Darksiders
Links böser, mächtiger Bruder
Zuschlagen könnt ihr nämlich nur, wenn ihr euch im vollen Lauf befindet. Reißt ihr das Pferd herum, benötigt ihr dazu beide Hände. Alternativ könnt ihr Gegner auch niedertrampeln oder ihnen mit eurem Revolver einheizen. Außerdem könnt ihr nur mit eurem Pferd gewaltige Lichtbrücken überqueren, die das gewaltige Areal in einzelne Abschnitte unterteilt.
Mit jeder neuen Fähigkeit, jedem neuen Gegenstand und mit jedem schlagenden Herz erweitert sich die Welt von Darksiders. Ein abwechslungsreicher Level jagt den nächsten: Blühende Welten, verwaiste Aschewüsten und heruntergekommene Fabrikanlagen liefern den Unterbau für eine stimmige Gesamtkomposition, die euch immer weiter nach vorne treibt. Trotzdem lohnt es sich, auch alte Abschnitte über das Teleporter-System zu besuchen. Mit euren neuen Kräften könnt ihr Teile einer mächtigen Rüstung finden, eure Lebensenergie erweitern und den Einsatz der Spezialangriffe verlängern. Aus der zu Beginn sehr linearen Spielerfahrung wird so zum Ende hin eine offene Welt, die Forschergeist belohnt. Zusammen mit dem knackigen Schwierigkeitsgrad eine Herausforderung der alten Schule, kein weichgespültes Action-Feuerwerk für Casual-Gamer.
Doch am deutlichsten unterscheidet sich Darksiders von God of War und Konsorten bei den epischen Endgegner-Kämpfen. Kein Obermacker lässt sich durch pure Waffengewalt oder ausufernde Quicktime-Events bezwingen. Geschickt nutz ihr das komplexe Levelinventar und euer abwechlsungsreiches Arsenal. Mal müsst ihr mit Bahnwagons einen Schutzwall schaffen, mal mit eurem Enterhaken Deckung zerbröseln oder auf eurem Pferd Ruin vor einem mächtigen Sandwurm fliehen. All das spielt sich nicht nur abwechslunsgreich, sondern fordert auch eure Kombinationsgabe. Erfrischend zwischen all den Action-Blockbustern der einfachen Sorte.
Allein bei der Technik müsst ihr Kompromisse eingehen. Das Artdesign ist dank Comic-Zeichnerlegende Joe Madureira zwar einmalig, doch was Effekte, Level-Geometrie und Texturen angeht, kann Darksiders nicht ganz mit der Konkurrenz mithalten. Dank des stimmigen Gesamteindrucks fallen diese Mankos zwar kaum ins Gewicht, trotzdem ärgert man sich immer wieder über flache Texturen, die zum Teil holprige Framerate oder karge Räume. Hier sieht man dem Spiel seine lange, nicht immer einfache Entwicklungsgeschichte an. Angesichts der spielerischen Qualitäten kein Beinbruch, aber ein störendes Haar in der sonst hervorragenden Gameplay-Suppe.
Wem God of War 3 zu protzig, Bayonetta zu japanisch und Dante's Inferno zu flach ist, könnte mit Darksiders genau dir richtige Mischung aus Action-Adventure und Beat'em'Up finden. Eine dicke Portion Zelda, einige anspruchsvolle Rätsel- und Sprungpassagen sowie Reit- und Flugsequenzen ergeben ein episches Abenteuer, das aber unter ein paar Grafik-Mankos und einer eher rudimentären Story zu leiden hat. Ja, die versammelte Konkurrenz sieht technisch etwas besser aus, liefert aber auch kein Open-World-Szenario. Und ja, die Geschichte bietet neben der epischen Haupthandlung keine netten Nebenquests, die die Apokalypse etwas auflockern.
Trotzdem zieht euch Darksiders nach ein paar Stunden unweigerlich in sein komplexes Geflecht aus stimmigem Artdesign, abwechslungsreichen Spielinhalten und prächtigen Actionsequenzen hinein. Ständig gibt es etwas Neues zu entdecken, Waffen auszuprobieren oder beeindruckende Kulissen zu bestaunen. Kurz: Wer das Zelda-Szenario schon immer etwas zu konservativ fand, aber das Gameplay der einmaligen Action-Adventures liebte, wird hier fündig. Für mich persönlich vereint Darksiders damit das Beste aus zwei Welten. Nun müssen nur noch die letzten Fehler beseitigt werden und ich werde mich freudig in das Ende der Welt stürzen. Für mich schon jetzt ein absolutes Action-Adventure-Highlight des spielemäßig überraschend starken Frühjahrs 2010.
Darksiders erscheint am 5. Januar 2010 für PS3 und Xbox 360.