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Eigene Sprache für Tabula Rasa

Tabula Rasa - Ein Online-Rollenspiel, das nun schon seit vielen Jahren in der Entwicklung ist und sich anscheinend seiner Vollendung nähert.

NCsofts fleißige Public Relations-Abteilung sprach mit dem Schöpfer und Design-Legende Richard Garriott (Ultima), um etwas Licht auf einen interessanten Teilaspekt des Spiels zu werfen: Die Sprache. Tabula Rasa wartet mit einer eigens entwickelten Sprache auf, die sich „Logos“ nennt. Mehr entnehmt Ihr folgenden Fragen und Antworten:

Dies ist nicht das erste Mal, dass du eine Sprache für ein Spiel erschaffen hast - in UO gab es ja eine Art „Runen”-Sprache. Woher kommt deine Faszination für Sprachen, und insbesondere deren Erschaffung?

Richard Garriott: Ich sehe mich eigentlich als eine Art „Tolkien”-Spielentwickler. Damit meine ich, dass Leute, die ein Spiel entwerfen, viel mehr über die Geschichte dessen Universums, dessen Volkes, seiner Wissenschaft, Kultur und Sprache wissen müssen, als tatsächlich in der Story rüberkommt. Eine „echte” Sprache mit einem „echten” Alphabet gibt der Realität, der diese Sprache entstammt, eine viel größere Glaubwürdigkeit.

Wie unterscheidet sich die Sprache Logos von der Runen-Sprache, die du für UO erschaffen hast?

Richard Garriott: In Ultima Online habe ich eine Runen-Sprache verwendet, deren Aufbau der Sprache, die Tolkien in „Herr der Ringe” verwendete, sehr ähnlich war. Wenn man sich in jeder beliebigen Enzyklopädie die Einträge über Runen ansieht, findet man dort ähnliche Runen, die tatsächlich die Vorläufer des römischen Alphabets waren. Runen eignen sich bestens für englischsprachige Spieler, da sie den Buchstaben unseres Alphabets sehr ähnlich sind und mit einem einfachen Code dazu verwendet werden können, Wörter zu verbergen.

Für Tabula Rasa hatte ich jedoch andere Vorstellungen. Ich wollte eine Sprache, die für Spieler aus unterschiedlichen Ländern und Sprachräumen gleichermaßen leicht zu entziffern sein würde. Aus diesem Grund habe ich mich für eine „logogrammatische” Sprache entschieden, also eine Sprache, die aus abstrakten Symbolen aufgebaut ist. Das fügt sich auch ideal in die Geschichte ein. In der Geschichte von Tabula Rasa haben hochgradig fortschrittliche Aliens eine Nachricht in das gesamte Universum ausgesandt. Da macht es natürlich Sinn, sich einer Schrift, bzw. Sprache zu bedienen, die von allen Zivilisationen verstanden werden kann, die selbst über eine Sprache verfügen.

Woher stammt der Name „Logos”?

Richard Garriott: Das Wort „Logos” beschreibt in unserem Spiel sowohl die symbolische Sprache als auch die übermenschlichen Kräfte, die unsere Spieler erhalten können. „Logos” wird oftmals dazu verwendet, gottähnliche Kräfte zu beschreiben, die sich mithilfe der Macht des Geistes und des gesprochenen Wortes in der Realität manifestieren, wie etwa „Es werde Licht. Und es wurde Licht.” Dazu kommt dann noch das Konzept einer logogrammatischen Sprache, die sich zu Kommunikationszwecken piktographischer Symbole bedient. Durch die Kombination dieser Elemente erhält unser Spiel eine Sprache, die die Spieler lernen können und durch die sie in der Lage sein werden, die von den Eloh im Spiel zurückgelassene Kunst und Architektur tatsächlich zu lesen. Außerdem macht es unglaublich großen Spaß, die Symbole im Spiel zu sammeln, und dadurch sein eigenes, persönliches Wörterbuch zu erweitern. Im Verlauf des Spiels können Spieler mit den Logos-Symbolen besondere Kräfte freischalten.

Gab es bestimmte Schwierigkeiten bei der Erschaffung einer Symbol-Sprache, die ihr mit einer auf einem Alphabet basierten Sprache hättet vermeiden können?

Richard Garriott: Auf jeden Fall! Die Erschaffung einer Sprache, die von jedem Bewohner unseres Planeten gleichermaßen verstanden werden soll, ist eine ziemlich überwältigende Aufgabe! Und um ganz ehrlich zu sein, als ich damit begann, war ich mir nicht immer sicher, ob ich es auch schaffen würde. Ich musste mich aus mehreren Sackgassen herausarbeiten. Eine dieser Sackgassen waren ägyptische Hieroglyphen. Da ich mich niemals zuvor mit ihnen befasst hatte, war ich mehr als überrascht, als ich merkte, dass sie keine Piktogramme sind und selbst moderne Gelehrte sie nicht ohne die Zuhilfenahme des Rosettasteins entziffern können. Traditionelle chinesische Kalligraphie war im Gegensatz dazu mit ihrer kompletten und tatsächlich verwendeten piktographischen Sprache eine Quelle der Inspiration.

