So nutzt Red Dead Redemption 2 die Power der PS4 Pro
Rockstars Debüt auf den verbesserten Konsolen unter der Lupe.
In der letzten Woche gewährte Rockstar nicht nur einen ausführlicheren Blick auf das Gameplay von Red Dead Redemption 2, es war auch unsere erste Chance, des Entwicklers Arbeit mit den verbesserten Konsolen in Augenschein zu nehmen. Beim kompletten Trailer handelte es sich nämlich um Bildmaterial, das auf einer PlayStation 4 Pro gecaptured wurde. Wie also nutzt Rockstar die Vorzüge der Pro - und was können wir von der Xbox-One-X-Version erwarten?
Rockstar versorgte uns mit einer wundervollen 68mbps-Version des Trailers und es besteht kein Zweifel daran: der 4K-Output tut den weiten Landschaften sehr gut. Ein genauerer Blick verrät, die PS4 Pro lässt das Spiel nativ in 1920x2160 Bildpunkten laufen, was auf der Horizontalachse die Hälfte der Pixel im Vergleich zu echtem 4K darstellet. Das sieht für ein derart weitläufiges Spiel sehr gut aus, obwohl Schrägen weicher gezeichnet erscheinen als in einem wahrhaftigen 4K-Bild. Im Vergleich zu 1440p - eine Auflösung, die man auf der PS4 Pro häufiger sieht - ist das eine Steigerung von 12,5 Prozent.
Weitere Vorteile des 1920x2160-Formats: Da das Spiel nur in einer Richtung skalieren muss, sind die Pixel klarer getrennt. Basierend auf dem, was in dem Video zu sehen ist - und das könnte sich bis zum Launch noch ändern -, ist das ein effektiverer Weg, diese massive Welt auf Ultra-HD-Fernseher auszubreiten. Um es mit anderen Worten zu sagen, angenommen, die normale PS4-Version läuft in 1080p, dann nutzt die PS4 Pro ihren 2,4-fachen Boost in Sachen GPU-Kraft einfach dazu, die Auflösung zu verdoppeln. Dabei bliebe ein Hauch Rechenleistung für andere Effekte übrig - oder für eine flüssigere Bildrate, sollte die in der Basisversion ein Problem darstellen. Aber wirklich mit Bestimmtheit sagen können wir noch nichts, da müssen wir den Oktober abwarten.
Eine weitere Frage betrifft das Checkerboarding. Unsere erste Reaktion auf die halbierte horizontale Auflösung von 1920 Punkten ist, dass es ein Schritt dahin ist, ein überzeugenderes 4K-Bild zu erzeugen. Und die Sache ist die, gewisse Kanten sind offenbar in scharfem 4K aufgelöst - eine "Treppenstufe" pro Pixel - aber die meisten davon sind 1920 breit, was bedeutet, die Stufen auf dieser Achse haben die Breite eines doppelten Pixels. Checkerboarding-artige Artefaktbildung erkannten wir ebenfalls, hauptsächlich auf transparenten Elementen wie Pferdeschweifen, Bäumen und Gras. Möglich, dass das darauf zurückzuführen ist. Aber die Ergebnisse sind für diese Technik nicht unbedingt typisch. Wir werden das mit dem fertigen Spiel eingehender auf die Probe stellen müssen.
Schon allein der Bildqualität nach zu urteilen, wird die Pro hier ordentlich unterstützt, wenngleich nicht ganz so aufwändig wie von Sonys First-Party-Studios. Spannender ist, was auf der Xbox One X möglich sein wird, denn ihr Mehr an Leistung ist beachtlich. Interessanterweise bietet Microsoft eine eigene Version des Gameplay-Trailers auf seinem YouTube-Kanal an - allerdings handelt es sich dabei um haargenau dasselbe Bildmaterial, nur mit entsprechend angepassten Tasteneinblendungen. Auch dieser Trailer dürfte daher von der PS4 Pro stammen. Microsoft selbst listet RDR2 als 4K-Titel mit HDR-Unterstützung auf seiner Xbox-One-X Support-Seite, in der Vergangenheit schwankte die Genauigkeit der Angaben dort jedoch, weshalb wir für den Moment keine Schlüsse daraus ziehen sollten.
