Deus Ex: Human Revolution
Drei Wege, ein Ziel, Eure Entscheidung
Jensen schiebt eine altertümliche Mülltonne zurecht und schwingt sich zu der wackeligen Leiter nach oben. Das Fenster im zweiten Stock sieht vielversprechend aus und nach einem letzten Blick, ob die Gasse immer noch unbelebt ist, steht er in einer kleinen Abstellkammer. Der Weg nach unten bis in den Keller zu den Leichen würde lang sein, aber er liebt ja eine Herausforderung. Von wegen. Mit einem leicht entnervten Knurren aktiviert er seinen Röntgenblick. Der Weg hinter der Tür scheint frei, niemand in der unmittelbaren Nähe. Zwei Meter hinter der Tür in dem Flur wäre es mit der Unauffälligkeit beinahe vorbei gewesen.
Das Surren verriet die Kamera. Einmal entdeckt, aktiviert Jensen eine kleine Applikation, die er schon seit ein paar Tagen mal ausprobieren will. Der Blickwinkel und Sichtradius des elektronischen Aufpassers blendet sich auf seiner Brille ein und unerkannt pirscht er durch den toten Winkel. Eine weitere Tür versperrt den Weg. Kein Schloss, nur ein Screen. Das System ist mit dem Sicherheitsserver der Wache verbunden. Zeit zu prüfen, ob die neuen Hacking-Tools halten, was der Dealer versprach. Gekostet haben sie immerhin ein kleines Vermögen.
Sie waren ihr Geld wert. Innerhalb von Sekunden isoliert Jensen die zur Tür führenden Knoten und löst den Befehl zum Öffnen aus, lange bevor ihm die Tracer des Servers auf die Schliche kommen und Alarm auslösen können. Oder sein Hirn rösten. Man weiß ja nie, was die heute alles selbst in so einer lumpigen Wache verbauen, seit der Kram so billig ist.
Für die Logs würde es aussehen, als wäre die Tür nie geöffnet worden. Jensen schlüpft hindurch und nur der immer noch eingeschaltete Röntgenblick bewahrt ihn davor, kurz vor der Treppe auf einen Cop zu treffen. Er drückt sich in eine Ecke, ruhig seinen Atem kontrollierend, nur keinen Muskel rühren. Fast hätte es funktioniert. Fast reicht nicht immer. Der Cop muss ihn aus dem Augenwinkel gesehen haben. Fast hätte er nicht mehr aufgeschrien, bevor ihn die lautlose Schock-Pistole ausknockt. Fast. Jensen seufzt und zieht die Heckler aus dem Mantel…
Im dritten Durchgang verließ den freundlichen Eidos-Vorspieler das Glück und der dritte Weg, das Schleichen durch die Station, verwandelte sich in einen Shootout. Es war eine nette Präsentation, die schön einen Blick auf die verschiedenen Spielweisen bot und dass man auch in Deus Ex: Human Revolution wieder viel mehr Wege finden kann als auf den ersten Blick sichtbar sind. Man versprach sogar, dass diese drei Wege noch nicht einmal alle sind, die der Spieler in dieser eigentlich recht simplen Mission, etwa zwei Stunden in das Spiel hinein, nehmen kann.
Was uns Schreiberlingen jedoch verwehrt blieb, war der Griff zum Pad - und so konnten einige andere wichtige Fragen vorerst nicht geklärt werden. Es ist immer noch unklar, wie genau man in der Anfangsphase des Spiels schießen kann oder wie sich das Game überhaupt anfühlt. Vielleicht auch besser so. An praktisch allem, sei es die Optik, die Steuerung oder die Balance, will man in den nächsten Monaten ausgiebig feilen.
Was das Gameplay angeht, mache ich mir wenig Sorgen. Da scheint alles zu laufen und mit der Politur mehrerer Monate sollte da alles passen. Auch die Handlung verspricht viel, insbesondere weil wenig bekannt ist. Nur die Atmosphäre der Stadt konnte mich noch nicht überzeugen. Ich erwartete ein Assassin's-Creed-artiges Gewusel, schön auf Blade Runner getrimmt. Stattdessen bekam ich ein paar traurig verteilte Gestalten in relativ leeren Straßen. Selbst die sehr coole Einschienenbahn konnte das nicht ganz wettmachen. Aber abwarten. Viel Zeit noch und die nächste Preview kommt bestimmt. Bis dahin: Steady, as she goes, alles im Lot und auf Kurs. Für ein echtes Deus Ex.
Das Team startete bereits die Beta-Phase, sodass der Termin Anfang 2011 für Deus Ex: Human Revolution sicher sein sollte. PS3, 360 und PC sind dann dabei, ich prophezeie Special Editions.