Meine Freundin und ich verbrachten endlose Nächte damit, verschiedene Symbole aufzuschreiben und verschiedene Modelle gegeneinander auszuwerten, um einen Code zu entwickeln, der so leicht wie möglich zu lesen und zu entziffern sein würde. Eines der von uns diskutierten Probleme war die Frage, ob wir für verschiedene Abstufungen der Symbole die Dimensionen Zeit und Geschlecht verwenden sollten oder nicht. Auch beim Satzbau mussten wir mit einigen interessanten Problemen fertig werden. Das Wichtigste an der neuen Sprache ist wahrscheinlich, dass sie sich nicht Wort für Wort an die englische Sprache anlehnt. Es ist vielmehr eine Sprache universeller Ideen. Wenn man Logos also ins Englische oder jede beliebige andere Sprache übersetzt, ist die Idee des Symbols viel wichtiger als das tatsächliche englische Wort.

Kannst du uns vielleicht am folgenden Beispiel erklären, wie man Logos liest?

Richard Garriott: Es ist wahrscheinlich besser, wenn ich euch zunächst etwas mehr über die Struktur der Sprache erzähle, anstatt gleich mit der Übersetzung dieses Satzes rauszurücken. Bei der Entwicklung der Symbole wollte ich möglichst wenige Grundsymbole und Modifikatoren verwenden und versuchen, komplexere Wörter aus Kombinationen dieser Grundbedeutungen herzuleiten. Ich musste an bestimmten Stellen kleinere Kompromisse eingehen und die Sprache an die menschliche Geschichte anlehnen, damit sie von menschlichen Spielern auch verstanden werden kann. So werdet ihr zum Beispiel auf Symbole stoßen, die wie eine Strichfiguren-Darstellung des klassischen Mannes bzw. der klassischen Frau aussehen, etc. Da das Verständnis dieser Konzepte dermaßen wichtig ist, haben wir einige Elemente der Geschichte so angepasst, dass das gesamte empfindungsfähige Leben des Universums zweibeinig ist, damit man es erkennen kann, wenn man darauf stößt. Dies bedeutet auch, dass sich die Symbolsprache ähnlicher Formen bedienen kann. So benutzen wir zum Beispiel eine Sanduhr, um das Konzept Zeit darzustellen, da wir davon ausgehen können, dass die meisten fortschrittlichen Lebensformen zu einem Zeitpunkt ihrer Entwicklung ein Zeitmessgerät in Form einer Sand- oder Wasseruhr verwenden werden.

Spezifizität im Sinne von Bestimmtheit wird in unserer Sprache durch Punkte dargestellt, sodass der erste Punkt des obigen Beispiels die Funktion des bestimmten Artikels ("Der) einnimmt. Das zweite Symbol in Form gekreuzter Schwerter steht für „Kampf” (oder Krieg) und beruht auf der Annahme, dass die meisten fortschrittlichen Kulturen zu einem Zeitpunkt ihrer Geschichte mit Stöcken und dann Schwertern gekämpft haben. Das nach rechts deutende Dreieck bedeutet „um” (oder für). Hätte das Dreieck nach links gedeutet, würde es stattdessen „von” bedeuten. Das nächste Symbol - die umrandeten strahlenden Pfeile - steht für „Kontrolle”. Die abstrahlenden Pfeile sind das Symbol des Chaos und das beinahe völlig geschlossene Quadrat ist das Symbol der „Einschränkung” bzw. „Umzäunung”. Eingeschränktes bzw. umzäuntes Chaos steht somit für Kontrolle. Ein eingeklammertes Symbol zeigt einen Besitzzustand an. Eine eingeklammerte Strichfigur würde also die Funktion eines Possessivpronomens (also „sein” oder „ihr”) einnehmen. In unserem Beispiel übernimmt der eingeklammerte Punkt die Bedeutung von „des”. Das nächste Symbol, das aus drei Sternen besteht, steht für den „Kosmos” (bzw. das Universum). Es gibt viele Symbole, die Pfeile beinhalten, und damit Bewegung, eine Richtung, den Beginn oder das Ende bzw. den Akt des Gehens selbst veranschaulichen. Der Pfeil unseres Beispiels „verlässt” eine Abgrenzung und steht somit für einen „Beginn”. Das letzte Symbol besteht aus dem Symbol für Zeit, das auf beiden Seiten von vertikalen Linien eingegrenzt ist. Zeit mit einem Punkt zur Rechten würde demgemäß „Zukunft” bedeuten. Zeit mit einem Punkt zur Linken steht für „Vergangenheit”. In diesem Fall ist die Zeit auf beiden Seiten eingegrenzt, also handelt es sich um die „Gegenwart” oder „das Jetzt”.

Wenn wir dann alle Symbole zu einem Satz kombinieren, erhalten wir: „Der Kampf um die Kontrolle des Kosmos beginnt jetzt!”

Richard Garriott: Es hat uns sehr gefreut, dass die meisten Mitglieder des Teams in den USA und den anderen Territorien neue Symbole bereits kurz, nachdem sie damit in Kontakt kamen, lesen konnten. Ich hoffe sehr, dass die Spieler beim Suchen nach und Entziffern von Symbolen genauso viel Spaß haben, wie mir ihre Erschaffung bisher gemacht hat und wohl auch weiterhin noch machen wird. Genau wie jede andere lebende Sprache entwickelt sich auch Logos ständig weiter. Logos beinhaltet bereits jetzt hunderte Symbole und wird ständig um neue erweitert, wenn im Spiel neue Nachrichten mitgeteilt werden müssen.

Auf PlayTR.com findet Ihr ein Gewinnspiel: Eine in Logos geschriebene Nachricht muss entziffert werden.

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