Technik-Vergleich: Grand Theft Auto 5
Revanche.
Xbox 360 | PlayStation 3 | |
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Disc-Größe | Disc 1: 7,7 GB, Disc 2: 7,8 GB | 17,4 GB |
Installation | 7.876 MB (erforderlich) | 8.486 MB (erforderlich) |
Surround Support | Dolby Digital | Dolby Digital, 5.1 LPCM |
Es war noch nie eine Serie, der es an Ambitionen mangelte und Grand Theft Auto 5 erweckt eine der schönsten und detailliertesten Sandbox-Welten der aktuellen Generation zum Leben. Damals, im Jahr 2008, repräsentierte bereits GTA 4 mit einem ähnlichen hohen Budget einen Meilenstein im Showdown zwischen PS3 und 360. Jede Version musste bei der neuen RAGE-Engine ihre eigenen Kompromisse eingehen, aber Microsoft übernahm die Führung bei der Performance. Nach fünf Jahren ist es nun an der Zeit für Runde 2: Die Engine wurde maßgeblich überarbeitet und die virtuellen 49 Quadratmeilen von Los Santos werden auf beiden Plattformen tadellos dargestellt. Und einmal mehr gibt es auf beiden Seiten entscheidende Vorteile.
Im Kern besteht RAGE überwiegend aus intern enwickelten Elementen, von der Animations-Engine über das Rendering-Framework bis hin zur Skriptsprache. Das erlaubt es Rockstar North, einzigartige Events für bestimmte Missionen zu entwickeln und sogar Mini-Spiele wie Golf oder Tennis zu designen. Ihre größte Stärke ist jedoch - und das war es schon zu PS2-Zeiten -, Assets wie Texturen, Gebäude oder Fahrzeuge problemlos auf eine Hardware mit begrenztem Arbeitsspeicher zu streamen. Skalierungen beim Detaillevel werden subtil eingesetzt und in Städten dienen große Wolkenkratzer dazu, die dahinter liegende Geometrie auszublenden. Aufgrund des begrenzten Arbeitsspeichers auf PS3 und 360 sind solche Tricks entscheidend für die Performance des Spiels und um plötzliche Pop-ins zu vermeiden.
Besonders im Hinblick auf die PS3 hat es bei der Technologie und der Nutzung des geteilten Memory-Pools viele Fortschritte gegeben. Diese Begrenzung erwies sich bei der Nutzung des Video-Memory für GTA 4 als Problem, wodurch man sich dafür entschied, in der nativen Auflösung 1152x640 zu rendern - 20 Prozent weniger als bei der Version für Microsofts Konsole. Erfreulicherweise hat man dieses Problem gelöst und der fünfte Teil nutzt auch in der PS3-Version den vollen 1280x720-Framebuffer wie auf der Xbox 360. Alles sieht herrlich klar aus und die Bildqualität ist bis auf den Pixel identisch.
"Es gibt diesmal keine Sub-HD-Versionen von Grand Theft Auto. Sowohl die Xbox-360- als auch die PS3-Version rendern in nativem 720p mit Post-Process-Anti-Aliasing."
Um die beiden Versionen genauer miteinander zu vergleichen, haben wir eine 130 Screenshots umfassende Vergleichsgalerie sowie ein umfangreiches Vergleichsvideo erstellt, das ihr oben seht. Erfreulicherweise synchronisiert Grand Theft Auto 5 vor jeder Hauptmission die Tageszeit in einer Art Zeitraffer, wobei wir natürlich das Wetter und die Platzierung der Fahrzeuge nicht beeinflussen können.
Während jede Version von GTA 4 aufgrund der technischen Limitierungen jeder Plattform einen unterschiedlichen Look hatte, haben wir nun zwei Versionen, die sich tatsächlich sehr nahe kommen. Das ausufernde 2x Multi-Sample-Aliasing ist auf der 360 nun verschwunden, das Gleiche gilt für den Blur-Filter auf der PS3 - beide Versionen setzen auf einen Post-Processing-Ansatz. Das Ergebnis ist ein Bild mit einem Minimum an Blur, das an Rockstars Max Payne 3 erinnert und Details wie die Geometrie und Alphatransparenzen leicht bedeckt, um Kanten zu verbergen. Der Wegfall des Blur-Effekts auf der PS3 ist ein besonders großer Coup d'État für Bildqualitäts-Puristen. Und es ist etwas, das Rockstar selbst anerkannte und es bereits während der Entwicklung von The Ballad of Gay Tony strich. Gleichermaßen freuen wir uns auch über den Wegfall der Dithering-Artefakte auf der 360.
