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Fallout: New Vegas

Das Wertungsdilemma

Die mysteriöseste Figur ist aber Mr. House. Der Bürgermeister von New Vegas, der das diffizile Machtgleichgewicht zwischen den einzelnen Familien regelt. Diese besitzen jeweils ein Casino und fallen sich immer wieder gegenseitig in den Rücken. Und ratet mal, wer dafür sorgt, dass dieses Pulverfass explodiert? Doch von all diesen Machenschaften wisst ihr noch nichts, als ihr in den ersten Stunden von Stadt zu Stadt zieht. Immer auf der Suche nach eurem Mörder und einem neuen Puzzlestück. Und genau hier beginnt endlich das wahre New Vegas. Ein hochkomplexes, gewaltiges Rollenspielerlebnis, das zumindest beim Umfang Fallout 3 schlägt.

Ein erster Höhepunkt: Für eine kleine Gemeinde namens Novac sollt ihr eine Ghoul-Plage beseitigen. Natürlich könnt ihr versuchen, die gesamte Population eines Raketentestgeländes einfach zu töten. Rein, ballern was das Zeug hält und hoffen, dass man am Ende überlebt. Solch ein drastischer Weg funktioniert aber nur, wenn ihr vorher genug Waffen gesammelt und euch den entsprechenden Level erspielt habt.

Interessanter ist es aber wieder einmal, euch auf die Geschichte einzulassen, den Ghouls ihren Willen zu geben und sie bei ihrer äußerst beeindruckenden Abreise zu bestaunen. Ihr besorgt ein paar Gegenstände in der Umgebung, überzeugt einen Helfer durch eure Überredungskunst und tastet euch so nach und nach zu einem der möglichen Ausgänge vor.

Sexroboter F.I.S.T.O. muss man ausprobiert haben...

Wie beim genialen Vorgänger gibt es auch im weiteren Verlauf dieser einen Mission noch unterschiedliche Wahlmöglichkeiten. Wie ein groß gewachsener Baum verästeln sich die Möglichkeiten und Story-Wendungen. Bis zum Ende des Spiels sind es Hunderte dieser kleinen und großen Entscheidungen, die auch New Vegas so faszinierend machen.

Dabei ist es nicht immer einfach, dem einen, selbstdefinierten Pfad zu folgen. Nur selten gibt es schwarz und weiß, gut und böse. Meistens müsst ihr den Weg wählen, der euch am gangbarsten erscheint. Euch entscheiden, wer lebt und wer stirbt. Manchmal nur nach Sympathie oder aus Egoismus heraus. So kann es passieren, dass ihr euch mühsam einer Fraktion anschließt, nur um sie am Ende ausrotten zu müssen. Und das Spiel geht noch weiter: Ihr könnt praktisch jedes Lebewesen töten. Anführer, Freunde, Helfer und wichtige Schlüsselpersonen. Dazu passend bekommt ihr dann mit, welche Quests ihr dadurch verpasst und welche Wege sich damit verschließen. Es ist ein ständiges Abwägen zwischen unterschiedlichen Handlungssträngen und eurem Wunsch, Gutes oder auch Böses zu tun. Wie im Vorgänger gewinnt und verliert ihr durch bestimmte Aktionen Karma.

Ihr bestimmt damit, wie die Menschen in Nevada und die einzelnen Parteien auf euch reagieren. Diese Tragweite ist bei Fallout: New Vegas einmalig und geht noch weiter als bei seinem Vorgänger. Selbst BioWare muss sich bei einer solchen Komplexität geschlagen geben. Ihr formt die Welt wirklich nach euren eigenen Wünschen und Vorstellungen. Das macht Fallout: New Vegas trotz seiner Defizite so einmalig und, besonders was die deutlich längere Hauptstory angeht, sogar ein wenig besser.

Das neue Companion-Wheel hilft bei der Steuerung eures Begleiters.

Wundert euch aber nicht, wenn sich eure Beziehungen zu den einzelnen Fraktionen nicht immer korrekt in deren Reaktionen niederschlagen. So kann es schon mal passieren, dass ihr ein halbes Casino samt Anführer ausräumt, einige Angestellte aber weiter mit euch reden. Auf solche Skript-Bugs, die in einem Fall sogar das Weiterspielen fast unmöglich machten und mich zum God-Mode greifen ließen, müsst ihr euch zumindest in der ungepatchten Version einstellen. Der erste Patch kümmert sich zwar um einen Teil dieser Probleme, kann sie aber nicht vollkommen ausmerzen. Traurig für einen sonst so fantastischen Titel.

Doch zurück zum Gameplay, an dem sich zumindest auf den ersten Blick wenig geändert hat. Wie gewohnt steuert ihr euren Protagonisten entweder aus der Ego- oder aus der Schulterperspektive durch die weiten Landschaften. Waffen können wie gehabt direkt oder über das sogenannte VATS-System abgefeuert werden. Dabei hält das Spiel das Geschehen an, ihr visiert wichtige Körperteile an und ballert dann so lange, bis eure Aktionspunkte aufgebraucht sind. Kleine Updates, etwa die Möglichkeit, mit einer Nahkampfwaffe Spezialattacken auszuführen, runden den Kampf ab. Außerdem heilt Essen und Trinken nur noch auf Zeit und nicht mehr auf einen Schlag. Die Auseinandersetzungen erfordern dadurch etwas mehr Taktik. Auch wenn die Gegner-KI sich noch immer relativ dumm anstellt und Nahkämpfer einem stur hinterherrennen. So genügt es, wie bei Fallout 3, die Hälfte der Zeit einfach im Rückwärtslaufen in die Menge zu halten.