Die größten Überraschungen dieser Generation - Björn
Bunte Farben, Zerstörungswahn und die Rettung des Abiturs.
Die größten Überraschungen dieser Generation - Björn
Nachdem wir in der vergangenen Woche unsere größten Enttäuschungen der Generation psychisch verarbeiteten, ist es nun an der Zeit für ein fröhlicheres Thema: Die größten Überraschungen! Ich muss dabei direkt zugeben, dass dies für mich die erste Generation war, bei der ich ein wenig über den Tellerrand schaute. Blieb ich zuvor auf der sicheren Seite, tauchte ich vor allem auf der Xbox 360 in eine Flut von Spielen ab. Natürlich war viel Mist dabei, doch auch einige interessante Titel, die ich ohne blindes Zugreifen niemals gespielt hätte. Das begann relativ früh nach dem Kauf der Konsole, als ich das noch recht magere Angebot bei diversen Online-Händlern abgraste.
Amped 3
Es sollte das Notfallspiel sein. Mit ein wenig Glück ziemlich günstig erworben, verschwand es zunächst am unteren Ende meiner Prioritätsliste. Amped 2 hatte ich zuvor nur ganz kurz angespielt und hielt es als eingefleischter SSX-Fanatiker für viel zu steif. Für Amped 3 hatte ich also wenig Hoffnung. Aber immerhin war es eine neue Generation und ich bekam irgendwann Lust auf verschneite Berge. Außerdem sprach mich das bunte Cover an. Ein paar Minuten konnte ich es ja ausprobieren.
OH.MEIN.GOTT!!!
Das war nicht nur meine Reaktion auf das gesamte Spiel, sondern beschreibt meinen ungläubigen Blick auf die Uhr damals. Schon zwei Uhr in der Nacht? Wann ist die Sonne plötzlich hinter mit verschwunden? Wie konnten acht Stunden so schnell vergehen? Und warum habe ich nichts gegessen? Ich brauche wohl nicht weiter erwähnen, dass mich Amped 3 nicht nur überraschte. Es beförderte mich in eine Trance der Freude. Es als simples Snowboardspiel zu bezeichnen, täte dem Titel Unrecht. Obwohl die spielerische Komponente überaus kompetent ist, sprengt die verrückte Persönlichkeit des Spiels selbst das kreative Chaos vieler japanischer Entwicklungen. Das beginnt bei den in Farben ertränkten Menüs und Icons und endet in den abgefahrenen Zwischensequenzen.
Jeder Freund eurer bekloppten Scooby-Doo-Gruppe bietet in seinen Zwischensequenzen einen eigenen Stil. Anime-Look, Stop-Motion-Actionfiguren und Papierschnipsel im South-Park-Design treffen hier abwechselnd aufeinander. Dazu bewirft euch Amped 3 mehrfach mit Werbung, die ihren Humor aus der überdrehten Absurdität zieht. Gleiches gilt auch für einen Moment, in dem der Bösewicht des Spiels im Kostüm vor den Entwicklern steht und eine surreale Rede hält. Und dann wäre natürlich noch das Ende, in dem alle Elemente kumulieren und in einer riesigen Musical-Nummer explodieren. Als hätte man Amped 2 mit Katamari Damacy und KaBlam! kombiniert. Seht es euch am besten selbst an!
Deadly Premonition
Keiner hat mit diesem Spiel gerechnet. Niemand. Wie denn auch? Sieht man sich den ersten Trailer zum Spiel an, muss man schon ziemlich verrückt sein, auch nur ein bisschen Kleingeld dafür auf den Tisch zu legen. Aber so dämlich bin ich nun einmal, weil ich einfach etwas Dummes, Trashiges spielen wollte, das irgendwie in den Bereich Horror fällt. Was ich am Ende bekam, war eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Vollgestopft mit Wahnsinn, den man erlebt haben muss.
