Skip to main content

FANTASIAN in der Apple Arcade weckt Final-Fantasy-6-Gefühle

Und warum es Nobuo Uematsus letzte Komposition sein wird.

Ein Blick zurück kann Mächtiges auslösen. In Fantasians Fall war er nicht weniger als der Urknall einer Idee, als Hironobu Sakaguchi vor drei Jahren noch einmal Final Fantasy 6 zusammen mit seinen Entwickler-Kollegen spielte. Das erinnerte ihn daran, wie sehr er dieses spezielle RPG-Genre liebt. Klassisches JRPG heißt, der Charakter zieht von Stadt zu Stadt, spricht mit NPCs, geht in Dungeons, trifft zufällig generierte Feinde und landet dann im rundenbasierten Kampf.

Gleichzeitig wollte Sakaguchi aber frischen Wind in diesen klassischen Genre-Ablauf bringen. Zwei Neuerungen sollten den Geist der Innovation entfachen und noch dieses Jahr in seinem neuen Apple-Arcade-Spiel den Status Quo herausfordern: Die handgemachten Dioramas und das neue Dimengeon Kampfsystem.

Es gibt circa 150 von den handfertigten Dioramas, die von über 150 Künstlern zusammen erstellt worden sind. Dies sind alles Künstler der "Tokusatsu" Industrie: Das heißt nichts weiter, als dass die Mitarbeiter bereits jahrelang an Spezialeffekten arbeiteten und darunter Miniaturen für beispielsweise Godzilla, Attack on Titan und Ultraman erstellten. Bei Fantasian wurden nicht nur die Welten, sondern auch die Räume in den Gebäuden inklusive Möbel und Co. handgefertigt.

150 handgefertigte Welten von über 150 Künstlern, die an kleinen Städten für Godzilla bauten.

Wer sich fragt wie so etwas entsteht: Erst gibt es eine Konzeptzeichnung, die so originalgetreu wie möglich zu einer handgefertigten Figur im Diorama wird. Daraus ergibt sich der Hintergrund des Spiels. Natürlich muss auch der Lichteinfall berücksichtigt werden. Dieser bewegt sich schließlich beim Laufen im Spiel. Teilweise gibt es auch Nebel und weitere nachbearbeitete 3D-Effekte. Als Letztes wird das User Interface drübergelegt.

Auf YouTube ansehen

Dann wäre da noch das neue Ziel-System, das sich je nach Charakter unterscheidet. Die Funktionen des Touchscreens werden dabei hervorgehoben, wie Sakaguchi im Interview ausführt. Dann gibt es das Dimengeon System - ein Wortspiel aus Dimension und Dungeon - in dem die Monster in eine andere Dimension geschickt und gesammelt werden, sodass man zu einem späteren Zeitpunkt alle auf einmal besiegen kann. In dieser Dimengeon können auch weitere Power-ups und Buffs passieren, die für den Spieler von Vorteil sind, was die Kämpfe, in denen man seinen Haufen angesammelter Monster gleichzeitig erledigt, zu einer sehr zufriedenstellenden Erfahrung machen soll. Die Bosse hingegen sind ein wenig anspruchsvoller. Aber selbst, wenn die Spieler und Spielerinnen leicht unter dem empfohlenen Level sind, können sie mit guter Taktik trotzdem gewinnen.

Hironobu Sakaguchi

Seit 35 Jahren arbeitet Sakaguchi nun mit Nobuo Uematsu zusammen. Und das hat sich bei Fantasian nicht geändert. Über 60 Tracks sind für das neue Abenteuer komponiert worden.

Durch Apple Arcade wird das Spiel in über 150 Länder verfügbar sein, allerdings zunächst nur auf englisch, japanisch und in vereinfachtem chinesisch. Man kann Fantasian auf allen Apple Geräten spielen und dabei auch Maus und Tastatur oder Game Controller anschließen. Nun solltet ihr für das Interview mit "Final Fantasy"-Schöpfer Sakaguchi gerüstet sein, viel Spaß!


Eurogamer.de: Wie kam es zu den Dioramas? Warum nutzen sie nicht einfach CGI-Hintergründe?

Hironobu Sakaguchi: Das hat einige verschiedene Gründe: Ich mag, es mich immer dazu herauszufordern, neue Ideen auszuprobieren und neue Wege für die Visualisierung meiner Spiele zu finden. Zudem bietet Fantasian eine noch die herzerwärmende Geschichte. Die Dioramas sollen mit dem Geschehen die Stimmung heben und an die alten Final-Fantasy-Teile erinnern. Meine Idee war, diesen einzigartigen Charm mit den handgefertigten Hintergründen zu unterstützen. Sie fügen sich tatsächlich gut in dieses positive Gefühl ein.

Letzten Endes wird das hier ein Apple-Arcade-Spiel, weshalb durch die Hardware des iPods oder iPads wahrscheinlich einiges am Touchpad passiert. Da passen Welten, die man mit der Hand fertigt, ganz gut zum Spielfluss, den man ja auch mit der Hand ausführt und navigiert.

Die Hintergründe sollen besonders wirken und frischen Wind in das JRPG auf dem Touchpad bringen. Jeder Winkel kann und soll erkundet werden!

Eurogamer.de: Diese Frage könnte auch für andere Entwickler interessant sein: Wie war es mit Apple zusammenzuarbeiten? Wurden ihre Wünsche, Erwartungen und Hoffnungen erfüllt?

