CoD: Modern Warfare 2
Der nächste große Wurf?
Infinity Ward hat sich in der letzten Zeit keine Freunde gemacht. Erst der ganze Ärger um die dedizierten Server, dann einige seltsame Äußerungen des Community Managers und als krönender Abschluss ein geleaktes Video einer umstrittenen Terroristen-Mission, in der es um das Abschlachten von hilflosen Zivilisten geht. Man könnte fast meinen, die Amerikaner hätten es nicht nötig, auf Presse, die Fans und den guten Geschmack Rücksicht zu nehmen. Trotzdem ist der Hype ungebrochen und die Zielgruppe verschlingt seit mehreren Monaten jeden News-Schnippsel, jede Vorschau und jede aufgeschnappte Twitter-Meldung.
Doch ist das Spiel diese ganze Aufregung wirklich wert? Gelingt Infinity Ward nach dem wirklich sensationellen Modern Warfare mit dem zweiten Teil ein ähnlich großartiger Wurf? Kaum rotiert die DVD das erste Mal im Laufwerk, lässt sich zumindest bei mir eine freudige Erwartung feststellen. Der treibende Soundtrack – von Hollywood-Zauberer Hans Zimmer -, die ersten Zwischensequenzen und das obligatorische Trainingslager. Die Spannung steigt. Aber nach der Anfangs-Euphorie macht sich in den ersten Missionen Ernüchterung breit. Auch Infinity Ward kocht scheinbar nur mit Wasser.
Der Auftakt führt euch mal wieder in den Irak. Terroristen ausräuchern. Beige Lehmgebäude, gleißende Sonne und das Geknatter eures Sturmgewehrs. Danach werft ihr euch hinter eine, auf einem Jeep montierte Gatling-Kanone und mäht im Zehner-Pack Aufständige nieder. Eine deutlich schlechtere Einleitung als beim Vorgänger, der mit seiner Erschießungsszene und der Frachter-Mission schon zu Beginn Zeichen setzte.
Wie gehabt, erscheinen die recht intelligenten Gegner nach dem Überschreiten eines imaginären Schalters. Stark geskriptet und vor allem zu Beginn enorm in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt, liefert ihr euch harte, etwas uninspirierte Gefechte. Die Schlachtfelder fallen zwar gerade zum Ende hin deutlich größer aus und bieten zumindest scheinbar genug Platz für alternative Taktiken, doch oft gibt es nur einen, „richtigen“ Weg. Egal ob ihr einen Evakuierungs-Hubschrauber, eine Zielperson oder ein rettendes Waffen-System erreichen müsst: Haltet ihr euch nicht an die Vorgaben, werdet ihr von den ständig nachströmenden Feinden einfach überrannt.
Ja, im Eifer des Gefechts fallen solche Krücken selten auf und einige Stellen sind gerade auf den niedrigeren Schwierigkeitsgraden mit viel Können schaffbar, trotzdem zerstören sie manchmal die Illusion, wirklich aktiv am Geschehen teilzunehmen. Wie ein Schauspieler müsst ihr euch an das Drehbuch halten, damit der Film weitergeht. Zum Glück ist es ein spannender, aufwühlender Streifen, den ihr übrigens nicht gemeinsam mit Freunden bestreiten könnt – für den KoOp ist der Spec-Ops-Modus zuständig. Immerhin fühlen sich die Waffen wieder einmal fantastisch an. Mit satten Sound-Effekten unterlegt, zucken sie glaubwürdig in euren Händen und jagen einen Hagel Bleigeschosse auf eure Feinde, die bei jedem Treffer brachial nach hinten gerissen werden. Das ist Gun-Porno pur und noch immer das Maß aller Dinge.
Die Grafik hat nur einen kleinen Schritt nach vorne gemacht. Knackigere Texturen, mehr Details und ein paar neue Grafik-Effekte. Nichts aufsehenerregendes, aber immer noch wunderschön. Kein anderes Spiel bekommt solch brutale, schrecklich-schöne Schlachtengemälde hin. Der Plattform-Vergleich: Die PS3-Fassung sieht einen Tick schicker als die Xbox-Fassung aus, dafür leidet die Framerate in Action-reichen Szenen unter Schluckauf. Die PC-Fassung ist, mal wieder, mit einer deutlich höheren Auflösung, erstklassigen Texturen und der besten Steuerung das Maß aller Dinge. Wer voll aufdreht, sollte aber auch zumindest einen Mittelklasse-PC (Dual Core, 8800GT/4850) im Haus stehen haben. Mal ganz abgesehen von der Multiplayer-Problematik (siehe unten) die beste Version.
Nach dem inhaltlich etwas enttäuschenden Einstieg werden die einzelnen Protagonisten vorgestellt. Alte Bekannte, wie John „Soap“ McTavish, aber auch neue Helden, wie Gary „Roach“ Sanderson, sorgen für eine recht stimmige Geschichte. Anfangs wirken die losen Handlungsfäden noch etwas wirr. Es fällt schwer, der komplexen Geschichte zu folgen. Die meisten Informationen bekommt man in den schnell geschnittenen, hoch militärischen Zwischensequenzen. Ihr werdet um den Globus gejagt, um den Terroristen Makahrov auszuschalten, müsst viel patriotisches Gelaber ertragen und nehmt an der oben erwähnten Terror-Mission teil, die in der deutschen Version geschnitten wurde und für einige Magenschmerzen sorgt.
Leichen pflastern den Boden, ohne Gnade mäht sich die Terror-Zelle durch die Besucher des Moskauer Flughafens. Es ist zum Teil wirklich grausam mit anzusehen, wie sich Verletzte schreiend davonschleppen, während ihr und eure Kollegen gnadenlos draufhalten. Als CIA-Agent müsst ihr mitmachen, um eure Tarnung nicht auffliegen zu lassen. Es sind lange, qualvolle Minuten.