Dark Void
Rocket 'round the clock
Hoverboards führen gerade die Hitlisten der Dinge an, die es immer noch nicht gibt, obwohl sie uns die Filmschaffenden für diesseits der Zukunft doch eigentlich versprochen hatten. Und ganz ungeachtet der Tatsache, dass diese Sorte Scherz zur Jahreswende so langsam Spinnenweben und Insektenkadaver im Bart hat und bitte erst in 90 Jahren wieder bemüht wird, bin ich ein bisschen sauer auf Zurück in die Zukunft II.
Eine viel bessere Zukunftstechnologie, die immer noch nicht Serienreif ist, ist nämlich - wie jeder weiß - der Raketenrucksack. Dank Zemeckis' Zeitreisestreifen spricht allerdings niemand mehr davon, obwohl mir schleierhaft ist, wie der verwirklichte Traum vom Fliegen gegen ein rosa Stück Gleitplastik aus dem Hause Mattel verlieren kann. Ich weiß, ich weiß. Jetpacks sind so 60er. Trotzdem ist Dark Void ein unglaublich überzeugendes Plädoyer für düsenbefeuertes Himmelsstürmertum geworden, auch wenn der Shooter ansonsten mit Nachbrenner an einer Menge Potenzial vorbeischießt.
Dark Void spielt Ende der 30er Jahre in einem durch die Faschisten gelinde gesagt unangenehm aufgeheizten Weltklima. Entwickler Airtight Games hat aber glücklicherweise eher eine Art Sci-Fi-Indiana-Jones oder - wenn man so will - retro-futuristisches Uncharted im Sinn als ein Prequel zu Medal of Honor. Mit dem Piloten Will stellt man euch einen charmanten, wenn auch extrem durchschnittlichen Abenteurer an die Seite. Der wird zufällig, wie schon Nathan Drake, exzellent von Nolan North gesprochen und macht nach Uncharted und Dragon Age durchaus Hoffnung darauf, dass Schauspieler und Regie so langsam den Dreh raushaben, wie man ein Videospiel vertont. In fünf bis sechs Jahren schwappt diese Erkenntnis dann hoffentlich langsam auch nach Deutschland rüber.
Wo waren wir? Ach ja: Will und sein Sozius werden jedenfalls gechartert, eine gewisse Britin namens Ava in Richtung Bermuda-Dreieck zu fliegen, wo das Dreiergespann natürlich prompt Bruchlandung erleidet. Im Niemandsland des Dimensionslochs entspinnt sich daraufhin ein Krieg zwischen den dort gefangenen Menschen und einer uralten, nicht-irdischen Präsenz, die aus dieser verlorenen Welt heraus den Aufstieg der Nazis anheizt und lieber heute als morgen aus dem zugigen Nichts wieder ausziehen würde.
Der Prämisse attestierte Kristian in seiner Vorschau noch "Groschenroman-Niveau", womit er durchaus richtig liegt. Allerdings hat man im fertigen Spiel immerhin das Gefühl, es hätte tatsächlich so etwas wie ein Drehbuch gegeben - und eine Geschichte, die zuerst da war und nicht erst nachträglich am Spiel festgezurrt wurde. Auch wenn nicht alle offenen Fragen wirklich geklärt werden und die Inszenierung ein wenig holprig ist, nimmt die "Flugscheiben-im-Bermuda-Dreieck"-Geschichte eine Handvoll unvorhergesehene Wendungen. Und natürlich haben Will und Ava eine gemeinsame Vergangenheit, die in einem ziemlich... effektiven Finale resultiert.
Es ist nicht A-List-Hollywood, aber kommt durchaus in die Nähe einer kohärent erzählten Geschichte. Ein bisschen fühlte ich mich beim Spielen, als wäre ich in einen Trickfilm der Marke Disney's Atlantis oder Don Bluths Titan A.E. gefallen. Eine unterhaltsame Sci-Fi-Eskapade vor abenteuerlicher Kulisse eben. Das ist sicher Geschmackssache, meinen Nerv haben sie damit aber gut getroffen, auch wenn das Artdesign stellenweise stark schwankt.