Dragon Age 2
Ernsthaft?
Zurück zu positiveren Aspekten. Die Gefährten haben, wie auch Hawke selbst, eine eigene Heimstätte anstelle eines gemeinsamen Lagers. Das passt natürlich schon zu einer Gruppe von Bekannten und Freunden, deren Schicksale in der Stadt über die Jahre immer wieder zusammenfinden, hat aber auch den Nachteil, dass man alle diese Orte immer wieder einzeln abklappern muss, um dort zu weiteren Gesprächen zu kommen, die man sonst nicht führen würde. Wieder etwas, bei dem ich nicht genau weiß, wie ich es bewerten soll. Eigentlich folgerichtig, aber seltsam umständlich, besonders in einem Spiel, das sehr auf Benutzerkomfort ausgelegt ist. Die aktuelle Gruppe zusammenzustellen, ohne reden zu wollen, ist übrigens denkbar einfach. Überall in der Stadt verteilt gibt es Podeste, an denen ihr in Sekunden die Mitglieder austauschen und die Gruppe neu formieren könnt.
Die Gefährten selbst sind ein bunter Mix, wie man es bei BioWare ja gewohnt ist. Viele alte Bekannte wird man nicht treffen, was aber jetzt nicht so dramatisch ist. Die neuen wurden mit viel Liebe und Persönlichkeit entworfen, was leider auch erst nach viel Zeit mit ihnen klar wird. Kam in Origins schnell eine Truppe zusammen, die über das Lager und die dort geführten Gespräche kontinuierlich zu sich fand, verläuft hier die Einführung praktisch jeder Figur mit einem großen Fragezeichen. Wer ist das und warum zur Hölle will der gleich bei mir mitmachen?
Bei dem Zwerg Varric wurde es ja weiter oben schon erwähnt, aber auch andere Treffen laufen ähnlich schräg ab. Durch diese unterschiedlichen Wohnorte und auch dadurch, dass man nur dann mit den Figuren reden kann, wenn sie etwas Neues zu sagen haben – was leider ziemlich selten der Fall ist –, verkommen sie außerhalb der Quests mitunter etwas zu sehr zu Statisten. Das Gefühl der real wirkenden Rollenspielgruppe fehlt in DA2. Wiederum angesichts der Storykonstellation nur konsequent, aber leider ist da wenig, was es ersetzen würde, sodass man sich schon meist ein wenig einsam fühlt.
Die Beziehungen zu den Gefährten gibt es natürlich immer noch und sie schwanken zwischen Freund und Rivale. Mit richtig guten Freunden - und wohl auch Rivalen, aber da ich nicht weiß wie, nehme ich in diesem Falle mal den Entwickler beim Wort - lässt sich immer noch ein wenig mehr anfangen, wenn man es in Dialogen mit ihnen auf die Herz-Option ankommen lässt. Rivalen heißen so, weil sie bei den Konflikten in der Stadt eine andere Seite vertreten als der Held das gerade tut und wer dabei konsequent vorgeht, schafft sich eben nicht unbedingt einen Feind, aber zumindest einen Konkurrenten im Streit um die Zukunft von Kirkwall. Das heißt aber nicht, dass sie einen sofort verlassen. So etwas gibt es hier nicht mehr, auch wenn Charaktere sich immer noch aus Storygründen von der Runde verabschieden können. Je nachdem, wann man wie was wo entscheidet, passiert dies mitunter sogar recht drastisch und solche Momente gehören zu den Besten in DA2 und sie geben dem Spiel viel Profil.
Die Dialoge selbst, sei es nun in den eigenen Reihen oder auch mit anderen NPCs, sind ehrlich gesagt schwächer als in Origins. Sowohl einfach von der inhaltlichen und stilistischen Qualität wie auch von der Möglichkeit der Antworten. Gab es in Origins recht komplexe und auch sehr abgestufte Reaktionen, reduziert es sich hier in über 80 Prozent der Fälle auf drei Möglichkeiten: Friedlich-konziliant, leicht schnippisch-mittig und aggressiv-direkt.
Das ist ein wenig übersichtlicher und der Verzicht auf ein „gut" oder „böse" entspricht dem Ansatz eines Mass Effect, wo dieses System für Shepard zu einer facettenreichen, jedoch in sich geschlossenen Figur führte. Bei Hawke klappt es mit dem zweiten Teil leider nicht so ganz. Je nach Situation scheint er zwischen geschliffener Diplomatie und grenzgewalttätigen Ausbrüchen zu schwanken und das innerhalb eines Gespräches. Wer den Charakter integer spielen möchte, muss sich also trotzdem auf eine Richtung festlegen, um solch extremen, leicht bipolaren Gemütsschwankungen wenigstens teilweise aus dem Weg zu gehen. Oder man lebt halt damit, dass Hawke scheinbar Probleme hat.
Weitere Gesprächsoptionen sind Bestechung, auch mal das Herzchen für Annäherung, ein Fragezeichen für neutrale Nachfragen und das spannendste Symbol, ein etwas nichtssagender Pfeil. In einem solchen Spiel gibt es natürlich nicht nur emotionale Gesprächsrichtungen, sondern auch Entscheidungen, und bei manchen davon existiert neben dem eh nie vorhandenen Richtig und Falsch nicht einmal die oben genannte Abstufung. Bei Pfeil-Antworten habt ihr keine direkten Hinweise, ihr müsst einen eigenen Weg finden und sehen, wie die Szene sich mit euren Antworten ausspielt. Geht ihr den Weg, der euch einem Gefährten - oder angeblich auch Rivalen - näherbringt, dann hat dieser neben der Möglichkeit, anzubandeln, auch noch die Chance einer spezielle Gratis-Fertigkeit als Bonus. Perfekte Rivalität zahlt sich übrigens auch aus, denn auch dafür gibt es eine Spezialeigenschaft.