Fallout: New Vegas
Das Wertungsdilemma
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Bringen wir es auf den Punkt: Nach heutigen Maßstäben ist Fallout: New Vegas ganz sicher keine Augenweide. War schon der direkte Vorgänger zum Release eher Durchschnitt, werden grafische Unzulänglichkeiten bei New Vegas noch offensichtlicher. Und das liegt zum Teil am Setting. New Vegas spielt eben nicht mehr in einem verstrahlten Niemandsland, sondern in der relativ unberührten Wüste Nevadas. Hier gibt es Sträucher, Kakteen und sogar kleine Weideflächen, die aber leider irgendwie falsch aussehen, farblos, unrealistisch. Ab und zu sorgen zwar ein prächtiger Sonnenaufgang oder ein schicker Innenraum für Abwechslung, es bleibt aber stets zweitklassig. An einen Vergleich mit einem Red Dead Redemption ist gar nicht zu denken.
Die Spielwelt von Fallout 3 war zwar deutlich leerer, aber auch in sich stimmiger. Sie lieferte gleich zu Beginn einige prächtig-trostlose Panoramen und schicke Konstruktionen. Ihr gelang es, das Ende der Zivilisation punktgenau darzustellen.
Außerdem schreiben wir inzwischen das Jahr 2010. Die Welt der Spiele hat sich wieder ein Stück weitergedreht. Die holprigen Animationen der Figuren, die selbst eine blutjunge Stripperin in eine hüftkranke Oma verwandeln, und Gesichtsbaracken, bei denen Schönheitschirurgen Dollarzeichen sehen, wirken wie ein Relikt aus der Vergangenheit. In Kombination mit einigen Abstürzen, steckengebliebenen Figuren und fehlerhaften Quests ist Fallout: New Vegas technisch, auch mit dem Day-1-Patch, nur schwer verdaulich.
Und es kommt noch schlimmer: Der Anfang ist extrem langatmig. Fast schon langweilig. Während ihr bei Fallout 3 mit der Geburt und den ersten Jahren im Bunker mit einem dicken Knall beziehungsweise viel Babygeschrei die Spielwelt betretet, erzählt New Vegas die Geschichte eines Helden, der sein Gedächtnis verloren hat. Schon wieder. Nachdem ihr in eurer Funktion als Kurier erst einmal ausgeraubt wurdet, dürft ihr anschließend euer eigenes Grab schaufeln und bekommt zu guter Letzt von einem schmierigen Karo-Anzugträger eine Kugel in den Kopf gejagt.
Natürlich habt ihr diese Sonderbehandlung überlebt, erwacht in einem kleinen Wüstendorf und werdet von ein paar Hillbillys wieder auf die Beine gebracht. Ein paar Bretterbuden, Mini-Plantagen und ein Saloon. Kein Vergleich mit der bedrückenden Enge der Vaults oder der durchgeknallten Architektur von Megaton. Ja, die Radioaktivität, die hereingeweht wurde, hat auch hier die Welt verändert. Es gibt mannshohe Skorpione, mutierte Menschen und die fiesen Todesklauen. Doch spielerisch wird hier, also in den ersten Stunden, nur Durchschnittsware geliefert.
Die epischen Quests, die den Vorgänger so fantastisch gemacht haben, lassen hier lange auf sich warten. Die erste Auseinandersetzung um euer Heimatdorf, das Örtchen Goodsprings, ist zwar gut gemeint, wirkt aber im Vergleich zum Ende von Megaton banal. Ein paar Gangster drangsalieren die Einwohner und ihr müsst entweder für Ordnung sorgen oder ihnen helfen, an die Macht zu kommen. Nach ein paar belanglosen Gesprächen fiel mir die Entscheidung leicht: Mit der ersten erbeuteten Schrotflinte pustete ich dem Anführer ohne Vorwarnung den Kopf weg. Endlich Ruhe. Seltsamerweise waren die Einwohner danach sauer auf mich, aber man kann es ja nicht jedem Recht machen.
Dieser öde Einstand hätte mir fast meine Motivation geraubt, aber ich bin dran geblieben. Zum Glück! Denn danach wird es kontinuierlich besser. Hinter eurer vermeintlichen Tötung steckt nämlich mehr als es anfangs den Anschein hat. Verschiedene Kräfte kämpfen im Niemandsland um New Vegas um die Vorherrschaft. Da ist zum einen die NCR, eine militärisch organisierte Organisation, die sich nach und nach immer weiter im Machtvakuum nach dem Krieg ausgebreitet hat. In einem großen Handstreich haben sie den Hoover Damm eingenommen, der jetzt die Umgebung mit Energie versorgt.
Ihr größter Feind ist wiederum Caesars Legion. Eine straff organisierte Diktatur, die natürlich von Caesar geleitet wird. Dessen Truppen sind zwar nicht ganz so gut bewaffnet wie die NCR, aber stark genug, um immer wieder für Streit zu sorgen. Selbst die Brotherhood of Steel hat in Nevada ihre Finger im Spiel. Geschwächt, aber immer noch aktiv, versucht sie Einfluss auf die Politik von New Vegas zu nehmen.