Wie bei den meisten Technik-Vergleichen zum Ende der Generation ist die beste Art und Weise, die Unterschiede in den richtigen Kontext zu rücken, die Annahme, dass ansonsten alles gleich ist. Bei Grand Theft Auto 5 ist das so ziemlich der Fall. Lässt man einige Kleinigkeiten außen vor, ähneln sich jedes geometrische Detail und jeder Effekt in Los Santos auf PS3 und 360. Es gibt aber einen starken Kontrast, den wir in unseren Tests entdeckt haben und den wir nicht ignorieren können.
Hinsichtlich der notwendigen Installationen auf den Festplatten der Konsolen - 7,8 GB auf der 360 per zusätzlicher Disc und 8,4 GB auf der PS3 - wird schnell deutlich, dass es auf Microsofts Plattform Probleme beim Streaming der Assets gibt. In der Praxis äußert sich das durch unscharfe Texturen an einigen Stellen, besonders bei Bodentexturen wie Beton, Gras oder Erde. Die Bodentexturen zu Trevors, Michaels oder Franklins Füßen sind exakt dieselben wie auf der PS3, egal ob ihr im Stadtzentrum herumlauft oder in der Wildnis, aber die Qualität derselben nimmt in ein paar Metern Entfernung auf der 360 stark ab.
Normalerweise würden wir das mangelhaftem Texture-Filtering zuschreiben, aber häufig sieht man auch während bestimmter Zwischensequenzen keine hochwertigeren Bodentexturen. Das sieht man sehr deutlich im ersten Clip des Videos, auf der Farm von O'Neills Bruder. Die Oberflächen fallen derart eintönig aus, dass wir uns genötigt sahen, das Ganze auf zwei anderen 360-Konsolen nachzuprüfen. Doch wie man es auch dreht und wendet, die Texturschärfe auf der PS3 war stets höher, sodass dieses Problem nicht auf eine kaputte Konsole zurückzuführen sein kann - dies ist die Realität für alle Besitzer einer 360.
Daraus ergibt sich ein sehr interessanter Hinweis für die 360-Version. Während es zwingend notwendig ist, die erste Disk zu installieren, bleibt es optional auch die zweite Disk - zum Starten und Spielen des Titels - auf die Festplatte zu installieren. Wir empfehlen ausdrücklich, das nicht zu tun, wenn es sich vermeiden lässt (wie übrigens auch Rockstar), obwohl man dadurch den zusätzlichen Lärm älterer 360er in Kauf nehmen muss und das mit Laufwerksverschleiß einhergeht. Unserer Erfahrung nach erhöht sich dadurch die Häufigkeit des aufploppens von Objekten und Texturen während schnell geschnittener Filmsequenzen, wie im Falle des Geländers am Pier oder des Riesenrads in der Montage zum Beginn des Spiels - nur zwei von zahlreichen Beispielen.
Einfach ausgedrückt, scheint das Installieren beider Datenträger auf die Festplatte der 360 zum Flaschenhals für die Engine zu werden, weil diese versucht, die Inhalte aus der selben Quelle zu laden. Direkt von der Disc zu spielen, führt hingegen zu Resultaten, die mit der PS3 vergleichbar sind. Das macht sich sogar mehr bemerkbar als es seinerzeit beim Launch von Skyrim der Fall war, das ähnliche Probleme beim Laden der Texturen hatte, wenn man es installierte. Im Falle von GTA 5 wurde die Engine offensichtlich darauf zugeschnitten, die Bandbreite von Laufwerk und Festplatte gleichzeitig zu nutzen.
Lässt man das Spiel von der Disc laufen, gibt es dann allerdings kaum Unterschiede zwischen der PS3 und der 360er Fassung hinsichtlich der Umgebungsdetails, aber ein paar Merkwürdigkeiten stechen trotzdem hervor. Beim Flug mit der Cuban 800 bemerkt man eine unterschiedliche Platzierung der Grasflächen. Besonders auffallend ist jedoch die Darstellung der Palmen. Die Tatsache, dass diese auf der 360 viel üppiger daherkommen, ist merkwürdig, wenn man die sonstigen Übereinstimmungen betrachtet, wobei wir bei den Baumkronen ein fieses Pixelflimmern während langsamer Schwenks beobachten konnten, das auf einen Mangel an Alphatransparenz hindeutet, was bei der Darstellung extra-feiner Details geholfen hätte. Will man es ganz ganz genau nehmen, könnte man noch die dezenten Unterschiede in der Auflösung der Reflexion bei Franklins Schlafzimmerspiegel nennen - auf der PS3 fällt diese, verglichen mit der 360, etwas pixeliger aus.
