European Innovative Games Award 2010
Die Download-Spiele holen auf
Preisverleihungen gibt es im Spielesektor mittlerweile so einige und so manche davon ist schwer umstritten, man erinnere sich nur an das Debakel mit dem doppelt ausgezeichneten Anno 1404 beim deutschen Computerspielpreis: Weil ein Teil der Juroren selbst ein Uncharted 2 für zu brutal erachtete, wurden die Rubriken fast bis zur Unkenntlichkeit verbogen und Dawn of Discovery, die englischsprachige Version von Anno 1404, einfach nochmal mit dem Preis für die beste internationale Produktion ausgezeichnet – Spieler und Presse sparten hier zurecht kaum an Häme.
Beim E.I.G.A. - dem European Innovative Games Award in Frankfurt - blieben uns solche Peinlichkeiten erspart. Wie bei jeder Preisverleihung war natürlich auch hier manch eine Entscheidung etwas umstritten, trotzdem gingen die meisten Besucher zufrieden in die anschließende Party. Ein wenig lag das natürlich auch daran, dass sich hier nicht die AAA-Blockbuster um die begehrten Preise kabbelten, sondern innovative Produktionen im Mittelpunkt standen. Und "innovativ" ist nun mal ein Adjektiv, dass sich eher wenige AAA-Titel an die Brust heften können – Innovation findet seit jeher vor allem in den Nischen, den Randgebieten und natürlich der Indie-Szene statt. Und ohne zu viel vorweg zu nehmen: Die wurde in diesem Jahr tatsächlich ordentlich gewürdigt.
Aus über 50 eingereichten Projekten wurde eine Shortlist in drei Kategorien erstellt. Aufgeteilt wurde in Innovative Technology, Innovative Application Methods & Environments und Innovative Game Design.
Diese drei Rubriken wurden noch einmal unterteilt: Mit dem mit 10.000 Euro dotierten Advancement Prize werden bisher noch nicht fertige Projekte oder junge, kleine Teams ausgezeichnet, die noch am Anfang stehen. Der Hauptpreis bleibt fertigen Produkten vorbehalten. Und weil nicht nur die Sieger, sondern auch so mancher Runner-Up eine ganz schön überzeugende Figur machten, gehen wir doch mal ein wenig ins Detail!
Mit der Middleware Cloddy vom kleinen Fuldaer Team BitetheBytes trat eine extrem leistungsfähige Middleware-Software zur effizienten Darstellung von Landschaften gegen das digitale Brettspiel Treasure Bay des Österreichers René Ksuz an: Das Studentenprojekt läuft momentan ausschließlich auf einem Designer-Tisch mit eingebautem Touchscreen und ist momentan nur mit Anmeldung in Österreich zu sehen. So ging der Preis dann nach Fulda – man darf gespannt sein, in welchen Spielen die Cloddy-Software in den nächsten Jahren zum Einsatz kommt.
Der Hauptpreis im Bereich Innovative Technology war dann auch tatsächlich etwas umstritten. Nominiert waren Cryteks CryENGINE3 für ihre effektive 3D-Darstellung, Microsofts Kinect-Hardware und ein wenig als Außenseiter Blobo aus Finnland.
Der kleine Ball verfügt über ein beeindruckendes Innenleben und kann dank diverser Sensoren Drehung, Neigung, Beschleunigung und Druck per Bluetooth-Verbindung an PC, Mac oder Mobiltelefone übermitteln – ein faszinierendes Stück Hardware mit massig Potential, das momentan allerdings nur ein ein paar WiiSports-ähnlichen Mini-Spielen genutzt wird. Den Preis teilten sich schließlich die CryENGINE3 und Kinect – so richtig konnte das keinen er beteiligten zufrieden stellen.
Auch die Rubrik Innovative Application Methods und Environments war hart umkämpft. Den Advancement Prize gewann schließlich Cornelius Müller mit Gabarello, einer grafisch wunderschönen Spiel-Anwendung die mit dem Lokomat, einem medizinischen Trainingsgerät, gekoppelt wird und eine große Hilfe für Menschen darstellt, die das Gehen wieder erlernen müssen. Aber auch die beiden anderen nominierten erfreuten sich großen Zuspruchs: Krystian Majewskis Trauma lädt zu einer faszinierenden Reise durch die Psyche ein und Oliver Eberleis Red Robot Inc. für den PC vermischt klassische Elemente eines 3rd-Person-Shooters mit stereoskopischem 3D und Headtracking via WiiMote.
Noch mehr Bewerber gab es um den eigentlichen Award der Application-Rubrik: Als klassisches Serious Game erwies sich Houthoff Buruma – The Game: Das wird von der gleichnamigen holländischen Anwaltsfirma als Recruiting-Software eingesetzt und bietet jungen Anwälten einen faszinierenden Fall, der weniger das Fachwissen als das kreative Potential und die geistige Wendigkeit der Bewerber testen soll. UBrain: Digital Tonic von Digital Reality Publishing ist dagegen eine Audio-Anwendung für das iPhone und demnächst auch PSP, die je nach Situation das Gehirn anregen oder entspannen soll.