Ist Deadly Premonition ein gutes Spiel? Nicht im eigentlichen Sinne. Die Fahrzeuge steuern sich wie Panzer, sämtliche Actioneinlagen spielen sich wie eine autistische Version von Resident Evil 4 und die Musik passt vielleicht an zwei Stellen zum eigentlichen Ton des Spiels. Aber sämtliche Macken, Fehler und bekloppte Ideen fügen sich zu einem großen Ganzen zusammen, das auf mich eine magische Anziehungskraft wirkt. Es verbindet Elemente aus Resident Evil, Silent Hill, Clock Tower, GTA, Die Sims und sogar Harvest Moon. Jede Person im verschlafenen Örtchen Greenville besitzt ihren eigenen Tagesrhythmus, der Tank eures Fahrzeuges will regelmäßig gefüllt werden und sogar auf eure körperliche Hygiene müsst ihr achten.
"In welchem anderen Spiel werdet ihr schon von einem unbesiegbaren Axtmörder in roter Kutte durch ein verlassenes Sägewerk verfolgt?"
In welchem anderen Spiel werdet ihr schon von einem unbesiegbaren Axtmörder in roter Kutte durch ein verlassenes Sägewerk verfolgt und könnt euch nebenher noch einen Bart wachsen lassen? Wo findet ihr Straßenrennen, die eine lachhafte Midi-Version von American Idiot bieten? In welchem anderen Spiel lauscht ihr schon den Selbstgesprächen eures Protagonisten über sinnloses Filmwissen, während ihr zur nächsten Mission fahrt? Nur Deadly Premonition gibt euch all diese Dinge und mehr.
Sonic Generations
Was ist das? Ein gutes Sonic-Spiel? Ist die Hölle plötzlich zugefroren? Ich hatte von Sonic Generations nach den Trailern eine gewisse Qualität erwartet, jedoch habe ich mir an vorigen Iterationen zu oft die Finger verbrannt. Die dadurch aufgebaute Skepsis als Schutz vor Enttäuschungen konnte und wollte ich nicht mehr ablegen. Generations brauchte keine fünf Minuten, um mich zu überzeugen.
Ich halte es nicht nur für einen unglaublich guten Sonic-Titel. Nein. Für mich ist es der mit Abstand beste Teil der Serie. Hau ab Sonic 2, ich brauche dich nicht mehr! Stell dich hinten an, Sonic & Knuckles. Am besten zusammen mit Sonic CD. Ihr wurdet alle abgelöst! Keine Diskussionen mehr. Sonic Generations ist in meinen Augen der neue König, schaffte man doch endlich hervorragende 3D-Level, ohne dabei auf die Geschwindigkeit zu verzichten, wie noch zuvor in Colors.
"Selbst das grauenhafte Crisis City aus Sonic 06 war plötzlich spielbar und machte mir sogar Spaß."
Selbst das grauenhafte Crisis City aus Sonic 06 war plötzlich spielbar und machte mir Spaß. Generell schien Team Sonic auf einmal ein Gespür für gutes Leveldesign entwickelt zu haben. Sogar die 2D-Abschnitte bauten neue Elemente ein und jede Route bot ihre eigenen Vorteile. Den besten Weg durch ein Areal zu finden, darin lag letztendlich der große Reiz. Kein Bullshit wartet hier darauf, eure Nerven zu schänden. Fehler liegen an euch und jede Stage lässt sich perfekt beherrschen, ohne dabei auf ein hohes Tempo zu verzichten. Dazu kommt als krönender Abschluss der gigantische Soundtrack hinzu, den ich selbst zwei Jahre nach der Veröffentlichung noch regelmäßig höre. Selbst das schlechteste Sonic-Spiel bot noch angenehme Musik. Aber Generations schießt sogar in dieser Kategorie den Vogel ab. Irgendwie schaffte man es, den ewigen Klassiker City Escape noch zu verbessern. Entschuldigt, ich muss mir den Track direkt ein paar Mal anhören.
Assassin's Creed 2
Ich konnte mit dem ersten Teil nichts anfangen. Durchgespielt hatte ich das Ding glaube ich nur, weil ich eine Woche krank im Bett lag und nichts besseres zu tun hatte. Dementsprechend war ich nicht gerade begeistert, als ich die Komplettlösung zum Nachfolger schreiben sollte. Aber Job ist nun einmal Job. Also Zähne zusammengebissen und durch.