Auf Seiten der Effekte lässt sich feststellen, dass die Vollbild-Bewegungsunschärfe verglichen mit Grand Theft Auto 4 erheblich reduziert wurde, bei dem der schnelle Wechsel zwischen Zielen im Kampfmodus oder das Rasen über hochgezogene Brücken diesen Effekt auslöste. In GTA5 kommt Motion-Blur nur noch selten zum Einsatz, wahrscheinlich um die Performance zu verbessern, wobei man es gelegentlich während geskripteter Zwischensequenzen beobachten kann - zum Beispiel beim Rammen des Caravan eines rivalisierenden Drogendealers in einen Fluss. Depth-of-field (DOF) kommt auch dezenter daher, zum Beispiel in Form eines Bokeh-Effektes (Unschärfe von Lichtern) wenn man die erleuchtete Stadt aus der Ferne betrachtet.
Die wohl größte Verbesserung der Engine erzielte man bei der Handhabung von Licht und Schatten auf den Konsolen, die nun verbesserte Linsenreflektionen und Lichtschächte bieten. Die Beleuchtung der meisten Außenareale ist komplett dynamisch und basiert wie erwartet auf einem Tag-Nacht-Zyklus inklusive unterschiedlicher Wettereffekte. Die aus bestimmten Blickwinkeln flackernden, gefleckten Schatten, die das Aussehen von Liberty City im vorigen Spiel beeinflussten, wichen einer volleren und kräftigeren Alternative mit minimalem Flimmern. Leider wirken Schatten, die von dünnen Objekten geworfen werden, bei näherer Betrachtung ziemlich unscharf. Rennt man auf sie zu, vermindert ein stufenförmiger Filter sichtbar die Qualität. Trotzdem gibt es keinen Zweifel daran, dass es im Vergleich zu früher einen massiven Schritt nach vorne darstellt.
Physik spielt natürlich eine ebenfalls große Rolle, wenn es darum geht, der Welt von Grand Theft Auto 5 Leben einzuhauchen. Neben der eigenen Physik-Engine des Studios für Stoff- und Wassersimulationen, benutzte man die Dritthersteller-Lösungen Bullet und Euphoria. Diese generieren realistische und ungeskriptete Körperanimationen bei Kontakten sowie Umweltzerstörung und Vegetation. Ausgehend vom Winkel und Geschwindigkeit des Gegenverkehrs, schleudert die Kollision euren Hauptcharakter unterschiedlich durch die Luft und zurück auf den Boden. Diese für den Prozessor anstrengende Arbeit erledigt die Engine auf beiden Konsolen.
Grand Theft Auto 5: Performance-Analyse
Da es sich hier um einige der besten Effekte handelt, die bisher in einem Open-World-Spiel benutzt wurden, müssen unsere Erwartungen sorgfältig angepasst werden, wenn es um das leidige Thema der Bildrate geht. Es ist schwer, einige der 20-FPS--Passagen aus Grand Theft Auto 4 zu vergessen. Vor allem auf Seiten der PS3, sobald diese mit vollgepackten Straßen und einer Gruppe von Hochhäusern konfrontiert wurde. Die komplexe Struktur des Spiels sorgte zudem für eine der größten Eingabeverzögerungen vergangener Zeit mit bis zu 200ms, getestet anhand des Controllers zur Latenzmessung von Ben Heck.
"Im Direktvergleich sehen wir bei der Performance oftmals die 360 in Fürhung, aber im Spiel macht sich das deutlich weniger bemerkbar als noch in GTA 4."
Aber durch eine Verbesserung der RAGE-Engine, die nach ihren Einsätzen in Red Dead Redemption und Max Payne 3 erfolgte, verengte man die Kluft zwischen den Bildraten erheblich. Den dichten Stadtdschungel von Liberty City gegen eine wesentlich offenere Welt auszutauschen, entfernt einige der hohen Anforderungen und ermöglicht gleichzeitig eine wesentlich bessere Weitsicht, ähnlich wie beim Wandel von Grand Theft Auto 3 zu San Andreas auf der PS2. Ebenso optimierte man die Eingabe-Latenz, wobei sich keine Unterschiede zwischen der 360 und PS3 wahrnehmen lassen. Die Spielbarkeit ist somit auf beiden Plattformen deutlich höher als zuvor.
