Final Fantasy 7 Remake: Wie Technik von heute einem Spiel von vorgestern zu neuem Glanz verhilft
Was 22 Jahre und drei Konsolengenerationen an einem Klassiker ausrichten können.
Die größte Überraschung am E3-Auftritt des Final Fantasy 7 Remakes? Dass es sich zu einem wunderschönen und gut spielbaren Videospiel gemausert hat. Square Enix' neuer Trailer hat wirklich Eindruck hinterlassen und zeigte, wie modern Rendering-Methoden einen PlayStation-Klassiker in etwas verwandeln, das heute noch genauso genießbar ist wie damals. Die Gameplay-Systeme sind eindeutig erkennbar und man bekommt einen viel besseren Eindruck von den erweiterten Ausmaßen Midgars. Aus technischer Sicht, sieht es so aus, als lieferte man eines der ambitioniertesten Projekte des Unternehmens.
Was der jüngste Auftritt ebenfalls demonstrierte: Wie weit wir in vier Konsolengenerationen gekommen sind. Natürlich muss man gestehen, dass die vorgerenderten Hintergründe des 1997er Originals, seine Filmsequenzen und die simplen Polygonmodelle noch immer eine Menge Charme versprühen, den das Remake nur schwerlich einfangen können wird. Wie sollte es auch den Eindruck rekreieren, den das Spiel seinerzeit erweckte, als viele dieser Grafiktechnologien auf Konsolen bisher ungesehen waren? Dennoch wird klar, dass Epics Unreal Engine 4 mehr als geeignet ist, diese Welt um state-of-the-art Rendertechniken zu bereichern. Das Episodenformat hält das Ziel für Square Enix unterdessen überschaubar: In der ersten Episode den frühen Passagen des Originals mit großem Budget und Aufwand neues Leben einzuhauchen. Dass man sich auf den Anfangsbereich Midgar konzentriert, hält den Umfang im Zaum und erlaubt dem Team, sich in Mikro-Details hineinzuknien.
Was das Rendering-Setup angeht, zeigte Square Enix das Spiel bisher in nativen 1080p und wenn man es mit früheren UE4-Spielen vergleicht und sie Detaildichte betrachtet, haben wir es vermutlich mit der PlayStation-4-Pro-Version des Spiels zu tun. Wir wissen mittlerweile auch, dass Square Enix plant, das Remake als Cross-Gen-Titel auszuliefern und es wird spannend, wie die Entwickler die zusätzliche Rechenleistung und das revolutionäre Speichersystem der nächsten Generation nutzen werden.
Die Performance ist ein interessantes Thema. Sowohl die Präsentation von Square Enix als auch der Live Stream wurden in einem "kinoartigen" 24fps Container ausgeliefert. Wichtig: Es ist unwahrscheinlich ist, dass das Spiel auch in dieser Bildrate läuft. Einige Ghosting-Artefakte im Stream deuten darauf hin, dass das Videokompressionssystem versucht, mehr zeitliche Auflösung in ein Video mit zu niedriger Bildrate zu quetschen. Diese Bewegtbilder lassen demnach keine Schlüsse darauf zu, was die angepeilte Performance für das Spiel ist.
Was die E3-Präsentation aber sehr wohl zeigt, ist der atemberaubende Detailgrad, den die Unreal Engine 4 hier stemmt. Direktvergleiche von Original und Remake sehen beinahe lächerlich aus - aber sie zeigen auch wunderbar, wie stark sich Videospielgrafik in 22 Jahren weiterentwickelt hat. Square Enix Echtzeitgrafik schlägt die vorgerenderten Bilder von damals um Welten. Von der Beleuchtung bis zu den Materialien hat sich viel verändert. Szenen kamen hinzu, andere wurden neu arrangiert - aber der springende Punkt ist, dass das Remake die Komposition und Schlüsselelemente des Originals respektiert.
Schauen wir uns die eröffnende Einstellung auf Midgar an. Was das Rendern einer gewaltigen Stadt angeht, zielt das Remake auf einen hohen Detailgrad ab. Mehr Straßen, mehr Anzeigetafeln, Gerüste, Straßenbahnen und mehr Häuser. Mehr Autos auf den Straßen, die jeden Sektor umgeben und das Shinra-Gebäude in der Mitte wird von Scheinwerfern angestrahlt, die volumetrisches Licht auf die Fassade und die Mako-grünen Partikel in der Luft werfen. 1997 war diese Szene eine Absichtserklärung in Bezug auf Squaresofts Schritt in Richtung 3D und CG-Zwischensequenzen. Ein gewaltiger Sprung seit der Sprite-basierten Arbeit an Final Fantasy 6, aber nach heutigen Maßstäben wirkt es leer. Das Remake füllt die Lücken in der Darstellung auf die Art, die man sich für Auflösungen von 1080p und höher erhoffte.