Nur stellte sich die Arbeit plötzlich als großartige Erfahrung heraus. So viele Dinge wurden endlich verbessert und es fühlte sich an, als hätte ein Publisher wirklich auf die Wünsche seiner Kunden reagiert. Anstatt jede Stadt in nur einen langweiligen Farbton zu tauchen, erhielten sie ihre ganz eigenen Eigenschaften. Jeder neue Bereich bot mir eine andere Umgebung mit unterschiedlichen Elementen. Und verdammt, ich durfte endlich ins Wasser fallen. Warum müssen Videospielfiguren das eigentlich immer erst im Nachfolger lernen?
"Obwohl Ubisoft seitdem keine umwälzenden Veränderungen in diesen Mechaniken vornahm, war es in Assassin's Creed 2 damals ein unglaublicher Wandel."
Neben dieser Tatsache fühlten sich besonders die Kämpfe und das Klettern besser an. Obwohl Ubisoft seitdem keine umwälzenden Veränderungen in diesen Mechaniken vornahm, war es in Assassin's Creed 2 damals ein unglaublicher Wandel. Ezio's Klettergeschick verabschiedete sich komplett von der Realität, was dem Spielfluss allerdings zu Gute kam. Selbst in die Nebenaktivitäten steckte man mehr Ideen. Das Ausbauen eures kleinen Ortes war ein netter Zeitvertreib. Mich persönlich packten dagegen die versteckten Rätsel, bei denen man kleine Kombinationsaufgaben löst. Der Serie habe ich übrigens bis heute nicht verziehen, dass man diese fallen lies.
Dragon's Dogma
Das Dark Souls des armen Mannes. So stellte ich mir Dragon's Dogma ursprünglich vor. Netter Trash für trübe Sommertage. Mehr nicht. Wie man sich doch irren kann. Obwohl das Spiel an jeder Ecke mit Problemen zu kämpfen hat, sprüht es nur so vor Energie und Charme. Das Kampfsystem als komplex zu bezeichnen, wäre eine starke Übertreibung und dennoch kann ich stundenlang über die Felder streifen und Monster verkloppen. Jeder Treffer fühlt sich gut an, weil die Stärke eurer Schläge gut übermittelt wird. Sich an einem Zyklopen oder Greifen festzuhalten, nur um hoch an seinen Nacken zu klettern, damit man ihm direkt auf den riesigen Schädel hämmern kann, gehört zu den besten Dingen im Spiel und wird nie langweilig. Richtig großartig fand ich zudem die Art und Weise, mit der die Entwickler die kleinen Orte auf der Karte mit Schätzen füllten. Anstatt überall Gegenstände vor eure Nase zu werfen, die letztendlich nutzlos sind, könnt ihr bereits in eurem Heimatdorf die höchsten Dächer erklimmen, nur um per Zufall an einen Goldschatz an der Spitze des Kamins zu gelangen. Einfach herrlich!
Final Fantasy 13-2
Final Fantasy 13 war mehr als nur eine große Enttäuschung. Für mich war es ein Verrat an der Serie und meiner Kindheit. Jegliche Hoffnung verpuffte damit auf einen Schlag. Als Square Enix dann einen direkten Nachfolger zu diesem Disaster ankündigte, ließ es mich kalt. Kein Zorn. Kein Ärger. Nicht einmal ein Zucken konnte mir die Ankündigung entlocken. Es war mir egal. Was immer Final Fantasy 13-2 auch sein sollte, mich interessierte es nicht die Bohne.
"Das Spiel schenkte mir neues Vertrauen in die Serie."
Diese Einstellung führte dann zu einer der größten Überraschungen der letzten Jahre. Damit möchte ich Final Fantasy 13-2 nicht auf ein Podest stellen und sagen, es könnte irgendwie an die Qualität vergangener Tage anknüpfen, aber es ist ein wirklich gutes Spiel. Das hatte ich ehrlich nicht erwartet. Die Story ergibt noch immer keinen Sinn, das offene Ende bleibt weiterhin eine Frechheit und der ganze Kostüm-DLC ließ mich mehrfach mit dem Kopf schütteln. Aber als Rollenspiel zeigte es Kompetenzen, die ich zuvor vermisste. Die Struktur der kleinen, aber dafür frei erkundbaren Gebiete, gefiel mir überraschend gut. Der Zeitreiseaspekt ermöglichte einen schnellen Wechsel zwischen unterschiedlichen Gebieten und sorgte zudem für einen erhöhten Endgame-Content, bei dem ich endlich wieder eine Vielzahl an Nebenmissionen angehen konnte. Das Kampfsystem mit seinem hohen Fokus auf Zustandsveränderungen hinterließ zwar einen faden Beigeschmack, doch auch hier zeigte sich eine starke Verbesserung gegenüber dem Vorgänger. Das Spiel schenkte mir neues Vertrauen in die Serie, was wohl die größte Überraschung war.
