Darksiders
Links böser, mächtiger Bruder
Ich kann es gar nicht oft genug wiederholen: Darksiders ist kein God-of-War-Klon, kein Devil-May-Cry-Abklatsch und auch kein Next-Generation-Final-Fight. Über weite Strecken hat das Werk des amerikanischen Entwicklers Vigil Games und ihres Masterminds Joe Madureira nicht einmal im Entferntesten etwas mit Sonys Über-Beat'em'Up und seinen vielen Konkurrenten gemeinsam. Vielmehr erinnern die verschachtelten Dungeons mit ihren komplexen Maschinen, Holzkonstruktionen und anspruchsvollen Sprungsequenzen an Nintendos Action-Adventure-Pionier Zelda.
Fast die Hälfte der Zeit seid ihr mit anspruchsvollen Rätseln beschäftigt. Ihr müsst zwar auch immer wieder packende, harte Kämpfe bestreiten, euch gewaltigen Endgegnern stellen und euch mit fast ebenso gewaltigen Dämonen herumschlagen, aber ohne eine dicke Portion graue Zellen werdet ihr in der epischen Kampagne vom großen Frusthammer gleich mehrmals niedergeprügelt. Denn kaum schaltet der Titel in der zweiten Hälfte einen Gang höher, bekommt ihr Puzzles vorgesetzt, die selbst das große Vorbild alt aussehen lassen.
Ja, die Auseinandersetzungen wurden im direkten Vergleich stark aufgebohrt und triefen geradezu vor Blut, doch all das Köpfe abschneiden, Körper in der Mitte auseinanderreißen und Oberkörper filetieren ist nur blutige Show. Der Gameplay-Unterbau fußt auf Prinzipien, die das erste Legend of Zelda 1987 ins Leben rief. Ihr bekommt eine riesige Welt vorgesetzt, die es zu erkunden und zu erobern gilt. Ihr müsst mit eurem sich ständig erweiternden Fähigkeiten-Spektrum drehende Rotorblätter verlangsamen, Kristallkonstruktionen mit Zeitbomben aus dem Weg räumen und Maschinenteile über Hebebühnen transportieren, um Plattformen zu erreichen. Stoßt ihr an eine Barriere, könnt ihr diese später durch ein neues Werkzeug überwinden. Ein altgedienter, einmaliger Gameplay-Kniff, der auch nach über 20 Jahren hervorragend funktioniert.
Nachdem ich mich bei den ersten Durchgängen immer nur in den ersten Gebieten herumtreiben durfte, stand diesmal die gesamte Welt zur Verfügung. Es fehlten einige Zwischensequenzen, die Ladezeiten bewegten sich noch auf Beta-Niveau und es kam immer wieder zu Grafikfehlern. Trotzdem musste ich mich irgendwann zwingen aufzuhören, um mir den finalen Durchgang mit der Vollversion nicht zu versauen. Von Level zu Level, von einem neuen Gameplay-Element zum nächsten wurde das Spiel immer komplexer, abwechslungsreicher und besser.
Und das, obwohl die Story mit ihrem apokalyptischen Handlungsfaden wenig Raum für „menschliche“ Zwischentöne lässt: Ihr spielt den apokalyptischen Reiter Krieg, der fälschlicherweise auf die Welt losgelassen wird. Der Bruch des siebten Siegels, der die Apokalypse einläuten sollte, hat nie statt gefunden. Ihr wurdet betrogen und müsst euch dem Konzil der Mächtigen stellen. Zur Strafe werdet ihr an einen Dämonen gebunden, den Watcher, und wieder auf die Erde geworfen, um den Schlamassel zu beseitigen. Hier unterscheidet sich der Titel am stärksten vom Zelda-Vobild. Während ihr euch in Links Welt durch malerische Ortschaften bewegt, mit Einwohnern redet und kleine Nebenaufträge erfüllt, geht es in Darksiders episch zu.
Die Menschheit wurde mit Stumpf und Stiel ausgeräuchert. Die letzten „Überlebenden“ ziehen als zombieartige Wesen durch die Straßen. Die einstmals blühenden Städte liegen in Ruinen und eure einzigen Gesprächspartner sind Engel, Dämonen und andere, göttergleiche Wesen. Hier geht es um die finale Schlacht zwischen Gut und Böse, nicht um die Hühnerpopulation eines armen Bauern. Entsprechend brachial verlaufen die Gespräche. Hier geht es um Macht, teufliche Bündnisse und natürlich um das Ende der Welt. Wer es gern etwas bodenständiger mag, ist bei Darksiders ganz sicher an der falschen Adresse.