Devil May Cry 4
Na, wer wird denn da gleich heulen?
Dieses Feature fand bei mir in der Praxis aber nur selten Anwendung. Es ist einfach ein wenig unpraktisch, eben weil pro Stufe drei Mal kräftig der Trigger durchgezogen werden muss und sich Nero währenddessen nur sehr langsam bewegt. Unterm Strich ist dies aber die einzige verhältnismäßig sinnfreie Ergänzung zum Kampfsystem.
Wesentlich interessanter ist Neros rechter Arm: Der sieht nämlich scheußlich dämonisch aus, aber die Frauen scheinen irgendwie darauf zu stehen (die „wolllustige Gloria“ etwa). Außerdem verschafft der ihm nicht nur im Kampf den einen oder anderen Vorteil. Einige Gegner zieht er damit selbst über Distanzen zu sich heran und verkürzt so Stil-schädigende Gegner-Engpässe mit nur einem Handgriff. Und auch für einige Feindesabhängige Techniken taugt der schlecht manikürte Grabscher. An bestimmten Stellen kann sich Nero damit außerdem von einem Ankerpunkt zum nächsten ziehen.
Am Ende jeder Mission legt Euch das Spiel wie immer ein Zeugnis hin, in welchem Euer Style, die gefundenen Red Orbs (die Währung, die Ihr an bestimmten Stellen im Spiel gegen nützliche Items eintauscht) und das Tempo benotet werden. Für höhere Rankings gibt es mehr so genannten „Proud Souls“, mit denen Ihr neue Kombos oder Spezialattacken ersteht. Diese dürfen erstmals bei Nichtgefallen sogar wieder umgetauscht werden.
Neben der schicken Note, die sich in den neuen Online-Leaderboards und in dem eigenen Selbstbewusstsein sehr gut macht, stellt dieses System eine große Verlockung dar, seinen Kampfstil zu perfektionieren. Selbst wenn Ihr eigentlich nur für schnelle und hirnlose Action dabei seid, werdet Ihr jede Mission gleich mehrere Male spielen, um Nero möglichst bald mit den besten Techniken auszustatten.
Dann sind da noch die Bosse. Die sind ebenfalls in bester Serientradition spektakulär, schwer und mit der richtigen Taktik trotzdem nahezu Verlustfrei zu erlegen. Und damit sind sie wie immer ein gelungener Schlusspunkt unter den schweißtreibenden Missionen, die ohnehin schon oft auf dem letzten Zentimeter Lebenskraft ausgetragen werden. Ich würde nicht so weit gehen und die DMC 4-Endgegner als die besten der Serie bezeichnen – denn das sind sie nicht. Trotzdem sind sie durch die Bank weg sehr gelungen.
Devil May Cry 4 hält also große Stücke auf die Serientugenden. Leider hält es aber auch an Dingen fest, die dem Spielgenuss eine deutliche Schieflage verpassen. Zum einen wäre da die Tendenz, die Spieldauer mit billigen Mitteln zu strecken. Zum Beispiel mit dem Level-Recycling, das man später im Dante-Part über sich ergehen lassen muss. Oder mit der gemeinen Angewohnheit, immer die Türen zu versiegeln, sobald Gegner anwesend sind. Dem Spieler ohne wenn und aber die Gefechte aufzuzwängen, ist einfach nicht die feine Art.
An vielen Stellen wirkt DMC 4 wie ein Spieldesign-Relikt aus vergangen geglaubten Zeiten. Jedes, wirklich jedes noch so offen anmutendes Areal wird von unsichtbaren Wänden an den unnötigsten Stellen eingepfercht. Einige Barrieren erstrecken sich sogar noch einen Meter vor einem natürlichen Hindernis, das den Weg ohnehin blockieren würde. Das ist für sich genommen kein großes Problem, dennoch wirkt die Spielwelt an diesen Stellen tot und gespenstisch kulissenhaft.
Die Glaubwürdigkeit der Welt leidet auch an den typischen Capcom-Rätseln und die Art, wie sie in das Level-Design integriert wurden. „Denksportaufgaben“ der Sorte, bei der man sich an einer Abzweigung für einen von beiden Wegen entscheiden muss. Nur um an dessen Ende natürlich vor einem Hinderniss zum Stehen zu kommen, das einem nahelegt, dass man zuerst den anderen Weg hätte nehmen müssen.