Das Ziel für beide Versionen sind 30 FPS, die in den meisten Gebieten auch gehalten werden. Generell erzielt die PS3 eine geringere Bildrate in identischen Zwischensequenzen, obwohl es sich dabei meist nur um zwei Bilder pro Sekunde handelt und sie selten stärker einbricht. Seltsamerweise schafft es die 360-Fassung teilweise über die 30-FPS-Grenze. Leider erzeugt dieser Umstand einen Judder-Effekt, da die Bildrate nicht länger als ein Vielfaches des 60Hz-Ausgabesignals operiert. Dennoch bewegen sich beide Konsolen selbst bei Einbrüchen dicht beieinander und können beide schon mal auf 20 FPS sinken.
Bei ungeskriptetem Spielszenen wie den Verfolgungsjagden mit der Polizei durch die belebteren Teile der Stadt ist ein Einbruch der Bildrate auf 20 FPS nicht selten. Beide Plattformen haben damit zu kämpfen, wobei ein klarer Sieger schwer festzulegen ist. Trevors weitaus explosivere Kämpfe gegen rivalisierende Drogendealer in der ländlichen Region sorgen ebenfalls für Einbrüche, wobei die PS3 trotz des ausufernden Einsatzes von Feuer- und Raucheffekten die Nase vorn behält. Diese Variabilität der Führung beweist eine gewisse Aufmerksamkeit gegenüber der PS3-Architektur, denn die Unterschiede sind für das bloße Auge praktisch unerkennbar.
"Man kann auf jeden Fall sagen, dass der Performance-Vorteil der 360 weniger Einfluss auf das Spiel hat als die Probleme mit dem Texture-Filtering. Es ist eine enge Sache, aber die PlayStation 3 ist für dieses Spiel unsere bevorzugte Plattform."
Grand Theft Auto 5: Das Digital-Foundry-Fazit
Endlich ist Rockstar Norths monströser Open-World-Titel in all seiner Pracht erhältlich. Aber welche Version solltet ihr euch nach fünf Jahren und einem geschätzten Budget von ca. 200 Millionen Euro, das in Entwicklung und Marketing fluss, nun kaufen? Nach ausführlichem Spielen beider Versionen und über 2 TB an aufgezeichnetem, verlustfreien Material zur Analyse können wir sagen, dass ihr mit beiden eine fantastische Zeit haben werdet. Die Beleuchtungs- und Physik-Engines sind in beiden Versionen vollständig intakt, kleinere Unterschiede beim Reflection-Mapping kann man getrost ignorieren. Im Kern präsentieren sowohl PS3 als auch 360 die gleiche, von Los Angeles inspirierte Region in nativer 720p-Auflösung mit nahezu identischen Effekten und Objekt-Details.
Die PS3-Version hat jedoch in einem Bereich einen unbestreitbaren Vorteil: Selbst mit bloßem Auge erkennt man auf der 360 die verschwommenen Bodentexturen, was das Resultat eines nicht-optimierten Asset-Streamings zu sein scheint. Ob Fehler oder nicht, Beton- oder Grastexturen unter den Füßen von Trevor, Michael oder Franklin wirken undeutlicher, während sie auf der PS3 glasklar bleiben. Auf der 360 zeigen sich beim direkten Vergleich kleine Vorteile bei der Framerate, aber bei Schusswechseln und schnellen Verfolgungsjagden durch die Stadt liegt manchmal die PS3 vorne - in beiden Fällen ist der Unterschied aber kaum spürbar. Da ansonsten alles identisch ist, empfehlen wir aufgrund der besseren Bildqualität die PS3-Version, sofern ihr die Wahl habt.
Grand Theft Auto 5 ist ohne Zweifel der Feature-reichste und einprägsamste Sandbox-Titel der aktuellen Generation, obwohl das Schweigen hinsichtlich einer bislang unangekündigten PC-Version und etwaiger Next-Gen-Umsetzungen fast schon unerträglich ist. Adaptionen dürften sicherlich noch im Rennen sein und würden sicherlich aufgrund der potenteren Hardware von einer besseren Performance und hochwertigeren Effekten profitieren. Aber das geht vermutlich an der Sache vorbei. Aufgrund der zahlreichen Inhalte, die in diesem Paket stecken, und einem interessanten 16-Spieler-Online-Modus, der erst noch folgt, gibt es keinen besseren Zeitpunkt, um Los Santos auf den Plattformen zu genießen, die ihr bereits habt.