Red Faction: Guerrilla
"Es war der Multiplayer, der mich noch einige Wochen später im Spiel hielt."
Ich bin normalerweise kein Freund von Online-Mehrspielermodi. Zu Hause mit ein paar Freunden auf der Couch kann ich Titel wie Halo, Mario Kart oder Super Smash Bros. die gesamte Nacht spielen. Doch setze ich mich alleine vor den Fernseher und versuche, gegen unbekannte Leute anzutreten, verfliegt der Zauber schlagartig. Es hat also nicht einmal direkt etwas mit der Qualität zu tun. Mehr mit der Natur der Sache an sich. Genau deshalb kann ich mir noch immer nicht erklären, wieso mich Red Faction: Guerrilla so fesselte. Vom Singleplayer war ich ebenfalls überrascht, da die Zerstörung mit einem unaufhaltsamen Schlaghammer die lausigen Missionen und einheitliche Oberwelt locker ausgleichen konnte.
edoch war es der Multiplayer, der mich noch einige Wochen später im Spiel hielt. Seinen zentralen Reiz zieht das Spiel aus einigen Eigenarten, die sich perfekt mit dem Baller-Gameplay zusammenfügen. Zuerst einmal wäre da das Zerstörungsfeature des Hauptspiels, das für einige der interessanten Spielmodi sorgte. Anstatt nur auf die Ausrottung des gegnerischen Teams zu achten, müsst ihr hier die gesamte Basis vernichten. Ob ihr euch zuerst auf die Ausschaltung gewisser Feinde konzentriert oder einen Rambo-Versuch startet, bei dem ihr vollgepackt mit Sprengstoff in die gegnerische Behausung rennt, ist euch überlassen. Währenddessen muss man auf der Seite der Verteidiger ständig zu einem Reparaturwerkzeug wechseln, das zerstörte Wände und Dächer wiederherstellt. Die gesamte Runde kann in wenigen Momenten plötzlich vorbei sein oder sich bis zum Ende des Zeitlimits hinauszögern. Die ständige Panik ist das Brennholz für eure Motivation.
Als zweiter Grund kommen anschließend noch die verschiedenen Jetpacks hinzu, die alle ihre eigenen, wahnwitzigen Boni mit sich bringen. Mein Favorit ist der futuristische Rucksack ausgestattet mit riesigen Lautsprechern, die auf Knopfdruck alles um euch herum zu Staub verwandeln. Gerne bin ich mit ihnen blind in die Feindeszone gespurtet und habe überall Chaos verursacht, sodass mein Team den zerstreuten Fokus der Gegner für ihre eigenen Angriffe ausnutzen konnte. Trotzdem habe ich es nicht so lange durchgehalten, um mir den Strauss als Hammer zu verdienen.
Split/Second
Einer der Titel, die ich günstig ein paar Monate nach der Veröffentlichung vom Grabbeltisch zog. Autos und ganz viele Explosionen. Hörte sich stumpf genug an, um mich für ein oder zwei Abende unterhalten zu können. Tja, anstatt nur ein wenig in der Karriere zu schnuppern, hatte ich eine knappe Woche später sämtliche Goldmedaillen geholt und mir jeden Erfolg aus dem Singleplayer geschnappt. Keine so leichte Aufgabe, da die Gummiband-KI für ziemlich viel Frust sorgt.
