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Dissidia: Final Fantasy

Prügler meets Rollenspiel

Aber zum Glück hat es sich damit noch lange nicht: Ist die erste der zehn parallel stattfindenden Storylines abgeschlossen, öffnet sich der Shade-Impuls-Modus – dort wird die Geschichte um Chaos und Cosmos in einem längeren, komplexeren Abenteuer zu einem gegen Ende knackig schweren, dafür auch schwer befriedigenden Abschluss gebracht.

Trotzdem, für die mögliche Fortsetzung steht zumindest auf meinem Wunschzettel ein überzeugenderer Storymodus weit oben. Während die Besetzung des Spiels natürlich hochgradig charismatisch daherkommt, kann das Setting da selbst nicht mithalten. Meist finden Monologe, Dialoge und das Aufeinandertreffen der Helden mit ihren Erzfeinden in unangenehm austauschbaren, persönlichkeitslosen Ruinen, Tempeln und Säulenhallen statt. Ein echtes Gefühl für die Welt, um die sich Chaos und Cosmos da so ausgiebig zanken, kommt nicht auf.

Auch die Charakterisierung der Helden muss etwas kritisiert werden. Viele der Figuren werden auf ihre grundlegenden Eigenschaften reduziert und gewinnen im Verlauf des Spiels kaum an Tiefe – Cecil kämpft stets mit seinem Gewissen, Terra ist immer etwas unsicher, Squall ist ein schweigsamer Einzelgänger und Tidus oft genug eine etwas übermotivierte Nervensäge... die Figuren wurden frei von Kontinuität aus ihren jeweiligen Spielen genommen, das schlägt sich gelegentlich doch auf den Spannungsbogen nieder.

Die meisten Kampfarenen sind leider etwas zu dröge ausgefallen.

Andererseits ist es natürlich toll, alte Bekannte wie Terra, Bartz oder Zidane wiederzusehen. Überhaupt kommen Nostalgiker hier schwer auf ihre Kosten. Die umfangreichen, netterweise aber optionalen Tutorials werden nicht einfach über dröge Texttafeln abgehandelt, jeder Punkt wird von einem anderen alten Final-Fantasy-Bekannten besprochen.

Während Quistis Trepe aus Final Fantasy VIII alles wissenswerte über die Verwendung von Accessories erklärt, weisen euch die alten Final-Fantasy-IX-Bekannten Vivi und Steiner in das Ausrüstungsmenü ein. Und wenn ihr etwas über Beschwörungen wissen wollt, dann hilft euch Rydia aus Teil IV weiter. Jede der Figuren agiert und spricht dabei so mit euch, wie ihr es aus den Originalspielen gewohnt seid – ein schöner Mehrwert der deutlich zeigt, mit wie viel Liebe zum Detail die Entwickler hier zu Werke gegangen sind.

Genau wie bei der Charakterauswahl schöpft Square Enix auch bei der Akustik aus der reichhaltigen Seriengeschichte. Neben einer handvoll stimmiger neuer Tracks bietet Dissidia jede Menge neu arrangierte Klassiker und Gassenhauer aus der Seriengeschichte. Die Arrangements sind überzeugend und werden den Originaltracks gut gerecht, auch wenn mir persönlich das akustisch ähnlich angelegte Chocobos Dungeon für Wii in dieser Hinsicht eine Spur besser gefallen hat. Größtenteils gelungen ist auch die englische Sprachausgabe. Obwohl wenn nicht alle Stimmen vollständig begeistern können, bietet Dissidia doch ein paar sehr überzeugende Sprecherleistungen und gewinnt so noch einmal an Atmosphäre.

Im Ausrüstungsbildschirm legt ihr Waffen, Rüstungen und Fähigkeiten eurer Figur fest.

Klar, objektiv betrachtet ist Dissidia ein gewaltiges Fanservice-Paket, aber das ist ja bei weitem nichts Schlimmes! Das Team um Takeshi Arakawa hat nicht einfach nur ein Prügel-Crossover im Final-Fantasy-Look entwickelt, sondern ein ganz eigenes Spielerlebnis geschaffen, das einen hochinteressanten Mittelweg zwischen RPG und Beat’em-Up beschreitet.

In mancher Hinsicht gibt es aber noch Spielraum nach oben. Die Geschichte könnte etwas stimmiger erzählt werden, die Kamera ist nicht immer ganz optimal positioniert, so mancher Kampf birgt ein gewisses Frustpotenzial und natürlich gehen bei der Auswahl der Kämpfer immer die Meinungen auseinander. Jeder Spieler hat eben seine Lieblingsfigur, die er gerne im Spiel sehen würde. Aber dafür gibt es ja immer die Möglichkeit einer Fortsetzung.

Egal ob ihr nun eher RPG- oder Prügelaffin seid, egal ob ihr mit den Final Fantasy-Episoden vertraut seid oder nicht, habt ihr eine PSP am Start, solltet ihr dringend einen Blick auf Dissidia werfen. Selten war ein Spiel auf Sonys kleinem schwarzen so stimmig präsentiert und selten war ein PSP-Titel so umfassend mit Story, Zwischensequenzen, Charakteren, Spielmodi, Optionen, Extras und offensichtlichem, aber gleichzeitig einfach sympathischem und willkommenem Fanservice ausgestattet. Und jetzt entschuldigt mich, ich muss doch noch ein wenig in den Arcade-Modus gehen und als Exdeath oder Kefka das ein oder andere Hühnchen mit meinen „Lieblingen“ Cloud und Tidus rupfen. Alleine das sollte Fans der ersten Stunde schon den Kauf von Dissidia wert sein.

Dissidia: Final Fantasy ist in einer normalen und einer Special Edition für PSP im Handel erhältlich.

8 / 10

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Thomas Nickel Avatar
Thomas Nickel: Fest in der 16Bit-Ära verwurzelt, lehrt der freie Autor Spielegeschichte an der Frankfurter Games Academy. Wird eher selten vor Ego-Shootern gesichtet.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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