Catherine
Von Schafen und Seitensprüngen...
Über kaum ein Spiel wurde so viel spekuliert, diskutiert und berichtet wie Atlus' Catherine. Gründe dafür gibt es sicherlich viele. Immerhin ist Catherine eine Entwicklung des Persona-Teams, die mit den großartigen PS2-Rollenspielen Persona 3 und 4 eindrucksvoll gezeigt haben, das auch ein in den Augen vieler Spieler so konservatives Genre wie das japanische Rollenspiel für die eine oder andere Überraschung gut sein kann.
Vielleicht liegt es aber auch an Atlus' zugegebenermaßen ziemlich schlüpfrigem Marketing... so ziemlich jedes Artwork und jede PR-Aktion schob Titelfigur Catherine, die blondeste Versuchung seit Erfindung des Seitensprungs, in den Mittelpunkt. Die durfte dann mit laszivem Blick, tiefem Ausschnitt und einem Kleidchen, das in manchen US-Bundesstaaten die Ordnungshüter auf den Plan rufen würde, die männliche Spielerschaft bezirzen, und erweckte letzten Endes den Eindruck, Atlus würde hier die Grenzen der Altersfreigabe ausführlich ausloten.
Ich glaube aber eher, dass Catherine ganz enorm vom Reiz des Neuen, des Ungewöhnlichen profitierte. Auf dem Spielemarkt regieren fast ausschließlich pubertäre Machtphantasien in Form von abgebrühten Supersoldaten, muskulösen Fantasy-Helden und kurz geschorenen Weltraumkriegern das Geschehen und letzten Endes läuft es doch immer wieder auf schlagkräftige Konfliktlösung hinaus. Da erregt ein Spiel um einen dreißigjährigen Durchschnittstypen, der zwischen zwei Frauen steht und unter mysteriösen Albträumen leidet, doch mal auf angenehme Weise Aufmerksamkeit. Außerdem hat Catherine aufrecht gehende Schafe mit Krawatte.
Und jetzt ist Catherine also da. Noch nicht ganz in Europa (hier wird sie in den nächsten Monaten aufschlagen), aber zumindest doch in den USA. Mal sehen, was an Catherine denn nun wirklich dran ist: Immerhin konnte Nischen-Anbieter Atlus in den ersten sechs Verkaufstagen beeindruckende 78.000 Exemplare absetzen. Das ist mehr als nur ein Achtungserfolg und nebenbei gleich noch Atlus' bisher erfolgreichster Produktstart.
Hauptfigur Vincent ist ein absoluter Durchschnittsbursche. Er ist 32 Jahre alt, hat einen normalen Bürojob und kam vor ein paar Jahren irgendwie mit seiner ehemaligen Schulkameradin Katherine zusammen. Das kann man sicher als den bisherigen Höhepunkt in seinem ruhigen Slacker-Leben bezeichnen. Doch das wird jetzt ordentlich durcheinandergebracht. Zum einen macht ihm Katherine Druck. Sie sind beide über 30, die biologische Uhr tickt und die eher dominante Dame denkt mittlerweile offen übers Heiraten und über Nachwuchs nach. Vincent fühlt sich dabei nicht gerade wohl, für ihn könnte einfach alles so bleiben, wie es ist.