Doch ich hielt durch. Warum? Weil die Verbindung aus Rennspiel und gesteuerten Explosionen zur Veränderung der Fahrbahn unglaublichen Spaß bringt. Bis man allerdings das Fahrverhalten verinnerlicht, die Strecken auswendig gelernt und die Benutzung der Sprengsätze verstanden hat, ist es ein kleiner Krampf. Ständig schießen euch die Gegenspieler mit eigenen Explosionen von der Bahn und katapultieren euch ins hintere Mittelfeld zurück. Irgendwann macht es aber 'klick' in eurem Kopf und ihr versteht die Zusammenhänge besser. Plötzlich seid ihr der Dirigent dieses explosiven Orchesters und führt das Feld. Auf Knopfdruck sprengt ihr so einen Damm und reißt damit die versammelte Autokolonne hinter euch in den Abgrund. Als kurzer Spaß für zwischendurch mutierte Split/Second für mich zu einer Obsession.
Call of Duty 4: Modern Warfare
Mittlerweile kann man die Serie wohl kaum als den großen Vorreiter für Innovationen bezeichnen, doch das erste Modern Warfare setzte neue Maßstäbe. Für die meisten eher im Multiplayer, doch für mich ganz besonders in der Kampagne. Jahrelang drängte uns die Industrie Weltkriegsshooter auf und es durstete die Spieler nach einem neuen Szenario. Während wir heute die modernen Kriegsspielchen nicht mehr sehen können, war es damals ein frischer Wind und ich hätte nie gedacht, wie sehr mich dieses Spiel in seinen Bann ziehen konnte.
Ganz besonders die flotte Steuerung eures Charakters und der Waffen waren neu für mich. Das Feedback beim Schießen ist auch heute großartig und die versank Serie noch nicht in trüben Grautönen. Feinde poppen richtig hervor, das Leveldesign ist eine Freude und die Abwechslung im Missionsdesign fühlt sich in ihrem Ablauf logisch an. Nicht dieser Wechsel von einem Extrem ins andere wie heute. Viele zählen die Attentatsmission sowie die anschließende Flucht als ihren Höhepunkt. Für mich war es aber der Ansturm auf den Hügel mit seinen Häusern, durch die man sich vor allem auf Veteran mit viel Geschick und vollgepumpt mit Adrenalin kämpft. Der Kniff erfolgt ein wenig später, wenn ihr die gleiche Karte unter vollem Beschuss der feindlichen Kräfte nach unten fliehen müsst. Panisch spurtet ihr von einer Deckung zur nächsten. Diese Wandlung einer kleinen Karte empfand ich damals als genialen Schachzug, auch wenn ich mich vor dem Fernseher heiser geschrien habe. Diese verdammten Soldaten mit Schrotflinten. Verflucht seien sie!
Viva Pinata
Die Freude an Viva Pinata habe ich meiner Freundin zu verdanken. Bei meinem ersten Kontakt steckte ich nur wenig Zeit in diese lockere Züchter-Simulation. Der Funke sprang allerdings nicht über. Die Faszination anderer Spieler konnte ich einfach nicht nachvollziehen. Also verschwand es wieder im Regal, bis schließlich das Augenmerk meiner Freundin darauf fiel. Immerhin sieht das Cover ganz süß aus. Dementsprechend setzte sie sich hin und begann zu spielen. Im Gegensatz zu mir mutierte es schnell zu einer Sucht. Noch am selben Tag hatte sie den Garten zur maximalen Größe ausgebaut und ihr eigenes zuckersüßes Tierreich errichtet.
"Ich kann gar nicht mehr so genau sagen, wann es passierte, doch auf einmal sah ich Viva Pinata in einem ganz anderen Licht."
Irgendwas musste sie also interessieren. Angefixt durch ihren Eifer, parkte ich meinen ungläubigen Hintern neben sie und schaute ihr beim Spielen zu. Ich kann gar nicht mehr so genau sagen, wann es passierte, doch auf einmal sah ich Viva Pinata in einem ganz anderen Licht. Und so verbrachten wir gemeinsam die nächsten Tage vor der Konsole und suchten im Internet nach den besten Strategien. Denn damit die meisten Pinatas überhaupt in eurem Garten erscheinen, müsst ihr bestimmte Vorgaben erfüllen. Knapp 40 Stunden später gehörte uns jedes Pinata. Der Zauber war gebrochen. Wir konnten uns endlich wieder davon lösen. Zurück bleibt aber eine wunderbare Zeit, in der wir fieberhaft zusammengearbeitet haben. Dafür bin ich dem Spiel noch heute dankbar.