Auch eine eingehendere Performance-Analyse ist mit dem Trailer nicht möglich (es handelt sich um ein 30-FPS-Video eines 30-FPS-Spiels), aber immerhin ist es schon ein gutes Zeichen, dass das Video zu keinem Zeitpunkt auch nur um einen einzigen Frame einbricht. Sofern es sich um ein normales Capture in Echtzeit handelt, sieht alles danach aus, als lieferte Rockstar zum Start ein flüssig performendes Erlebnis ab.
Das ist also die Ausgangslage, aber die Grafik an sich sollte man ebenfalls nicht vernachlässigen. Ein neues Augenmerk legt der Trailer auf den Gameplay-Fluss und wie die Animationen ineinander übergehen. Zwischensequenzen können natürlich immer choreografiert sein, aber wir sehen, wie Waffen gezogen werden, Pferde galoppieren und Wildtiere über die Steppe huschen, alles in Echtzeit. Vor allem die Pferdeanimationen stechen ins Auge. Die Bewegungsabläufe im ursprünglichen Red Dead Redemption sahen beim Reiten schon mal etwas steifer aus. Im neuen Spiel zeigt Arthur Morgans Ross eine gewaltige Bandbreite möglicher Animationen. Ein Trab seitwärts an einem Berg vorbei geht fließend in einen vollen Galopp über, während der Schweif physikbasiert umherschwingt. Selbst an ein Idle-Animation hat man gedacht, wie das ungeduldige Stampfen der Hufe, während man den Sattel mit Waffen und Beute belädt. Eine wie von Rockstar nicht anders erwartete, detailversessene Darstellung, die klarstellt, welch große Rolle Pferde in RDR2 spielen.
Auch Wildtiere zeigen sich reichlich. Krähen kreisen in der Luft, Wolfsrudel sind auf Patrouille, ebenso wie Elche, Bären und Echsen - Rockstar hängt sich bei der Fauna richtig rein, und das nicht nur aus ästhetischen Gründen. Es erzeugt ein aufregendes Ökosystem, in dem all diese Kreaturen offenbar miteinander interagieren können. Aus Gameplay-Perspektive eröffnet das natürlich die Möglichkeit zu jagen. Wie schon bei den Animationen geht es auch hier darum, in einem offen angelegten Möglichkeitenfeld weitere Systeme anzubieten, mit denen der Spieler sich auseinandersetzen kann. Ein Blick auf Red Dead Redemptions mitunter etwas karge Landschaften stellt unmissverständlich klar, wie viel weiter Videospiele heute sind.
Ein Vorteil gegenüber Grand Theft Auto ist Red Dead Redemption 2 gewissermaßen in die Wiege gelegt. Die komplexen, belebten Städte mit dichtem Verkehr und Fußgängeraufkommen bleiben der Hardware im Wilden Westen erspart. Rockstar konnte technisch einen Schritt zur Seite machen und die Ressourcen der Konsolen für andere Dinge verwenden. Ohne derartige menschliche Ballungsräume lag die Herausforderung darin, Wälder, Wüsten und Kleinstadtstraßen bei großen Sichtweiten noch organischer aussehen zu lassen. Die PS4 Pro scheint der Herausforderung gewachsen: Ausladende Panoramen am Rande einer Klippe werden selbstbewusst vor dem Spieler ausgerollt und selbst bei schnellen Verfolgungsjagden sieht man nirgends Pop-ins oder Übergänge bei den Detailstufen.
