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Driver: San Francisco

Vorsicht, Geisterfahrer!

Das klappt in der Realität vermutlich auch nicht wie im Film, hätte dem Spiel aber etwas mehr "Oooomph" verliehen sowie eine weitere veritable Option, sich seiner übereifrigen Groupies zu entledigen. Und auch wenn ich jetzt ein bisschen wie ein Erbsenzähler rüberkomme, will ich diesen Punkt nicht unerwähnt lassen: Ein paar mehr Möglichkeiten für wilde, überraschende Abkürzungen - Sprünge von Autobahnbrücken, Querfeldein-Abstecher und dergleichen - wären nett gewesen.

Es gibt einige dieser Optionen, aber man muss sie erst suchen, anstatt sie spontan und mit einer (un)gesunden Dosis Gottvertrauen ganz natürlich aus einer Verfolgungsjagd heraus wahrnehmen zu können. So wie es ist, seid ihr an die Straßen, Gassen und Plätze gebunden, die auf der komfortabel ausklappbaren Mini-Map eindeutig als befahrbar eingezeichnet sind. Alles andere wird durch unsichtbare Wände abgegrenzt. Das merkt man selten genug - einen meiner Kollegen hat es sogar überhaupt nicht gestört -, aber wenn man über die Rampe eines fahrenden Autotransporters zischt, dann sollte der folgende Sprung auch eine 80 Zentimeter hohe Mauer hinter sich lassen und nicht an einem undurchdringlichen "Energiefeld" enden.

Doch dies sind, wenn man ehrlich ist, Dinge, die nicht darüber hinwegtäuschen, dass man die meiste Zeit mit einigem Wohlgefallen damit beschäftigt ist, diese schöne Stadt zu erkunden. Oftmals fährt man einfach durch die Gegend, um ab und an mal in ein attraktiveres Fahrzeug umzusteigen. Anders als in den meisten anderen Fahrspielen gelingt Driver dabei noch ein anderes Kunststück: Die Motorhauben-Perspektive ist hier zur Abwechslung mal nicht mein Favorit.

Zum einen liegt das daran, dass die nett eindellbaren Autos von der externen Kamera so verdammt schmeichelhaft in Szene gesetzt werden. Und zum anderen daran, dass die Ego-Sicht durch Tanners Augen noch tolle Übersicht liefert, wenn es eigentlich nur darum geht, der Stadt Größe zu verleihen. Ständig wechselte ich beim Test zwischen diesen Perspektiven hin und her und konnte mich nicht entscheiden, welche mir nun besser gefällt.

Optisch ist der Titel wie erwähnt auf Standbildern nicht unbedingt eine Augenweide, was insbesondere an den schwachen Gebäudetexturen liegt. Doch die Stadt ist groß und recht authentisch nachgebildet und es soll mal bitte einer bei 120 Meilen auf die Wandtexturen achten. Die Autos selbst glitzern unnachahmlich plastisch unter der Westküstensonne, woran die hohe Bildrate ihren Anteil hat. Beim freiem Herumfahren und in den meisten Missionen sieht das ziemlich super aus und ist ein überzeugendes Plädoyer an andere Entwickler, mal wieder ein wenig auf eine flüssige Grafikdarstellung zu achten.

Driver: San Francisco - Multiplayer-Trailer

Bei chaotischen Hetzjagden stottert aber auch der Driver schon mal in deutlich untertourige Bereiche ab, während auch das unschöne Tearing für diese Engine nichts Unbekanntes ist. Es beschränkt sich meist zwar auf spektakuläre Drifts mit gleichzeitigen Crashes und starker Rauchentwicklung, aber es ist da. Wer diesem Grafik-"Effekt" gegenüber allergisch ist, sei also milde gewarnt.

Eine echte Überraschung ist der Multiplayer-Modus. Es gibt beinahe zu viele Spielvarianten, um sie hier aufzulisten. Im Zwei-Spieler-Test am Splitscreen waren aber sowohl die kooperativen als auch die Gegeneinander-Modi - solche mit und die ohne Shift - sehr abwechslungsreich und sinnig gehalten. Ob man nun einen Wagen durch das Fahren in seinem Windschatten "betanken" muss, damit er nicht stehen bleibt oder die Auto-Version des Kindergartenklassikers "Ticken" spielt - alle Varianten waren extrem lustig. Wer es hingegen ernst meint, fährt einfach traditionelle Rennen. Online verspricht das Spiel mit einem Leveling-System und zahlreichen Unlockables, wie Autos und sogar Perks für die Turbo-Leiste, mittelfristig durchaus einiges an Leben. Die Performance konnte bislang nicht getestet werden.

Wurde das Spiel zunächst noch etwas belächelt, beißt dieser Zynismus den einstigen Kritikern nun herzhaft in den Hintern. Driver: San Francisco ist kein perfektes, aber dennoch ein richtig gutes, rundes Spiel geworden, dem man die Verwandtschaft zur Bug-Hölle Driv3r ("Dreiver", "3ver"? - vergessen ... ) kaum glauben mag. Dort wo es zählt, nämlich auf der Straße, liefert Reflections ein überaus befriedigendes Stück Fahrspiel ab und wird zudem nicht müde, auch ringsum um das lebhafte Kern-Konzept erlebenswerte Inhalte unterzubringen. Die sehenswerte Stadt liefert dabei den perfekten Untergrund für einen Titel, dessen Bandbreite an Events und anderen Betätigungsfeldern ich in dieser Form nicht erwartet hätte. Ein Genuss, den einem auch die oben erwähnten Versäumnisse bei der Spielbalance und gewissen städteplanerischen Feinheiten nicht wirklich vergällen können.

Insofern: Glückwunsch Reflections! Mission erfüllt. Niemand lacht mehr über den Driver.

Driver: San Francisco ist ab sofort für Xbox 360, PlayStation 3 und Wii erhältlich. Die PC-Fassung folgt am 29. September.

8 / 10

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