Red Dead Redemption
Ich mag keine Western, ich hasse Pferde mit einer unverständlichen Hartnäckigkeit und nach GTA 4 war meine Vorfreude auf ein neues Open-World-Spiel von Rockstar sowieso im Keller. Bei diesen Vorgaben hätte Red Dead Redemption niemals bei mir zünden sollen. Trotzdem habe ich es nicht nur innerhalb von zwei Tagen beendet, sondern mich danach weiterhin in der Welt aufgehalten, um Nebenmission abzuschließen oder einfach nur die Areale zu erkunden. Die meiste Zeit verbrachte ich aber mit dem Jagen von Tieren. Zwischen zwei Missionen habe ich mindestens drei Vögel vom Himmel geschossen. Sobald auch nur ein Tier auf dem Bildschirm erschien, musste ich es töten, häuten und die daraus gewonnenen Materialien anschließend verkaufen. Duck Hunt HD. Das war Red Dead Redemption für mich. Klingt nicht nach einem Kompliment, ist es aber!
Kinect Adventures
In den meisten Fällen war Kinect eine Katastrophe, weil es einfach nur als Gimmick in verschiedene Spiele geschmissen wurde oder die Entwickler mit der Technik nicht klarkamen. Mein Blick richtet sich auf dich, Sonic Free Riders. Aber einige Teams zeigten an guten Beispielen, wie man das Gerät zu positiven Ergebnissen nutzen konnte, solange sich das eigene Zimmer dafür eignet. Einige Titel konnten mich überzeugen, doch keiner davon überraschte mich so sehr wie das zum Gerät mitgelieferte Kinect Adventures. Das Wii Sports für die schwarze Kamera. Vielleicht liegt es daran, dass ich es mit meinem damaligen Mitbewohner spielte und es nur zu zweit in einem großen Raum so gut funktioniert. Aber verdammt, wir hatten einen Heidenspaß damit. Sich gegenseitig auf dem Schlauchboot abzustimmen, wohin man sich bewegen soll und wann gleichzeitig gesprungen werden muss, erfordert eine hohe Koordination, die den Titel zu einem guten Koop Spiel macht.
"Legt man seine Hemmungen ab, steht dem Spaß eigentlich nur noch die eigene Einrichtung im Weg."
Mein persönlicher Favorit unter den Spielen ist der Hindernisparcours. Ihr bewegt euch auf einer festen Schiene an kleinen, gepolsterten Kästen vorbei und müsst diesen durch Seitwärtsschritte, Sprünge oder simples Ducken ausweichen. Wer vor seinem Mitspieler ans Ziel gelangen will, sollte in jeder freien Sekunde dumm auf der Stelle hüpfen, um den Wagen zu beschleunigen. Es sieht unglaublich dämlich aus, fordert besonders in den späteren Abschnitten viel Energie und sichert euch den Hass eurer Nachbarn. Man muss sich ein wenig überwinden, um spastisch durch das eigene Zimmer zu titschen. Legt man diese Hemmung ab, steht dem Spaß eigentlich nur noch die eigene Einrichtung im Weg.
OutRun Online Arcade
Es kam auf dem Nichts. Mein einziger Kontakt mit OutRun waren vereinzelte Automaten des ersten Teils, denen ich als Kind im Urlaub begegnete. Ehrlich gesagt holte ich mir das Spiel nur, um die Serie einmal richtig auszuprobieren. Dann schlich es langsam in mir hoch. Zuerst kam ich mit dem auf Drifts ausgelegten Fahrverhalten nicht zurecht. Ich schaffte es gerade so in eines der fünf Ziele, die sich je nach eurer Streckenauswahl verändern. Eigentlich wollte ich nur alle Strecken sehen und dann Schluss machen. Doch genau während dieser Eingewöhnungsphase sprang der Funke über. Auf einmal ergab alles einen Sinn. Ich verstand die von mir verlangten Fahrtechniken und arbeitete an meinen Zeiten.
