Technik-Vergleich: Mass Effect 2
Ich bin Commander Shepard und das ist meine Lieblingsplattform auf der Citadel
BioWare sagt, dass über 700 Variablen aus einem Mass-Effect-Spielstand übernommen werden. In der Fortsetzung zeigt sich das bei vielen kleinen, netten Gelegenheiten – von kleineren Auftritten bis hin zu Mails, die auf eurem Terminal auftauchen. In einer Nebenmission von ME1 spricht man beispielsweise mit zwei Leuten über etwaige genetische Verbesserungen eines Kindes und das spürt man auch in der Fortsetzung: Man sieht und hört sie erneut, während man auf der Citadel unterwegs ist. Für die Hauptstory mag es vielleicht keine große Sache sein, aber es trägt zu einer tiefgründigeren Hintergrundgeschichte und einer reichhaltigeren Welt bei. Für eine Reihe wie Mass Effect ist das ein äußerst wichtiger Aspekt für den Reiz des Spiels.
Mit all dem im Hinterkopf kommen wir also zurück zu der Frage, ob Mass Effect 2 auf der PlayStation 3 wirklich die „definitive“ Version des Spiels ist.
Vom technischen Standpunkt aus gesehen bekommen Spieler hier, wenn es denn, wie die Entwickler behaupten, auf der ME3-Engine läuft, keine spürbaren Vorteile im Hinblick auf das, was schon auf der Xbox 360 zu sehen war. BioWares stark modifizierte Unreal Engine 3 benötigte vermutlich eine umfassende Überarbeitung, um die Sony-Plattform für das auf mehreren Plattformen erscheinende Mass Effect 3 anzupassen, also hätte es Sinn gemacht, diese Arbeit für die PS3-Umsetzung zu nutzen anstatt einfach den vorhanden 360-Code zu portieren. Wie dem auch sei, das Ganze ergibt kein wirklich besseres Spiel, wie es das Marketing nahezulegen scheint.
Die Implementierung der neuen Technik bedeutet, dass es hier und da Performance-Vorteile gibt, aber das Gameplay scheint insgesamt etwas nervöser zu sein. Grafisch gesehen gibt es Beweise dafür, dass die PS3-Version ein wenig abgespeckt wurde, aber die Qualität der Darstellung ist weitestgehend erstklassig und im finalen Spiel ist der Effekt kaum wahrnehmbar.
Die angepasste Beleuchtung ist der größte Unterschied und unserer Meinung nach eher mit wechselndem Erfolg umgesetzt. BioWare sagte, man habe das Spiel heller machen wollen, aber während einige Szenen ohne Zweifel von der überarbeiteten Beleuchtung profitieren, scheinen in vielen anderen Fällen die wunderbaren, nuancenreichen Texturarbeiten am Original vergleichsweise flach auszufallen. Unser Eindruck aus der Demo, dass die Beleuchtung manchmal inkonsistent ist, gilt auch für das finale Spiel, bei dem es manchmal so scheint, als ob die Position einer Lichtquelle sich inmitten einer Szene ändert.
Rein technisch gesehen gibt es nicht viel, was für die Behauptung einer „definitiven“ Version spricht, aber vielleicht sollte man das eher auf den Inhalt beziehen, da man eine Art Game of the Year Edition als definitiv betrachten könnte. Alle DLCs von Anfang an zu haben, ist sicherlich ein toller Zug: Mass Effect 2 ist ein Spiel mit viel Potential, Möglichkeiten und einer Menge Freiheit – mehr Optionen, mehr Missionen und mehr Ausrüstung von Beginn an kann nur etwas Gutes sein. Zusätzlich dazu besteht auf der PS3 die Möglichkeit, obwohl es keine große Sache ist, das Spiel ohne Discwechsel zu spielen. Dennoch gibt es eine Menge Möglichkeiten, um den gewaltigen Speicherplatz einer Blu-Ray-Disc zu nutzen und man kann sagen, dass nicht alles davon erforscht wurde.
Wenn es ein Element an Mass Effect 2 gibt, das unterdurchschnittlich ist, dann ist es die Nutzung von FMVs auf Basis des Bink-Codecs, der sich in Form von Macroblocking bemerkbar macht und sich oft mit den wunderschön umgesetzten Sequenzen beißt. Ein schneller Blick auf die Discs beider Versionen lässt vermuten, dass die verwendeten Dateien größtenteils Byte für Byte identisch sind. Sicherlich existieren die ursprünglichen Renderings irgendwo im BioWare-HQ und hätten für diese Veröffentlichung genutzt werden können?
Ein Jahr nach seiner Veröffentlichung für PC und Xbox 360 bleibt die Brillianz eines Mass Effect 2 unvermindert. Kann man zwischen allen Plattformen wählen, fühlt sich der PC, der die technologisch begrenzten Konsolen mit höheren Auflösungen und Frameraten übertreffen kann, nach der besten technischen Erfahrung an, wie wir bereits in unserer Technik-Analyse vom letzten Jahr angemerkt haben.
Zwischen den Konsolen ist der Abstand geringer. Technologisch gesehen scheint die Xbox-360-Version einen Vorteil zu haben, aber gelegentlich niedrigere Frameraten und meist unbemerkte grafische Kompromisse auf der PS3 werden den Spaß, den ihr mit diesem Spiel haben werdet, kaum mindern.
Nichtsdestotrotz erinnert uns dieses Feature mit seiner Gelegenheit, zu Mass Effect 2 zurückzukehren, daran, dass das Spielen dieser Serie so viel mehr ausmacht als nur dieses eine Spiel: Es ist eine Saga, eine epische Reihe wie keine andere, bei der alle drei Kapitel miteinander verbunden sind. Und aus lizenzrechtlichen Gründen ist die Xbox 360 leider die einzige Konsole, auf der ihr die ganze Geschichte erleben könnt.