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Tomb Raider: Anniversary

Alte Liebe rostet nicht

Ein Wiedersehen mit einer alten Liebe kann eine sehr zweischneidige Sache sein. Es kann einen daran erinnern, dass die Zeit für nichts und niemanden stehen bleibt und man gelegentlich mit ein paar Erinnerungen besser bedient ist als mit einem Treffen nach einer Ewigkeit. Ich denke gerne dabei an meine Zeit mit Lara zurück. Vor elf Jahren waren wir das erste Mal vereint und viele Nächte verbrachten wir voller Glück miteinander. Alles war so neu, so schön und so unbekannt.

In einem Anflug von nostalgischer Verklärtheit warf ich dann vor einigen Monaten die alte Playstation-CD ins Laufwerk und wich entsetzt vor dem zurück, was ich eigentlich in meinem Herzen für heilig hielt. Und so war ich skeptisch als dann Lara diese Woche erneut an meine Tür klopfte und sie meinte, dass sie sich extra für dieses Wiedersehen in neue Kleider geworfen hätte. Aber jeder verdient eine zweite Chance und ich ließ sie ein. Ich sollte es nicht bereuen. Tomb Raider Anniversary hat uns wieder zusammengebracht und ein paar wilde Nächte beschert. Wie in alten Zeiten.

Um genau zu sein, noch wilder, denn während ihrer Abwesenheit hat Lara nicht nur ein wenig Make-up aufgelegt, sondern ein paar neue Moves gelernt, so dass Tomb Raider Anniversary mehr eine Reminiszenz an das Original als eine einfach nur aufgehübschte Neuauflage darstellt. Besonders in einem Punkt kann man dies nur begrüßen, denn wenn Ihr Euch zurückbesinnt bestand der Grundstein von Laras Bewegungsmustern vor langer Zeit in genau abgezählten Minischritten. Wer ein Trippelschritt zu spät absprang lernte schnell und unsanft das Konzept der Schwerkraft kennen.

Jap, das ist der Hintern, in den ich mich vor so langer Zeit verliebte...

Anniversary schickt eine wesentlich beweglichere Lara durch sehr viel homogener gestaltete Levels, bei denen Ihr nicht ständig die alten Baumeister bewundert, wie sie es wohl geschafft haben, auf Laras Schrittlänge abgestimmte Konstruktionen zu schaffen. Die Bewegungen fühlen sich jetzt schlicht und ergreifend richtig an und schon nach kurzer Zeit werdet Ihr kaum einen Gedanken mehr an die Steuerung verschwenden. Sie geht einfach intuitiv ins Blut über und jeder noch so verwegene aber machbare Move gelingt schon bald.

Wer zuvor schon in Legend Erfahrungen mit der Next-Gen-Lara sammeln konnte, wird sich sicher am Schnellsten wohlfühlen. So gut wie alle Bewegungen entstammen diesem Abenteuer, wobei Lara seitdem noch das Balancieren und Abspringen von Säulenspitzen gelernt hat. Eine echte und wirklich gelungene Erweiterung des Originals stellt der ebenfalls aus Legend entliehene Greifhaken dar, mit dem Lara von Zeit zu Zeit sich über besonders tiefe und bedrohliche Abgründe schwingen kann.

Im Original gab es so etwas nicht, folglich mussten die Levels ein wenig Laras neuen Möglichkeiten angepasst werden. Die Handlung um ein verschollenes Artefakt, welche Euch nach Peru, Griechenland, Ägypten und natürlich die Lost City entführt, wurde nicht groß abgewandelt, die Rätsel und die Levels schon.

Noch ein paar alte Bekannte, die sich freuen Lara zu sehen.

Man kann es wohl als kleine Meisterleistung bezeichnen, wenn ein Entwickler es schafft, das Design seines Werkes inklusive der meisten Rätsel umzukrempeln und zeitgemäß zu gestalten, gleichzeitig aber die Atmosphäre des Originals unangetastet lässt. Die Betonung liegt im Gegensatz zu den späteren Tomb Raiders ganz klar auf den Raumrätseln, die teilweise in Ihrer Verschachtelung nur schwer zu überbieten sein dürfen.

Mehr als einmal werdet Ihr beim Forschen und Klettern ganz vergessen, dass Ihr ja eigentlich vor einer halben Stunde losgezogen seid, um ein Zahnrad für eine seltsame Maschine zu finden. Erst wenn es dann nach einer fordernden Kletter- und Hangelpartie vor Euch liegt, erinnert es Euch daran, weshalb Ihr überhaupt gerade hier unterwegs seid und die Teile des Puzzles beginnen zusammenzufinden.