Der Spiele-Pfarrer
„Kinder müssen ballern und sich prügeln!“
Weil man mit dem falschen Hinweis auf den angeblich ach so zuckersüß friedliebenden Jesus nicht jede Diskussion über das Bedürfnis nach Gewalt platt machen darf. Aggressionsabfuhr und das Empfinden von Wut gehörte auch für Jesus zum emotionalen Repertoire.
Es geht bei der Diskussion um Gewalt und Aggression nicht um die Frage, ob wir sie haben und auch ausleben können, sondern wo die Grenzen liegen, und wie man diese in einem psychisch kompatiblen Maß einhalten kann, sprich: Du sollst nicht töten, den anderen nicht verletzen, auch nicht in seiner Würde herabsetzen. Wie kriege ich dann meine Wut und meine Aggressionen trotzdem los respektive wie integriere ich sie „unschädlich“ in meine Persönlichkeitsstruktur?!
Keine Ahnung, darüber habe ich auch nur gelesen, nie eins selbst gespielt. Aber „christliche Motive“ sollten auch keine Motivation zum Computerspielen sein, sonst wird’s ideologisch, wogegen nach meiner Ansicht Games der Unterhaltung dienen und spielerisch sein sollen.
Ich habe den Eindruck, dass man dort gute Arbeit leistet. Natürlich beurteilen Experten, die solche Spiele gewohnt sind, auch gewalthaltige Anteile in Games gelassener als Menschen, denen das fremd ist. Das Problem besteht aber nicht bei den Einstufungen, die bekanntlich zu den strengsten in Europa gehören, sondern bei der Umsetzung. Und hier meine ich nicht die Größe der Alterseinstufungen auf den Verpackungen oder Alarmsignale an den Verkaufskassen, sondern die mediale und pädagogische Verantwortung von Eltern und auch Schule.
Ach, manches lässt sich in meinem Buch nachlesen, und über den Rest schweige ich hier vornehm (zwinkert). Alles in allem war es aber nicht so wild.
Es kommt natürlich sehr auf die Art des Computerspiels an, ob dort eher kognitive oder motorische Skills „trainiert“ werden. Dass es aber positive Auswirkungen im Bereich von Logik und Kombinationsfähigkeit, Wahrnehmung, Orientierung und Reaktionsgeschwindigkeit und Teamfähigkeit gibt, ist unumstritten. Selbstverständlich ist das, wie immer, auch eine Frage der Dosis. Wer in seiner Freizeit weitgehend nur vor dem Monitor hängt, tut sich unterm Strich nichts Gutes.
Das größte Problem ist in der Tat die Suchtgefahr. Wer aber Spiele in einem für ihn passenden Maß einsetzt, kann je nach Genre durchaus auf positive Auswirkungen setzen. Mehr als zwei Stunden durchschnittlich pro Tag, in der Schul- oder Arbeitszeit eher weniger, halte ich aber nicht für günstig, schon weil dann die Zeit für andere sportliche oder soziale Aktivitäten fehlt oder es auf Kosten des Schlafs geht.
Anstatt gewissen Professoren und Politkern zu vertrauen, die ihre einseitigen und teils extremen Meinungen immer wieder fast unwidersprochen in den Medien äußern dürfen, sich lieber ein eigenes Bild machen – nicht gegen, sondern mit ihren Kindern. Das kann durchaus kontrovers sein und auch damit enden, dass enge Grenzen gezogen und sogar Verbote für bestimmte Spiele ausgesprochen werden.
Aber jedenfalls ist dies im Dialog geschehen und unter größerer Sachkenntnis, als wenn man auf fremde Meinungen ohne eigene Anschauung setzt. Das fördert das Vertrauen auch der Kinder, selbst wenn die im Moment enttäuscht sind, weil sie natürlich lieber keinen Widerstand hätten. Aber Konflikte gehören nun mal dazu, auch Erziehung ist vor allem Beziehung, mit allem, was dazu gehört.