Far Cry 3
Glaubwürdig, wahnsinnig, gut
Für mich hat die E3 2011 schon jetzt einen positiven Trend hervorgebracht: Die Konzentration auf glaubwürdige, nachvollziehbare Charaktere. Das kann wie bei Tomb Raider den Hauptdarsteller selbst betreffen, wie bei Bioshock Infinite den Sidekick oder aber, wie bei Far Cry 3 den Antagonisten. Fest steht nur, dank guter schauspielerischer Leistung, guten Skripts und der richtigen Technik verwandeln sich die sonst eher seelenlosen Computer-Bewohner in lebende, atmende Wesen, denen man Angst, Freude und Verzweiflung genauso abnimmt, wie Far-Cry-Bösewicht Vaas seinen Wahnsinn.
Nachdem ihr in der Haut des Abenteurers Jason Brody bei Far Cry 3 auf einer entlegenen Insel, irgendwo im Pazifik gelandet seid, eure Freundin entführt und ihr von einer Gangsterbande gefangengenommen wurdet, hält der angsteinflössende Anführer der Bande einen wirklich gruseligen Monolog, über seine Definition von Wahnsinn. Während im Hintergrund Zivilisten von seinen Schergen nur so zum Spaß abgeknallt und zu Leichenbergen aufgeschichtet werden, versucht ihr, während dieser eindringlichen, furchterregenden Ansprache, euch zu befreien. Eure Hände sind gefesselt, an euren Füßen hängt ein gewaltiger Steinblock.
Euer Gegenüber redet sich in Rage. Fragt euch mit aufgerissenen Augen, warum ihr ihn so anstarrt. Er schubst euch, zieht immer wieder kurz seine Waffe, hält sich euch an den Kopf und redet dabei immer wirrer. Dann hat er scheinbar genug, kickt den Steinblock über eine Kante und sieht eiskalt dabei zu, wie ihr ein Dutzend Meter in die Tiefe, in eine Höhle mit tiefem Wasser geschleudert werdet. Ihr sinkt hinab, droht zu ersticken und könnt euch erst in letzter Minute mit Button-Gehämmer befreien. Das ist alles sehr intensiv, erst einmal stark geskriptet und linear.
Ein weiterer Trend der Messe: Die Verknüpfung dieser Achterbahn-artigen Inszenierung und Open-World-Elementen. Genau wie bei dem neuen Assassins Creed oder Tomb Raider steht es euch nach dieser linearen Einstiegssequenz offen, wie ihr den nächsten Abschnitt bestreitet. Erst einmal arbeitet sich Brody aber durch die Unterwasser-Höhle. Hinter einem Wasserfall wartet er bis eine Wache vorbeikommt und besorgt sich mit einem Satz aus der Gischt und einer festen Umarmung seine erste Waffe, eine dicke AK-47. Dieses Heranschleichen, die Nutzung des Wassers als Sichtschutz spielt übrigens im Spiel immer wieder ein Rolle. Bei Far Cry 2 war das Feuer in ein wichtiges taktisches Element. Bei Far Cry 3, soll es dank der Insel eher das Wasser werden.
Ausprobieren könnt ihr das schon bei eurer nächsten, verzweifelten Aktion. In einem kleinen Tal gelegen befindet sich ein Lager der Gangster. Auf der anderen Seite wartet ein Hubschrauber auf den Abtransport. Ihr wollt damit entkommen, müsst euch aber praktisch durch das ganze Lager arbeiten. Das Wie ist dabei von entscheidender Bedeutung. Es stehen Dutzende Wege zur Verfügung.
Ihr könnt euch zum Beispiel durch das wunderhübsche Unterholz schlagen, Wachen leise ausschalten und euch auf diese Art so nah wie möglich an die Fluchtmöglichkeit heranarbeiten oder aber ihr erledigt mit lodernden Mündungsrohren im Sturmangriff alle Gegner. Natürlich dürft ihr auch nach einer viel versprechenden Scharfschützen-Position ausschau halten oder gar einen Mittelweg aus allen drei Ansätzen wählen. Lager und Wachposten füllen sich nach dem säubern diesmal übrigens nicht wieder mit Feinden. Diese Mechanik aus dem Vorgänger hat man zum Glück ad acta gelegt. Den Jungs ist bewusst, wie sinnlos dieses Element war.
Auch neu sind die Bewegungsmöglichkeiten eures Charakters. Er kann am Boden entlangkriechen, sich in Deckung werfen und aus der Egoperspektive gezielt Schüsse abgeben und Klettern. Die Topographie der Insel soll mit ihrer Vertikalität mehr Abwechslung liefern. Ihr selbst könnt euch deutlich freier bewegen. Brody gleitet zum Beispiel nach einleitenden Schüssen mit dem Scharfschützengewehr an einem Seil bis in die Mitte des Lagers. Während er weiter beschleunigt, gibt er Schüsse auf die alarmierten Feinde ab. Er trifft ein Benzinfass und jagt damit eine Holzbrücke in die Luft. Ja, die Zerstörung bleibt auf solche Elemente beschränkt, Far Cry 3 eifert nicht Battlefield 3 nach, sondern konzentriert sich allein auf konventionelle, aber intensive Feuergefechte.