Final Fantasy Countdown: Final Fantasy V
Grenzenlose Freiheit
In den 90er Jahren war man bei Square der Ansicht, der gemeine westliche Spieler sei ein wenig... nun... minderbemittelt. Von Final Fantasy IV bekam der US-Markt eine stark zusammengekürzte Version. Rollenspiele, die es sogar nach Europa schafften, wurden stets gemeinsam mit einem dicken Lösungsbuch ausgeliefert, mit Final Fantasy: Mystic Quest wurde extra für die Fans im Westen ein ultra-simpel-RPG gestrickt und das fantastische Final Fantasy V hielt man im Hause Square für so kompliziert und anspruchsvoll, das man es gar nicht erst außerhalb Japans anbot.
Und doch gab es vor der stark verspäteten englischen Fassung im Rahmen der Final Fantasy Anthology auf der PSone bereits vier Anläufe, Final Fantasy V in den Westen zu bringen. Erst wollte Square selbst das Spiel unter dem Titel Final Fantasy III lokalisieren. Doch Übersetzer Ted Woolsey erzählte in einem Interview von 1994: „Wir sind uns bewusst, dass es ein toller Titel ist, aber in Tests mit verschiedenen Fokusgruppen kam das Spiel nicht so gut an. Auch wenn erfahrenere Spieler von der komplexen Charakterentwicklung begeistert waren, ist es für den durchschnittlichen Spieler einfach nicht zugänglich genug.“ Etwas später kursierten Gerüchte über einen US-Release unter dem Titel Final Fantasy Extreme, aber auch daraus wurde nichts.
Zwei Versuche wurden dann noch auf dem PC unternommen: Zuerst von einem Team namens Top Dog Software und später noch von Eidos, die damals die PC-Fassungen von Final Fantasy VII und VIII vertrieben. Kurz gesagt: All die Versuche scheiterten, die Fans waren jedes Mal ein bisschen mehr sauer und als so aussah, als würde Final Fantasy V niemals in den Westen kommen, nahmen sie die Sache selbst in die Hand: Final Fantasy V war eines der ersten Spiele, das komplett von den Fans per Patch ins Englische übersetzt wurde.
Es war das heute hochgeschätzte Job-System, das amerikanische Fokusgruppen und Entwickler so verunsicherte, dass man Final Fantasy V sogar mit dem 90er-Schlagwort „Extreme“ versehen wollte. Dabei war das System nun wirklich nicht allzu kompliziert. Jede der vier Figuren beginnt in der neutralen Freelancer-Klasse. Freelancer können sämtliche Waffen und Rüstungen einsetzen, haben aber keine sonderlich beeindruckenden Kampfwerte oder Spezialfähigkeiten. Bereits nach kurzer Spielzeit stehen aber die ersten sechs klassischen Jobs zur Verfügung: Kämpfer, weißer Magier, schwarzer Magier – keine großen Überraschungen soweit. Am Ende des Spiels hat man schließlich die Auswahl unter gut 30 Jobs, darunter Exoten wie der Berserker, der Tänzer oder der Geomancer deren spezielle Vorteile erst einmal herausgefunden werden wollen.
Im Gegensatz zu Final Fantasy III könnt ihr nun jederzeit und ohne Nachteil den Job wechseln. Besiegte Gegner bringen neben Geld und Erfahrungspunkten auch Ability-Points, mit denen die Jobs aufgelevelt werden: Pro Job-Level bekommt ihr eine Spezialfähigkeit. Der Ritter kann sein Schwert mit beiden Händen greifen und so mehr Schaden anrichten, der Magier darf mächtigere Zaubersprüche einsetzen... Zwei neue Elemente des Job-Systems machen es der früheren Inkarnation in Final Fantasy III jedoch dramatisch überlegen. Gelernte Talente gehen auf den Charakter über und er kann sie später jederzeit einsetzen, auch wenn er den Job längst gewechselt hat. So könnt ihr dem schwachen Heiler die Kampftalente des Mönchs geben, den Kämpfer könnt ihr mit magischen Fähigkeiten ausstatten oder ihr verleiht dem Ninja die Fähigkeit, in jeder Hand ein Schwert zu halten.