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Empire: Total War

Königliches Vergnügen

Auch beim Balancing muss sich Creative Assembly ein wenig Kritik gefallen lassen. Einige Einheiten sind schlicht überflüssig. Berittene Schützen treffen zu selten, die Unterschiede zwischen den einzelnen Musketen-Truppen sind marginal. Immerhin werden die erforschten Neuerungen sinnvoll verwendet und können am Ende über Sieg oder Niederlage entscheiden. Gestaffelte Feuerbefehle steigern zum Beispiel ungemein die Effektivität der Schützen.

Immer zwei Reihen feuern gleichzeitig, ziehen sich dann zurück zum Nachladen und machen Platz für die Hintermänner. Um spezielle Ziele zu verteidigen, können sich die Truppen auch in Gebäuden verschanzen. Leider funktioniert in diesem Fall die Ausrichtung nur mäßig. Wie bei den Belagerungen wirkt dieses Element nicht zu Ende gedacht.

Nahezu fehlerfrei präsentieren sich dagegen die Seeschlachten. Der Detailreichtum ist wirklich atemberaubend. Deckmannschaften klettern über die Schiffe, laden Kanonen, reffen Segel und werden durch Treffer über Bord geschleudert. Bei Sturm blickt Ihr auf eine aufgewühlte See, bestaunt explodierende Munitionsdepots, die das passende Schiff in zwei Teile zerlegen und zerfetzte Segel, die im Wind flattern. Ihr bestimmt Takelage, Fahrrichtung, Munitionstyp und Formation.

Um besonders effektiv zu kämpfen, könnt Ihr selbst Breitseiten auslösen. Der Streuradius wird so verringert und mit etwas taktischem Geschick könnt Ihr beide Breitseiten auf ein Schiff konzentrieren. Allein das Verkeilen der gewaltigen Holzboote sorgt für etwas Kopfzerbrechen. Trotzdem ist jede Seeschlacht ein prächtiges Ereignis, das unterm Strich durch das neue Spielgefühl mehr Spaß bereitet als die Auseinandersetzungen an Land.

Realistisch und doch einfach zu erlernen: Seeschlachten sind das neue Highlight.

Der Online-Kampagnen-Modus hat es übrigens nicht in die Verkaufsversion geschafft. Creative Assembly möchte diesen Modus aber nachliefern. Stattdessen könnt Ihr Euch mit bis zu acht Spielern in Land- und Seeschlachten relativ lagfrei die Köpfe einschlagen. Ihr bestimmt Technologie-Standard, auf welcher Karte das Gemetzel stattfinden soll, die genaue Tageszeit, Wetter und die beteiligten Fraktionen. Auch Belagerungen und spezielle Szenarien stehen zur Verfügung. Nichts Aufsehen erregendes, aber ein netter Zeitvertreib für Zwischendurch.

Normalerweise kann ich mit dem 18. Jahrhundert, militärisch gesehen, nur wenig anfangen. Die offenen Feldschlachten mit ihren fast lächerlichen Schützenreihen bieten weder das brutale Gemetzel des Mittelalters noch die taktischen Finessen der Neuzeit. Trotzdem konnte mich Empire: Total War mit seiner erstklassigen Qualität in seinen Bann ziehen. Die optische Brillanz der Gefechte, die unverbrauchten Seeschlachten und der verbesserte Rundenstrategie-Part geben dem Titel eine neue Ausrichtung, die sich erfrischend anders spielt. Der neuste Teil der Total War-Reihe besitzt endlich genug Substanz, um auch ohne die sich oft wiederholenden Echtzeitgefechte Spaß zu machen. Gerade Civilization-Fans mit Hang zur historischen Genauigkeit werden fündig, sollten es sich aber trotz der komfortablen Auto-Resolve-Funktion nicht nehmen lassen, wichtige Auseinandersetzungen selbst auszutragen.

Für den Wertungsolymp hat der Titel aber noch mit ein paar Kinderkrankheiten zu kämpfen. Speziell die Belagerungsschlachten wirken unfertig. Lange Ladezeiten vor den Schlachten, kleine KI-Mängel, ein nicht immer stimmiges Balancing, der fehlende Online-Kampagnen-Modus und ein bis zwei Abstürze kosten den Titel am Ende die Bestnote. Wer sich an solchen Kleinigkeiten nicht stört und das Szenario liebt, bekommt mit Empire: Total War die Erfüllung aller Träume geliefert. Creative Assembly hat erneut ein Meisterwerk abgeliefert, das seine Vorgänger auf die Plätze verweist. Beim nächsten Mal im Zwanzigsten Jahrhundert und fehlerfrei, dann zücke ich gern die 10.

Empire: Total War erscheint am 4. März exklusiv für den PC.

9 / 10

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