontrast zur brachialen Musikuntermalung ähnlich gefährlich rüberkommt wie ein Dackelwelpe, heißt Tim Schafer. Das Spiel, das er während der Spielemesse gamescom vorstellt, Brütal Legend. Genau genommen präsentiert der 43-jährige Kult-Designer hinter verschlossenen Türen erstmals den Online-Modus. Und der ist angesichts des wilden, actionreichen Solo-Parts überraschend strategielastig. Am Mehrspielermodus basteln die Entwickler übrigens bereits länger als an dem Abenteuer für Alleinstehende. Die meinen es also wirklich ernst mit ihrer alles andere als ernst wirkenden Online-Beigabe!

Tim Schafer tritt mit Eddie an, dem Axt- und Gitarre schwingenden Protagonisten der Einzelspieler-Kampagne, steuert ihn aus der Verfolgersicht über die Karte „The Bleeding Coast“. Sein Alter Ego läuft herum, erhebt sich aber mit einem Paar künstlicher Schwingen auf Wunsch auch gen Himmel, um das Geschehen aus der Vogelperspektive zu überblicken. Oder er nutzt von ihm gerufene Reittiere und Fahrzeuge als Fortbewegungsmittel.

Brütal Legend - gamescom-Trailer

Wenn Eddie nicht gerade kämpfend ins Geschehen eingreift, befehligt er seine Truppen, die „Ironheads“, wie in einem Taktik-Shooter. Entsprechend folgen sie ihm, bleiben im Defensivmodus oder rücken vor zu Wegpunkten, die ihr Herr und Meister festlegt. Der Rest schmeckt schwer nach vereinfachter Echtzeitstrategie: Als „Rohstoffe“, um Einheiten zu beschwören, dienen Fans. Diese liefern stets ein gewisses Maß an Energie, wodurch immer eine Grundversorgung gewährleistet ist. Außerdem lassen einen die treuen Metal-Apostel von den Toten auferstehen, falls ihr Anführer im Gefecht mal die Gitarre abgibt – dadurch verliert ihr allerdings auch 50 eurer Gefolgsleute.

Um den Ressourcenfluss zu steigern, erobert und verteidigt man sogenannte Fan-Geysire, wobei auf jeder der sieben Mehrspieler-Karten mindestens eine dieser Energiequellen existiert. Damit die Metal-Jünger sich euch anschließen, müsst ihr ein kurzes Gitarrensolo hinlegen, das ähnlich wie bei Musikspielen à la Guitar Hero abläuft. Derlei Reaktionstests sind übrigens auch nötig, um mit der Klampfe spezielle Kampfmanöver auszulösen, also etwa Erdbeben oder Blitzschläge. Die Soli unterscheiden sich nicht durch Schwierigkeitsgrade, wie Schafer auf Nachfrage erklärt, sondern lediglich durch die Dauer.

Wer über eine größere Zahl an Fans und damit mehr Menschenmaterial verfügt, kann entsprechend mehr oder stärkere Truppen ausheben. Letztendlich geht es dann darum, die Basis des Gegners zu zerstören. Wobei es sich bei den Stützpunkten um Konzertbühnen handelt, die aufrüstbar sind.