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Call of Juarez: The Cartel

How the West was lost

Ein echtes Problem jedoch bereitet die Zielsicherheit der Gegner auf große Distanzen. In der Entfernung verwandelt die Optik, teilweise sogar als Fokussier-Effekt gewünscht, vieles in Grafikmatsch, der es noch schwerer macht, die Feinde zu erkennen. Besonders in den letzten Stages weiß man erst nach dem dritten Tod, wo denn der eine stereotype Gangsta seinen Kopf hervorsteckte. Die Feinde selbst sind durch die Bank billige Abziehbilder spät-90er Ghettofantasien mit Rastas und Goldkettchen. In einigen Umgebungen wie einem dicht bewaldeten Nationalpark hat das humoristisches Potential, aber sonst langweilen sie praktisch sofort. Der Hubschrauber aus dem ersten Bosskampf hatte da noch die meiste Persönlichkeit.

Die KI tut ungefähr das, was man erwarten kann, ohne aufzufallen, was heißt, dass sie nicht stört. Weit schlimmer ist die Unberechenbarkeit der Umgebung. Rote Fässer explodieren, wie sie sollen, aber das tun auch manche Autos, und zwar so, als wären sie aus C4 gebaut. Andere dagegen interessiert selbst Dauerbeschuss nicht.

Leider weiß man das nie vorher, sodass man schnell mal Muni und Möglichkeit vergeudet, nur um ein nicht zerstörbares Objekt zu beharken, dessen beinahe identisches Gegenstück sich nach fünf Kugeln in einen Feuerball verwandelte. In Hollywood explodieren Autos halt wirklich nur, wenn sie es sollen. Die Modelle sind dabei auch noch so primitiv, dass man zwar die Scheiben zerschießen kann, aber nicht den Gegner dahinter, der gut durch die Glasreste zu sehen ist.

Der Multiplayer jenseits des Koop ist vorhanden, ohne dass man groß mehr dazu sagen kann. Keine echten Modi, einfach nur ein wenig sinnfreies Aufeinanderballern, das war es auch schon. Praktisch jeder andere Shooter bietet da mehr. Der Koop zu dritt könnte sicher mehr reißen, wenn man nicht davon ausgegangen wäre, dass zu dritt spielen automatisch einen deutlich unterdurchschnittlichen Shooter in etwas Besseres verwandeln würde. Möglichst unbeobachtet zwei willkürlich verteilte, blinkende Objekte einsammeln zu müssen, wirkt unterdessen so hilflos beliebig, dass man dabei zugucken kann, wie sich die eigentlich gute Idee der gegenläufigen Interessen in der Ecke zusammerollt und stirbt.

Call of Juarez: The Cartel - Gameplay-Video

Die Idee, eine etablierte Serie in ein anderes Setting zu übertragen, kann funktionieren, aber wenigstens sollte man dabei den eigenen Qualitätsstandard halten können. Neben dem inhaltlich-atmosphärischen Gesamtdesaster, das Call of Juarez: The Cartel darstellt, machten die Spielmechaniken einen echten Schritt zurück. Weg vom ordentlich umgesetzten 12-Uhr-Mittags-Shootout hin zu beliebig austauschbaren Feuergefechten in generischer Gang-L.A.-Landschaft. Bestenfalls mittelmäßiges Wegwerf-Shootern, gezogen auf zehn dröge Stunden. Es gibt schlimmere Spiele in dem Genre, aber dabei denke ich dann bereits an Filmadaptionen und Rogue Warrior. Man muss die Messlatte beim Cartel schon ziemlich niedrig anlegen, um was Nettes zu sagen.

Selbst der Koop kann das Ganze in keiner Weise retten oder auch nur interessanter gestalten. Es bleibt austauschbar bis nervig, voller mechanischer, inhaltlicher und vor allem technischer Löcher. Die Optik liegt auf dem Niveau der ersten Gehversuche der 360, was nach zwei vorangegangenen Spielen aus dem gleichen Studio, die beide deutlich besser waren, fasziniert. Call of Juarez: The Cartel ist nicht nur überflüssig, es ist primitiv, in vielerlei Hinsicht ärgerlich und praktisch durchweg langweilig. Eine unnötige Verschwendung von Zeit und Ressourcen.

Call of Juarez: The Cartel ist ab sofort für Xbox 360, PS3 und PC erhältlich.

4 / 10

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