Sakaguchi: Schon in den anfänglichen Gesprächen mit Apple habe ich mein Ziel sehr deutlich beschrieben: Ich wollte ein vollwertiges Spiel machen, eine konsolenähnliche Erfahrung eines RPGs für die SpielerInnen. Zu dem Zeitpunkt war Apple ebenfalls an einem vollwertigen Spiel interessiert. Das war ein Schritt, den ich in meiner Karriere am richtigen Zeitpunkt bestritten habe. Und so entstand bei Fantasian ein Spielumfang von 60 Stunden - was durchaus vergleichbar mit einem RPG auf der Konsole ist. Ich bin sehr zufrieden damit.

Eurogamer.de: Spiele für mobile Geräte wie Handies und iPads zu erstellen, birgt sicherlich auch neue Ideen: Ist es einfacher, diese Ideen für Touchpads, iPhones und iPads umzusetzen oder gibt es eher Einschränkungen, die das alles mit sich bringt?

Sakaguchi: Mobile macht da keinen Unterschied. Vielmehr ist es die Touch-Oberfläche, die die Entwicklung so anders macht, als wenn wir klassisch für eine Konsole entwickeln. Die SpielerInnen bewegen sich mit "Pins" durch das Diorama. Das heißt sie setzen mit ihrem Finger die Punkte, zu dem sich der Charakter bewegt. Es kann also sein, dass die SpielerIn einen Pin drei Ebenen tief setzt und der Charakter muss sich dann so weit hinbewegen, während der Charakter beim Controller konstant gesteuert werden muss.

Aber genau diese Art von Bewegung und diese "Pins" haben uns das bereits erwähnte "Dimengeon"-System ermöglicht. Die Möglichkeit, Kämpfe aufzuschieben und sie zu staffeln birgt, ein makelloses Erlebnis des Kampfes, das sonst nicht möglich wäre. Die Diorama-Welten leiten dazu an, sich mehr mit dem Hintergrund zu beschäftigen, in Bereiche zu navigieren, die man vielleicht beim klassischen Hintergrund oder mit dem Controller nicht findet.

Eurogamer.de: In welcher Hinsicht unterscheidet sich FANTASIAN im Vergleich zu allen anderen Spielen, die Sie bisher geschaffen haben?

Sakaguchi: Neben den Dioramas und dem Dimengeon-System, was ich ja schon zu genüge ausgeführt habe, ging meine ganze Energie bei Fantasian in die Details der Welt. Wenn SpielerInnen die Welt erkunden, begegnen sie Situationen, in denen sie sich fragen werden: "Oh kann ich dahinter irgendetwas entdecken? Kann ich durch diese Tür auch gehen? Gibt es da vielleicht einen Schatz?" Und ich würde diese Fragen immer mit "Ja." beantworten. Das Spiel spornt dadurch zum Erkunden an. Diese handgefertigten Welten, die Dioramas, sollten in jeder Ecke untersucht werden. Diese Detailfreudigkeit ist das, was Fantasian so einzigartig macht.

Detailreichtum und Handarbeit: Das unterscheidet Fantasian von allen anderen Werken, die Sakaguchi bereits erschaffen hat.

Eurogamer.de: Da sie schon 35 Jahre lang mit Uematsu zusammenarbeiten, scheint Musik eine wichtige Rolle in ihren Videospielen einzunehmen. Wie wichtig ist die Musik bei der Kreation einer Fantasiewelt?

Sakaguchi: Musik ist extrem wichtig. In einem Videospiel ist Musik generell ein wesentliches Element. Uematsu und ich haben uns für Fantasian auf 60 Tracks geeinigt. Das sind ganz schön viele Kompositionen und natürlich verlangt so eine Unternehmung viel Energie und Arbeit. Uematsu sagte darauf, dass dies wahrscheinlich seine letzte Vertonung eines vollwertigen Videospiels sein wird. Gerade deshalb hat der bei diesem Soundtrack sein Herz in jedes einzelne Musikstück gesteckt, was hier zu hören sein wird.

Als das alles entstanden ist und wir die ersten Aufnahmen des live aufgenommenen Orchesters hörten, war es bereits Januar. Die Komposition des kompletten Soundtracks ist also auf den letzten Drücker fertig geworden. Aber das alles dann am Ende zu hören, war für mich unfassbar emotional und rührend. Meine Augen hielten schon die ein oder andere Träne bereit. Am Ende vereint die Musik die Spielwelt - den interaktiven Raum - die man zunächst nur in ihren Einzelteilen erschafft.


Wir danken Hironobu Sakaguchi und Apple Arcade dafür, dass wir einen tiefen Einblick in dieses doch sehr emotionale Werk werfen durften.

Schon gelesen?

Ana Kudinov Avatar
Ana Kudinov: Ana macht bei Eurogamer.de seit 2020 die Video-Redaktion. Sie streamt in ihrer Freizeit und spielt viel Strategie- und Indiespiele am PC - kann aber grundsätzlich mit jedem Genre und jeder Konsole etwas anfangen. Ana liebt es sich über Japan und Anime zu unterhalten und verbringt dementsprechend auch viel Zeit mit JRPGs und anderen Besonderheiten aus dem asiatischen Raum.
Verwandte Themen