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Deus Ex: Human Revolution

Drei Wege, ein Ziel, Eure Entscheidung

Drei der aktuellen wundern sich nur für Millisekunden, wie er wissen kann, wo sie kauern. Danach war für sie nichts mehr wichtig, während Jensen bereits die nächsten Ziele in dem von hell leuchtenden Flecken erhellten Grau ausmacht. Nur keine Unschuldigen treffen. Er war sicher nicht zimperlich, aber einen an den Stuhl geketteten Verdächtigen niederzuschießen, einfach nur so, ist auch ihm etwas zu viel.

Die Halle gleicht einem Schlachtfeld und ob sein Arbeitgeber mit dem Haufen an Leichen zufrieden sein würde… Nun, darüber könnte er sich später noch Gedanken machen. Ein paar weitere konnten nicht noch mehr schaden. Der Weg hinab in den Keller zur Leichenhalle bietet dafür Gelegenheit. Eine Panzerglastür verwehrt den Zugang, der Polizeiarzt im Inneren musste sie verriegelt haben. Gut, wenn man sich um Geräusche keine Gedanken mehr machen muss.

Das Haftgelee übernimmt in Sekunden die Eigenschaften der Granate und bildet so eine veritable Haftmine. An die Tür geworfen, ein gezielter Schuss folgt, schade, dass der Arzt halbherzigen Widerstand leisten muss. Der gesuchte Chip ist in Jensens Hand. Vielleicht sollte er nicht zurück auf die Straße gehen, es würde nur noch mehr tote Cops geben. Oder auch einen toten Jensen. Zu riskant. Also ab durch die Kanäle unter New Detroit. Einer der Orte, an denen man das „New“ ruhig streichen kann.

Hey, wir kennen uns doch! Lass mich mal kurz rein…

Die Zukunft hält vieles für uns bereit. Ishanti-Bier zum Beispiel.

Jensen sieht auf der Straße niemanden, der ihm bekannt vorkommt. Auch die beiden Cops am Eingang zur Wache sah er nie zuvor. Es würde selbst bei seinem Charme und seiner Menschenkenntnis nicht leicht werden, sich einen Weg in eine gesicherte Polizeistation zu quatschen. Noch ohne einen echten Plan, wie er vorgehen würde, durchschreitet er die Eingangstür.

Ein einziger Blick durch den Raum reicht und sein gutes Personengedächtnis zeichnet sich aus. Nicht bei der Wache an der Tür. Er hat keine Ahnung wer das ist. Aber der Mann hinter dem kleinen dreckigen Tresen, den kennt er. Er kennt ihn sehr gut. Sie beide sind in genau diesem Moment aus ein und demselben Grund hier. Der Befehl damals, als sie beide noch im SWAT-Team waren, gehörte zu denen, die man nie bekommen wollte. Ein Kind mit einer Waffe in der Hand, ein Schießbefehl. Jensen weigerte sich und wurde gefeuert. Wayne schoss, traf und wurde im folgenden Medienrummel begraben. Offensichtlich in dieser dreckigen Wache als gehobener Pförtner.

„Hallo, Wayne.“ Jensens Analysetools interpretieren eine Mischung aus Schreck, Freude, Angst und purer Überraschung, letzteres beinahe zu 90 Prozent. Für diese Auswertung hätte Jensen kaum die Software benötigt. „Wie geht es so? Ich bräuchte deine Hilfe.“ Das Gespräch dauert nicht lange. In Echtzeit filtern die Tools jede Bewegung von Waynes Gesichtsmuskeln und halten Jensen über den Gemütszustand seines alten Kollegen auf dem Laufenden. Er wählt anhand dessen einen sanften Weg, bestätigt Wayne, dass er nicht die Schuld an dem trug, was damals geschah. Innerlich seufzt Jensen. Wayne hätte wie er die Waffe zur Seite legen können. Aber was soll´s. Er ist nicht hier, um echte Gefühle zu suchen. So aufdringlich an sein früheres Leben erinnert zu werden, ist so schon nervenzehrender, als er sich selbst je eingestanden hätte.

Ein erster Blick auf Shanghai.

„Na gut, aber mach schnell. Sonst kriege ich wegen dir nochmal Ärger.“ Ein wenig Geschichtskittung, ein wenig mehr Trost und das Ertragen des ganzen Selbstmitleids seines ehemaligen Kollegen sind der Preis, um sich halbwegs ungehindert in der Station bewegen zu können. Abstand ist wichtig. Nur nicht mit jemanden zusammenrasseln, der zu viele Fragen stellt.

Zügig bewegt sich Jensen in Richtung Keller, passiert mit leichtem Bedauern eine Waffenkammer, in der scheinbar eine Art Plasmawaffe schlummert – zu riskant, nicht heute – und erreicht die Leichenkammer. Gut, dass die Spooks schon durchgerufen haben. Der Arzt stellt keine großen Fragen, tritt einfach nur zwei Schritte zurück und will Jensen lieber nicht zu nahe kommen. Eine gute Entscheidung, selbst wenn Jensen keiner der Agenten war, mit denen er gerade verwechselt wurde.

Mit einer vage freundschaftlichen Verabschiedung in Richtung Wayne verlässt Jensen die Wache auf dem Weg, den er gekommen war, biegt um zwei Ecken und verschwindet in der Nacht.

Der Weg des Ninja ist beschwerlich…

Der Haupteingang der Wache? Keine Option. Die beiden Frischlinge vor der Tür sehen zwar alles andere als schlau aus, nur hätten sie schon blind und taub sein müssen, um Jensen zu übersehen. Das Gebäude grenzt zum Glück nicht direkt an das Dahinterliegende und offensichtlich baute man dieses Stück Alt-Detroit bereits vor der Jahrtausendwende. Eigentlich erstaunlich, dass die Feuerleiter noch nicht komplett verrostet ist. Teilweise ist der wirtschaftliche Zusammenbruch am Anfang des Jahrtausends eine gute Sache: Mit mehr Bewohnern und Smog wäre das Ding bestimmt schon weggemodert.