Technik-Analyse: Crysis-2-Demo
Digital Foundry über Cryteks Jüngstes!
Von zentraler Wichtigkeit für das Look and Feel des Spiels ist die Integration der Real-Time Global Illumination. Die ist in der Welt der Videospiele nicht unbedingt neu. Die Berechnung der Beleuchtung gibt es natürlich schon seit einer sehr, sehr langen Zeit. Die Designer erschaffen die Level, diese werden dann im Editor beleuchtet und anschließend werden in einem zeitaufwendigen Offline-Prozedere Licht und Schatten berechnet. id Softwares erstes Quake ist eines der frühesten Beispiele hierfür. Die Entwickler hatten eine Reihe von SGI-Workstations extra dafür abgestellt, die Beleuchtung der Level zu berechnen, damit sie die Früchte ihrer Arbeit relativ zeitnah begutachten konnten. Selbst heute noch nutzen Titel wie Uncharted 2: Among Thieves die Offline-Berechnung, um die GI in die Level "einzubacken", und auch in der Unreal Engine bleibt sie ein bedeutsamer Faktor – eine Technik, die Crytek mit seiner Engine als die marktführende Middleware ablösen möchte.
Mit der CryEngine 3 können Entwickler die Beleuchtung on the fly justieren und sofort prüfen, wie es aussieht, weil das Spiel parallel auf PS3, PC und Xbox 360 läuft. Dies bedeutet natürlich eine enorme Zeitersparnis, hat aber auch Auswirkungen auf den Spieler, wenn es um sich verändernde Beleuchtung geht (etwa durch Wechsel der Tageszeit). Dass eine so komplexe Aufgabe auch auf fünf Jahre alter Konsolentechnologie noch funktioniert, ist eine gewaltige Leistung von dem Frankfurter Entwicklerteam.
Globale Echtzeit-Beleuchtung ist eine der Schlüsselinnovationen der CryEngine 3, aber es ist interessant, dass viele Bereiche der Technik noch aus dem ersten Crysis stammen. Wir wissen dies nicht allein aus den zahlreichen Vorführungen Cryteks, in denen Tools und Konfiguration denen von Crysis ähnelten. Auch die Xbox-360-Demo kann man dechiffrieren und entpacken, wodurch wir Zugang zu einer .cfg-Datei mit einer gewaltigen Auswahl an Variablen erhielten. Diese haben viel gemeinsam mit existierenden PC-Veröffentlichungen von CE2-Spielen, unter anderem von Crysis Wars, um nur das jüngste Beispiel zu nennen.
Damals, im Dezember 2009, versuchten wir im Artikel "Läuft Crysis auf Konsolen?" Cryteks Demos mit der PC-Version zu replizieren. Gast-Autor Nebula erstellte uns eine PC-Config auf Basis der Optik des 360- und PS3-Materials. Er kam zu dem Schluss, dass die CryEngine 3 auf Konsolen auf der mittleren Qualitätsstufe der PC-Version basiert. Einige der Elemente waren jedoch etwas zurückgeschraubt, während andere im "Sehr Hoch"-Modus liefen. Heute bestätigt die .cfg-Datei einen Großteil seiner Nachforschungen.
Doomlord52, Mitglied des InCrysis-Forums, ging noch einen Schritt weiter und erstellte einen Punkt-für-Punkt-Vergleich zwischen der 360-.cfg und der von Crysis Wars auf dem PC. Seine Schlüsse sind sehr aufschlussreich: RAM-intensive Funktionen der CryEngine laufen auf Medium oder darunter. Rechenintensive Dinge, wie etwa Beleuchtung und Geometrie, wurden hingegen heraufgeschraubt.
Das sollte keine allzu große Überraschung sein. Wie wir im ursprünglichen Artikel bereits erwähnten, ist eine der zentralen Verbesserungen, an denen Crytek gearbeitet hat, sich an die Mehr-Kern-Technologie anzupassen. Crysis für PC nutzte tatsächlich nichts oberhalb einer Dual-Core-CPU, in der .cfg-Datei der Demo sehen wir aber, dass mindestens fünf der sechs Hardware-Threads, die die Triple-Core Xenon-CPU unterstützt, genutzt werden.
Diese Innovation lässt nicht nur für die PS3-Version von Crysis 2 hoffen, sondern auch für die PC-Ausgabe. Hier sollten wir einige massive Verbesserungen gegenüber der Konsolen-Performance und –Bildqualität zu sehen bekommen. Oft genug sehen wir PC-Versionen von Multi-Plattform-Entwicklungen, die ihren Konsolen-Geschwistern überraschend wenig voraus haben. Basierend auf unseren Erfahrungen mit der CryEngine-2-Technik deutet die .cfg-Datei bereits an, dass das PC-Spiel ein radikal überlegenes grafische Erlebnis bieten wird.
Außerdem unterstützt schon die Demo von Crysis 2 stereoskopisches 3D, allerdings muss man im Dashboard den 1080p-Modus aktiviert haben, damit man die Option wählen kann. Die Optionen deuten darauf hin, dass diverse Stereo-3D-Formate unterstützt werden. In der 360-Version wird aber nur die "Nebeneinander-Variante" angeboten (zusätzliche Formate wie HDMI 1.4 werden in der PS3-Version anwählbar sein).
Auch sehr nützlich ist eine Option, mit der man die Stärke des 3D-Effekts justieren kann. Zu Beginn steht sie bei 50 Prozent. Die Möglichkeit, die 3D-Optionen aus dem Spiel heraus einstellen zu können, ist ebenfalls sehr willkommen – es erlaubt, den 3D-Effekt schnell und unkompliziert dem eigenem Geschmack anzupassen, ohne dass man das Spiel für diese Änderungen komplett verlassen müsste, so wie das in den meisten 3D-Konsolentiteln bisher der Fall war.
Crytek entschied sich für sein 3D für eine Methode, die mehr mit TriOviz gemein hat als mit den Techniken aus Sonys Spielen. Wahre Stereoskopie erfordert im Allgemeinen, dass die Geometrie zweimal berechnet wird – einmal für jedes Auge. Und außerdem wird die Anzahl an Pixeln verdoppelt. Cryteks Lösung generiert dagegen kein wahres stereoskopisches 3D, sondern greift auf das Prinzip von "2D plus Tiefe" zurück: Es wird nur ein Bild generiert, in zusätzlichen Berechnungen wird dann mithilfe des Tiefenbuffers ein separates Bild für jedes Auge generiert.
Im Fall von TriOviz wirkt sich das kaum auf die Performance aus, allerdings gibt es Probleme mit Effekten wie Transparenzen. Diese werden nicht korrekt berechnet, weil sie nicht im Tiefenbuffer zu finden sind, aus dem der 3D-Effekt generiert wird.
Crysis 2 scheint dieses Problem nicht zu haben und das Spiel erzeugt allgemein einen guten Tiefeneffekt. Das 3D ist nicht so "flashy" wie in Spielen wie Super Stardust HD oder das schlicht überwältigende MotorStorm: Apocalypse – aber man bekommt einen Sinn für Substanz und Echtheit von der Spielwelt. Außerdem ist dieses 3D sogar augenschonender als viele andere 3D-Spiele.