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Der Blick von Außerhalb

Teil 2: Larry, Lara und es ist kein Spiel

Leisure Suit Larry – Sex Sells. Always.

Leisure Suit Larry Slogan: „A 3-D Animated Adventure“

Homecomputer waren in den 80ern die perfekten trojanischen Pferde für die Spielewelt. Auf der einen Seite hatten die Eltern das gute Gewissen, etwas „Nützliches“ geschenkt zu haben, schließlich hing oft genug ein Drucker am C64 oder Amiga. Aber eigentlich ging es nur um eines: LOAD „$“,8,1. Es waren gut getarnte Spielkonsolen. Und die Welt hatte keine Ahnung, nur die Vermutung, dass da auch gelegentlich mal gedaddelt wird.

Wer im harten Arbeitsalltag der 80er steckte, schlug sich mit anderen Kommandos herum, z.B. word.exe auf seinem IBM PC. Es waren reine Arbeitsknechte, mit ihren klobigen Keyboards und, wenn gut ausgestattet, EGA-Monitoren, die ganze 16 Farben darstellen konnten. Aber auch im Monochrom-Modus wurde häufig genug c:\lsl\sierra.exe aufgerufen.

Leisure Suit Larry: In the Land of the Lounge Lizards passte perfekt in eine Zeit, in der Macho seinen Freund Chauvi nicht nur auf jede Party mitbrachte, sondern die beiden auch noch cool waren. Kaum ein männlicher Arbeitsknechtnutzer lachte nicht über den ersten ungeschützten Verkehr der Spielgeschichte oder den Kondom-Joke im Supermarkt. Sex sells (oder häufig genug auch copies...) und zwar auch dort, wo andere Spiel scheiterten und die Leute sonst nichts mit Spielen am Hut hatten.

Der inzwischen leider aus der Industrie zurückgezogene Al Lowe sorgte vielleicht nicht für die bestmögliche Wahrnehmung von Spielen für Computer, aber setze sie definitiv auf die Karte und seien wir ehrlich: Der derbe, aber nie zu billige Humor der ersten Larry-Spiele wurde danach von keinem thematisch ähnlich angehauchtem Spiel wieder erreicht. Schade, denn damit ließen sich auch heute sicher noch jede Menge heimliche Chauvi-Nicht-Gamer vor den Screen locken.

Tetris – Tanz mit demrussischen Bären!

Tetris verbindet.

Tetris Slogan: „From Russia with Fun!“

Jeder kennt Tetris. Und dabei gilt nicht die sonst übliche Einschränkung „jeder Spieler“ kennt es. sondern wirklich jeder. Sei es der Automat, auf dem NES, als Flashgame, auf dem Ipod oder natürlich in der besten Version aller Zeiten, auf dem ersten Game Boy. Irgendwann, irgendwo kam jeder mal mit Alexey Pajitnovs Steinchen in Kontakt. Und sie liebten es alle. Sogar die Frauen.

Die Legende besagt, dass Tetris beim schönen Geschlecht gut ankommt, weil es ihren angeborenen Ordnungssinn befriedigt. Der Container muss schön ordentlich und aufgeräumt sein. Das ist natürlich sexistischer Blödsinn (was ich hier schreiben muss, weil Tanja mich sonst tritt, verdammte Emanzipation) und die Wahrheit ist viel einfacher: Die Frauenwelt wartete einfach auf ein Spiel, das gut genug für sie war, und etwas viel besseres als Tetris muss man schon lange suchen. Der bleibende Einfluss des Spiels auf die Welt außerhalb des Gamings ist aber nicht das Spiel an sich. Es ist der Sound. Der hypnotisierende, piepsige, ohrwurmige und zeitlose 8-Bit Sound in all seiner Glorie. Häufig genug finden sich ein „es klingt wie Tetris“, sobald irgendwo inzwischen sehr populäre Retro-Synthie zum Einsatz kommen.

Letztens erst las ich ein Musikreview zu irgendeiner Teenie-Emo-Band mit entsprechenden Klängen und der Kritiker bediente sich sofort und ohne zu zögern des Vergleiches. Das Time-Magazine, das sicher kaum auf eine reine Gamer-Leserschaft bauen kann, sagte dies vor einigen Ausgaben über die Musik einer Pekinger Live-Show: „The result finds its closest sonic equivalent in the bleeping score of the 1980s video game Tetris (...)“. Und jeder weiß, was gemeint ist. Das ist ist Einfluss.