Fallout 3
It´s the end of the world and I feel fine
Ich liebe die postapokalyptische Welt.
Zumindest solange sie nicht direkt um mich herum passiert, aber in der Theorie sind Mutanten, Lederklamotten in der Wüste, heruntergekommene V8-Motoren in einer Zeit ohne aktive Ölförderung, und jede Menge Knarren ziemlich cool. Mad Max gehörte seit Kindestagen zu meinen Helden – er schlägt beim Thema Selbstjustiz Dirty Harry und Charles Bronson jeden Tag – und Infocoms Wasteland brachte mir mehr English bei, als die 7. und 8. Klasse zusammen. Auch wenn man im richtigen Leben Sätze wie "Thug explodes like a blood sausage" relativ selten anwenden konnte.
10 Jahre später, 1998, um genau zu sein, wiederholte Interplay seinen Erfolg mit Fallout. Viel Liebe zum Skurrilen, eine düstere Atmosphäre, aber nie ohne Augenzwinkern, und jede Menge Mutanten-Rollenspiel steckte in diesem Werk. So viel, dass ein kleiner Aufschrei durch die RPG-Gemeinde ging, als Interplay die Rechte für Fallout 3 an Bethesda verkaufte. Kein Interplay-Rundenkampf-Rollenspiel mehr, verkauft und verraten.
Ein wenig zu starke Worte. Auch wenn die Elderscrolls-Schöpfer eine etwas andere Auffassung von Rollenspiel vertreten, dürfen sie seit Morrowind und Oblivion wohl von der Mehrheit der Spieler als Koryphäen des Genres betrachtet werden. Und alle Anzeichen gehen deutlich dahin, dass sie der Fallout-Welt einen mehr als würdigen Sprung in die 3D-Welt ermöglichen.
Und bevor man springt oder gar rennt, heißt es erst einmal Krabbeln lernen. Die Charaktererschaffung beginnt bei Null und damit meint Bethesda kein leeres Blatt Papier, sondern den Mutterleib. Das Bild ist noch krisselig und verschwommen, viel könnt Ihr nicht erkennen, nur die Frage „männlich oder weiblich“ erscheint deutlich. Immerhin könnt Ihr per Knopfdruck schon mal ein ordentliches Babybrüllen von Euch geben. Und erkennen, dass mit Eurer Mutter etwas nicht stimmt.
Erst ein Spieljahr später erfahrt Ihr vage, dass Ihr Euch in Bunker 101 befindet, postapokalyptisch und ähnliche Wörter sagen Euch aber noch nicht viel. Stattdessen bereitet ein einfaches „Papa“ noch so seine Probleme, so ist das nun mal als Baby, das gerade Krabbeln lernt. Für ca. 10 Minuten spielt Ihr einen Babysimluator, während Euch Bethesda wahrlich spielerisch die Kontrollen der Bewegung näher bringt und im Kinderbuch „You are SPECIAL“, Reime und alles inklusive, die obligatorischen Charakterwerte wählen lässt.
Hier zeigt sich deutlich die Verwandschaft zu Oblivion, Morrowind und, nun ehrlich gesagt jedem anderen traditionellem Rollenspiel der letzten hundert Jahre: Stärke, Ausdauer, Beweglichkeit, Intelligenz, Auffassungsgabe, Charisma und Glück. Da es sich um ein doch eher reales Setting handelt, fehlen Magiewerte natürlich, aber ansonsten habt Ihr das alles schon gesehen.
Der nächste Sprung in der Charaktererschaffung bringt Euch zu Eurem zehnten Geburtstag. Der freundliche Helferroboter Mr. Handy zerlegt mit seinen Multifunktionsarmen Eure Geburtstagstorte in handliche Stücken und Eurer Vater, im englischen von Liam Neeson gesprochen, zeigt Euch per Wachstumsvorhersage an einem Screen im Bunker 101, wie Ihr später aussehen werdet. Natürlich ist das der Punkt, wo Ihr Euren Look zusammenklickt.