Besondere Erwähnung verdient auch das Wechselspiel zwischen Licht und Materialien. Natürlich kennen wir einige Effekte schon aus früheren Bewegtbildern: Den Schlamm, das Schimmern des Sattelleders und selbst die Art, wie Figuren Fußspuren in den Schnee drücken - das sieht alles fabelhaft aus. Ebenso atemberaubend sind die allgegenwärtigen volumetrischen Lichteffekte. In einigen Szenen ist es Morgennebel, den das Licht durch verlassene Gebäude und Äste hindurch erhellt, während es das dichte Gras mit Schatten überzieht. In anderen sind es Staubwolken in Gefängniszellen oder in den Straßen eines Städtchens, die in die Höhe wirbeln und sich vor die Sonne schieben. Wo man auch hinschaut, der Tiefeneindruck ist in jedem Bild ein bemerkenswerter Anblick - und ein deutliches Zeichen, wie weit sich Rockstars Engine seit dem letzten Red Dead und sogar GTA5 entwickelt hat.
Wo wir gerade bei Materialien sind, auch das Wasser-Rendering ist interessant. Screen-Space-Reflexionen kommen auf Flüssen und Seen zum Einsatz und spiegeln schön die Geschehnisse an Land. Allerdings könnte man hier auch ein wenig mäkeln, wenn man wollte. Die Spiegelungen sind zwar ein Hingucker, ihnen fehlt aber auch Anti-Aliasing. Es ist im Grunde die einzige Stelle im Spiel, an der wie sichtbare Sägekanten an Objekträndern ausmachen konnten. Zu schlimm ist es allerdings nicht und das einzige auch nur ansatzweise unrunde Detail am ganzen Trailer. GTA5 verfügt auf dem PC über eine separate Option für das MSAA auf Spiegelungen. Auf der PS4 Pro ist diese Einstellung womöglich einfach zu kostspielig in Sachen Rechenleistung. Glücklicherweise erfreut der Rest des Spiels mit einer großartigen Anti-Aliasing-Lösung, die mit dem 4K-Upscale und am Rest des Bildes gute Arbeit verrichtet.
Post-Process Effekte tragen ebenfalls ihren Teil zum Spektakel bei. Tiefenschärfe wird oft und gern eingesetzt - hauptsächlich in Zwischensequenzen, aber auch für Blicke in die Ferne im normalen Gameplay, bei denen der Hintergrund an Fokus verliert. Ebenso bekommen wir Screen-Space-Ambient-Occlusion für tiefere Schatten, was heutzutage zum guten Ton gehört. Interessant ist, dass Rockstar komplett auf Motion Blur verzichtet, wodurch die Schritte von Frame zu Frame komplett sauber bleiben. Für diese Sorte 30-FPS-Spiel wäre selbst kamerabasiertes Motion Blur unserer Ansicht nach noch angemessen, aber das ist Geschmackssache. Die Option, es hinzuzuschalten, wäre sehr willkommen. Objektbasiertes Motion Blur hätte einiges zum Komplettpaket beigetragen.
Dieser Trailer ist ein Präzedenzfall: Die 4K-Präsentation auf der PS4 Pro ist eine Sache, die tatsächliche, spielbare Action aber all die Rendering-Techniken einsetzen zu sehen, die wir zuvor nur in den Zwischensequenzen sahen, sagt viel über das Spiel aus. Die Animationen, die Nachbearbeitungseffekte, die Beleuchtung und die Materialien halten auch genauerem Hinsehen stand, selbst wenn es sich um eine vom Spieler kontrollierte Szene handelt. Rockstar glänze schon immer, wenn es darum ging, die gewaltige Größe ihre Welt mit kleinen Details zu füllen - und die gute Nachricht ist, dass RDR2 dem Augenschein nach in beide Richtungen bis an die Grenzen geht. Wir erwarten bis zum Launch des Spiels noch weitere Trailer - fällt uns an denen irgendetwas auf, lassen wir es euch wissen.