Crysis - Testbericht
Intelligent, stark und gutaussehend
Natürlich gewinnt die Geschichte von Crysis keinen Orginalitätswettbewerb. Crytek hat ganz bewusst ein Best-Of des Science Fiction-Genres abgeliefert, das aber deutlich stimmiger ist als beim Vorgänger. Auch beim Design der Figuren und Charaktere wurden wild militärische Prototypen, „Krieg der Welten“ und „Alien“ miteinander vermischt. Dafür ist ihnen mit der Nanosuit ein großer Wurf gelungen, der dem Gameplay eine ordentliche Portion Innovation verpasst.
Diese High-Tech-Rüstung verpasst den Marines nahezu übermenschliche Fähigkeiten, ohne dass sie unverwundbar werden. Nicht jede der vier Einstellungen (Stärke = weiter springen, schwerer Tragen; Tarnung = nahezu unsichtbar; Rüstung = stärker gepanzert, Geschwindigkeit = schneller schießen/bewegen) ist zwar sinnvoll, das neue Spielzeug erweitert hingegen die Möglichkeiten enorm. Wer es unbedingt möchte, kann mit der Rüstungseinstellung auch recht klassisch durch die Gegend ballern.
Wir stecken mitten in einer Gegenoffensive. Amerikanische Truppen sind unterwegs und wir brauchen Luftunterstützung, um die nordkoreanischen Invasoren von der Insel zu vertreiben. Leider können unsere Bomber erst dann in den Kampf eingreifen, wenn wir den Störsender und die letzte Luftabwehreinheit beseitigt haben. Wie ist egal, hauptsache ich infiltriere den Hafen, schalte die Verteidiger aus und jage alles in die Luft.
Man fühlt sich bei Crysis an vielen Stellen zwar noch immer als Einzelkämpfer, doch es gibt auch gewaltige Schlachten, in denen man mit einer ganzen Truppe gegen den Feind zieht. So stellt sich schnell ein Call of Duty-Feeling ein, nur dass die eigentliche Spielmechanik deutlich intelligenter ausfällt. Leider sind nicht alle Action-Bubbles so genial designt wie der Hafen und man vermisst unter all dem Urwaldgestrüpp eine richtiges Stadtgebiet. Gerade Far Cry-Veteranen haben sich schnell satt gesehen, bekommen aber in der zweiten Hälfte frische Szenarien geliefert.
Bevor ich mich ins Gefecht stürze, sondiere ich erst einmal die Lage. Es gibt mehrere Wege in die Anlage. Mit der Stärke-Einstellung könnte ich einfach über die Mauer springen, mich mit der Tarnung von hinten hinein schleichen oder aber durch die Kanalisation direkt im Wespennest auftauchen. Natürlich gibt es auch den Haupteingang, dort aber warten Maschinengewehr-Nester und Scharfschützen auf mich. Ich wähle den Sprung über die Mauer und hoffe, dass ich mein erstes Ziel mit dem Raketenwerfer ausschalten kann.
Selbst auf „Normal“ macht es Sinn, sich genau zu überlegen, wie man eine solch große Anlage wie den Hafen angreift. Ohne Plan machen Euch die intelligenten Gegner das Leben zur Hölle. Crytek liefert verschiedene offensichtliche Zugänge und lässt Euch sehr viele Freiheiten. Kein Durchgang spielt sich so wie ein anderer. Ständig muss man auf der Hut sein. Nie weiß man, wo der nächste Feind auftauchen wird. Leider sind nicht alle Abschnitte so kongenial geworden. Gerade der Einstieg und eine der Alien-Missionen sind nur Durchschnitt, trotzdem hält das Spiel die Spannung über die gesamte Spielzeit.
Zwei Sprünge später sitze ich auf einem Container und sehe den Flakpanzer in nur 200 Meter Entfernung. Statt getarnt eine Sprengladung anzubringen, zücke ich den Panzerschreck, lege an und schalte mein erstes Ziel aus. Leider ging damit meine Tarnung flöten und ca. 200 Soldaten machen sich daran, mir die schicke Nanosuit vom Leib zu schälen. Von allen Seiten werde ich attackiert. Ein harter Kampf mit eingeschaltetem Rüstungs-Update entbrennt, bei dem ich mehrmals keuchend in der Deckung sitze und warte, bis meine Vitalzeichen wieder stabil sind.