Leider stand ich kurz vor meinem Abitur und musste irgendwie für die bevorstehende Deutschklausur lernen. Nämlich noch einmal sämtliche Lektüren durchgehen, mit denen man uns die letzten zwei Jahre gequält hatte. Glücklicherweise fand ich einen Podcast, der in ziemlich langer Ausführung auf alle Texte einging und sie Stück für Stück aufbrach. Also musste ich mich nur noch hinsetzen und sie mir anhören. Warum nebenher also nicht etwas OutRun spielen? Und so kam es, dass ich wegen meiner OutRun-Sucht jeden Podcast knapp zehnmal hörte und daher das vermittelte Wissen bis zur Prüfung aufgesogen hatte wie ein Schwamm. Eine ungleiche Kombination, die sich bezahlt machte. Sowohl für die Prüfung als auch für die harten Erfolge, die ich nur freischalten konnte, weil ich die Strecken genauso wie die Podcasts immer und immer wiederholte.
Die Rückkehr von You Don't Know Jack
Wer die Serie noch nie gespielt hat, der muss im Anschluss an diesen Text sofort auf Steam gehen. Dort findet ihr seit vergangener Woche nämlich die besten Spiele der Reihe. Mein persönlicher Favorit ist You Don't Know Jack 4: The Ride. Die drei Euro für das Spiel werdet ihr sicherlich nicht bereuen!
Aber nun zurück zu meiner Überraschung. Jeder Fan hatte die Serie nach ihrem letzten Ableger auf CD-Rom schon abgeschrieben, eine schöne Erinnerung, nicht mehr. Doch plötzlich tauchten neue Episoden auf der Internetseite der Entwickler auf, die für zwei Jahre jede Woche eine Frage veröffentlichten. Ohne dabei das Niveau von früher zu senken. Im Gegenteil. Sie schienen durch die gesammelte Erfahrung noch besser zu sein. Nachdem die Online-Episoden beendet waren, folgte ein erneut ewig langer Abschied, bis man auf einmal einen komplett neuen Teil für diese Generation ankündigte. Zwar erschien das Spiel nie in Europa, doch die Importkosten schreckten mich nicht. Die paar zusätzlichen Euro haben sich definitiv gelohnt. Noch heute hole ich das Spiel auf Feiern hervor. Der Humor ist einfach großartig, ungeschlagen in der Industrie.
Und die Rückkehr hält weiterhin an. Eine erfolgreiche Facebook-App, die später auch für mobile Plattformen veröffentlicht wurde, sowie die nun auf Steam erschienenen Klassiker beweisen, dass You Don't Know Jack kein Relikt einer früheren Generation ist, sondern sich stets dem aktuellen Zeitgeist anpassen kann. Ich könnte darüber nicht glücklicher sein.
Der Minecraft-Boom
Niemand konnte es erahnen. Was als kleines Projekt eines unbekannten Entwicklers begann, gehört nun zu den erfolgreichsten Spielen aller Zeiten. Und das, ohne zunächst einen Cent in Werbung zu stecken. Allein durch die zahllosen Let's Plays auf YouTube verbreitete sich das Spiel wie ein Erreger unter den Massen, die sich davon anstecken ließen. Dabei hat sich jeder von uns beim ersten Blick auf das Spiel mit den Blöcken wohl gefragt, was das überhaupt soll? Warum erhalte ich Holz, wenn ich mit meiner Faust gegen einen Baum schlage? Wie genau kann ich mir daraus neue Werkzeuge erschaffen? Und was sind das für komische grüne Monster, die da auf mich zurennen? Aus heutiger Sicht kaum zu glauben, wie unwissend wir alle einmal waren.
Zudem ist es schön zu sehen, dass ein Team die Popularität des Spiels nicht zwangsweise mit neuen Iterationen in jedem Jahr ausnutzen muss. Auch heute erhält das Spiel regelmäßige Updates, die jedem kostenlos zur Verfügung stehen und nicht als kostenpflichtiger DLC angeboten werden. Ich selbst kann Minecraft wenig abgewinnen, aber das muss ich auch gar nicht, um dem verdienten Erfolg zu applaudieren.