Ein wichtiges Feature der Unreal Engine ist die Physikdarstellung. Und Square Enix nutzt sie in diesem Trailer in jeder möglichen Hinsicht. Man muss aber schon genau hinsehen, um zu erkennen, wie weit das geht. Der Stoff von Aeris' Kleid bewegt sich natürlich, das pinke Band und ihr Haar wehen authentisch, während sie sich vor dem Brunnen aufrichtet. Während des Gameplays? Wir sehen Kisten und Trümmer, die bei Angriffen durch die Gegend fliegen. Selbst die "Sahagin"-Feinde in der Kanalisation lassen ihr hin und her schwingenden Zungen heraushängen - nicht die Sorte Detail, die das Original hätte liefern können. Und dann gibt es die simulierte Flüssigkeit in Clouds Glas in Tifas Kneipe.
Auch die Charakterdetails stechen heraus und schlagen sich im Vergleich mit anderen Top-Remakes bestens, Resident Evil 2 zum Beispiel. Man sieht kleine Kratzer an Clouds Buster-Schwert und selbst die dicke Baumwolle seines Oberteils gewinnt an Lebendigkeit. Wenn man bedenkt, womit die Entwickler 1997 arbeiten mussten, vermittelte selbst sein realistischer gestaltetes Kampf-Charaktermodell keinen besonders lebhaften Eindruck von der Beschaffenheit seiner Kleidung. Jetzt sieht man das in all seinen Details. Auch Tifas Enthüllung ist ein Highlight. Auch hier gibt es eine Mischung aus Leder und Metallbeschlägen auf ihren Handschuhen, die unterstreicht, welche Detailfülle Square Enix vorschwebt. Das einzige, was nicht ganz auf demselben Level ist, sind ihre Haare. In der Bar-Szene sieht man eine Menge Dithering auf jeder Strähne. Aber es ist kein Beinbruch.
Der Fokus auf Partikeleffekte im Trailer ist schwer zu übersehen. Jede Begegnung explodiert förmlich in eine Fülle alpha-basierter Details. Schüsse aus Barrets Gatling-Gun lassen die Funken fliegen, wenn sie auf Metall treffen, Ashe steigt aus einem nahen Feuer auf, während die Echtzeitkämpfe den Szenen eine zuvor nicht mögliche Energie schenken. Hoffen wir, dass HDR unterstützt wird - im ebenfalls UE4-basierten Kingdom Hearts 3 war es nicht enthalten, während seine Implementierung in Final Fantasy 15 spitzenmäßig ist. Warten wir ab, was passiert.
Square bezeichnet den Trailer als "Entwicklungs-Material", aber einige Szenen könnten zum Teil hochqualitative Film-Encodes sein, statt In-Game. Nicht dass das viel ausmachen würde, aber im Gameplay sieht man eine reduzierte Post-Process-Pipeline. Die Tiefenschärfe ist zum Beispiel weniger vorhanden. Was das Motion-Blur angeht, gibt es in Gameplay-Szenen nur die objektbasierte Variante (bei Angriffen), während Kamera-Blur offenbar gestrichen wurde. Das könnte sich zur Veröffentlichung ändern, aber im Moment ist es eben so.
Den komplett anderen Ansatz einer Neuauflage sehen wir im Final Fantasy 8 Remaster, dass auf derselben E3-Präsentation angekündigt wurde. Das hat neue Charaktermodelle und Verschönerungen an den Hintergründen bekommen. Grundsätzlich ist es aber dasselbe Erlebnis wie damals, nur in neuen Kleidern. Für Final Fantasy 7 hätte das auch funktioniert. Trotzdem stürzte sich Square Enix mit einem Vollblut-Remake voll rein, dessen Nachfolger die Geschichte womöglich erst auf der nächsten Konsolengeneration beenden werden. Noch so ein Beispiel, wie sich der Prozess der Spielentwicklung in den Jahren seit Final Fantasy 7 verändert hat. Triple-A-Titel sind deutlich teurer zu entwickeln, aber auch reichhaltiger und dichter als jedes PS1-Spiel. Das Remake ist also noch etwas hin, aber sein erster Teil startet - zumindest demzufolge, was wir auf der E3 sehen könnten - schonmal auf dem richtigen Fuß, was seine Ambitionen und Ausmaße angeht. Kurzum: Wir können es kaum erwarten, mehr zu sehen.