CoD: Modern Warfare 2
Der nächste große Wurf?
Erst in der zweiten Hälfte geht es gegen Polizisten und Spezialkräfte. Und erst hier traut man sich wieder durchzuatmen und das bisher erlebte weit hinten in der Erinnerung abzuspeichern. Ohne wirklich Reflexion innerhalb der Geschichte bleibt es euch überlassen, ob diese Szene Sinn ergibt. Grundsätzlich bin ich ja für die Weiterentwicklung des Mediums. Für umstrittene, aufwühlende Momente. In Modern Warfare 2 wirkt das Ganze aber eher wie Effekthascherei. Provozieren um des Provozierens-Willens.
Danach nimmt die Geschichte und damit auch das Spiel Fahrt auf. Infinity Ward zitiert dabei ständig den Vorgänger. Ihr müsst euch wie bei der Tschernobyl-Mission ungesehen durch starke Gegnerverbände schleichen, wie bei der Gunship-Mission eine gesichtslose Predator-Drohne steuern, abwechselnd gewaltige Verteidigungsschlachten und intime Spezialmissionen bestehen. Höhepunkte, wie etwa die Atombomben-Explosion im Vorgänger, fehlen. Nichtsdestotrotz werden gleich mehrere Hauptdarsteller der Geschichte geopfert. Mit jedem neuen Angriff, jeder verzweifelten Flucht und jeder noch so erschüttenderen Entwicklung zieht euch das Spiel langsam, aber sicher immer tiefer in eine Welt voller Terroristen, fehlgeleiteter Patrioten und wahnwitziger Gegner-Konstellationen.
Zwischendurch könnt ihr euch kaum vom Joypad losreißen. Fiebert mit, wenn ihr verzweifelt versucht, einen Anschlag zu stoppen. Schreckt überrascht zusammen, wenn ihr mitten im dichten Schneetreiben auf einmal einem Trupp Gegner in den Gewehrlauf blickt. Und müsst sprachlos zuschauen, wie eine lieb gewonnene Figur nach vielen, brutalen Missionen mit einem simplen Pistolenschuss ihr Leben aushaucht. Das ist auch ohne die definierenden Momente aus dem Vorgänger wieder einmal großartige Action-Unterhaltung, die mit ihren 18 Missionen diesmal sogar etwas länger ausfällt. Erst nach ca. sieben, acht Stunden ist auf dem normalen Schwierigkeitsgrad Schluss. Wer sich an Veteran heranwagt, dürfte aber deutlich länger beschäftigt sein.
Für viele Spieler ist das Ende der Kampagne aber sowieso der Auftakt zum eigentlichen Kern des Spiels. Doch während der Multiplayer von Modern Warfare mit seinem Rollenspiel-ähnlichen Erfahrungs-, Ausrüstungs- und Fähigkeiten-System die Welt der Online-Shooter im Sturm eroberte, liefert der zweite Teil eher Detailverbesserungen. Konsequent werden bestehende Stärken ausgebaut und Schwächen entsprechend ausgemerzt.
Zum Beispiel wurde die gesamte Killstreak-Mechanik komplett überarbeitet. Bisher bekamt ihr für drei oder mehr Kills ohne zu sterben immer die gleichen, äußerst hilfreichen Spezialattacken. Im Nachfolger dürft ihr jetzt selbst auswählen, wie ihr eure Gegner in Grund und Boden bombt. Neben einigen Comebacks, wie dem Luftangriff, dem Kampfhubschrauber oder der Drohne, gibt es jede Menge frisches Material.
Ihr könnt das Schlachtfeld mit einem Gunship zerlegen, Selbstschussanlagen aufbauen oder den Radar der anderen Fraktion stören. Ab Level zehn dürft ihr die verschiedenen Fähigkeiten selbst zusammenstellen. Außerdem gibt es erstmals sogenannte Deathstreaks. Werdet ihr mehrere Male hintereinander erledigt, ohne selbst einen Feind zu erwischen, wird zum Beispiel für eine bestimmte Zeit eure Lebenenergie erhöht oder aber ihr könnt von euren Peinigern die Waffenzuladung abkupfern. Und auch die neuen Perks, Waffen und Ausrüstungsgegenstände begeistern durch ihr Ausgewogenheit. Ihr könnt Leuchtfackeln an der Front platzieren, um euch lange Laufwege zu ersparen, werft selbstklebenden Plastiksprengstoff auf eure Opfer und dürft dank dem Perk Marathon unendlich rennen. Die taktischen Möglichkeiten sind gewaltig.
Zwei neue, auf den ersten Blick wenig aufregende Spielmodi ergänzen die 12 bisherigen Varianten. Doch wie schon in meiner ausführlichen Vorschau zum Multiplayer von Modern Warfare 2 erwähnt, spielen sich sowohl das altbekannte Capture the Flage als auch die Search & Destroy-Variante Demolition dank einiger netter Kniffe erfrischend anders. Während bei ersterem der Flaggenklau einige Sekunden in Anspruch nimmt und so die Verteidigung erleichtert, könnt ihr beim Bombenlegen nach eurem Tod sofort wieder einsteigen. Minutenlange Wartezeiten fallen so flach, ohne den taktischen Anspruch außer Acht zu lassen.