Forza Motorsport 4
Zum Greifen nah
Hinweis: Braucht ihr Hilfe auf der Piste? Schaut in unsere Tipps und Tricks zu Forza Motorsport 4 mit Tuning, Setups, Autovista und dem Warthog.
Gibt es ein traurigeres Bild? Das Objekt der Wünsche so nah, mit aller Detail-Glorie steht es da, zum Greifen geradezu und genau das kann man auch tun. Aber der Griff geht ins Leere. Der Ferrari wird nicht berührt. Dank Kinect öffnet sich die Tür, der Motor, von jedem Winkel lässt sich der PS-Traum begutachten. Nur bringt es alles nichts. Kinect macht es greifbar aber die Berührung ist unendlich weit entfernt. So steht man denn gierig, greift nach Schatten und sieht dabei sicher für Außenstehende irgendwie beklagenswert aus.
Forza 4 dürfte trotzdem für Autonarren der nächste große Schritt sein. Turn 10 legte sich ins Zeug und zeigt erst einmal nicht auf der Strecke, was sie schufen, sondern in einem Modus, der wirklich nur den Auto-Fanatiker so richtig aufhorchen lassen dürfte. Dem Spieler eines Rennspiels dürfte es vergleichsweise kalt lassen, dass er aussteigen und um das Fahrzeug herumgehen kann. Dass er die Türen und die Motorhaube öffnet, sich im Inneren umsieht und jedes Detail mit den Augen aufsaugt.
Dass sich das in diesem eigenen Modus, der komplett mit Kinect steuerbar sein wird, indem ihr beispielsweise die Hand nach dem Türgriff ausstreckt, lohnt, liegt nicht zuletzt an dem technischen Aufwand, der betrieben wurde. Die Polygonzahl der Fahrzeuge wurde hier drastisch erhöht, damit keine Schraube, kein Zylinderkopf, nicht einmal die Einfüllöffnung für das Wischwasser beim Blick in das Heiligste jedes PS-Monsters verborgen bleibt.
So viel zum Äußeren, das im Übrigen auch auf der Piste mit geringeren Polygonzählern immer noch nicht hässlich aussieht. Gemein gesagt, denn nach der Präsentation will man gerne glauben, dass Forza 4 jedes andere Rennspiel, das es irgendwo gibt, grafisch locker einsteckt. Der Rush durch eine Bergwelt, die lebendig oder zumindest plastisch wirkt, mit ihren glaubwürdig in die Stoßdämpfer gehenden Hauptakteuren, ist ein beeindruckender Anblick.
Dass diese Bewegung, jedes physische Zerren an allen 500 - plus 10 weitere im Monatstakt als DLC - verschiedenen Fahrzeugen der Realität zumindest so nahe kommt, wie es möglich scheint, liegt an Turn 10s eigenen Ambitionen. Dieses Mal suchten sie sich Pirelli als Partner, die für so ziemlich jedes Auto auf der Welt Daten zu dem Verhalten ihrer Reifen und auch darüberhinaus besitzen. In diesen Datenberg grub sich Turn 10 ein und will den eigenen hochgesteckten Zielen perfekter Physik ein Stückchen näher kommen.
Auf der Piste kann man erst einmal sagen, dass es sich zumindest in ein paar viel zu kurzen Runden bekannt anfühlt. Das Forza-3-Modell wurde nicht neu definiert, aber wie auch? Sein Realismus war ja auch schon nicht zu verachten. Es deutete sich in den Extrem-Situationen an, dass hier noch ein Stück besser der letzte Punkt des Grips in den Reifen einschätzbar wird. More testing is needed, würde GLaDOS sagen.
Verpasst ihr diesen Punkt einmal und zerlegt ihr den Ferrari 599 GTO an der Wand, dann müsst ihr wie gehabt nicht neu starten, sondern dürft zurückspulen. Das wird diesmal nicht die einzige Einladung an die Casual-Gamer und Familienzusammenkünfte vor der Konsole sein. Auch nicht die wie gehabt zahlreichen optionalen Fahrhilfen. Kinect soll natürlich das Dingt der Stunde sein.
Während sich der erfahrenen Spieler an dem Headtracking per Kinect erfreut - der Spieler neigt sich automatisch unbewusst in Kurven leicht mit und Kinect sorgt dann für mehr Einblick in die richtige Richtung in der Cockpitansicht, ähnlich Shift 2, nur interaktiv - darf der Pad-Hasser mit den Händen in der Luft das Renngeschoss auf der Straße halten. Erstaunlicherweise funktioniert das sogar. Der Lag ist da und lässt sich nicht wegdiskutieren, nur gelingt das diffizile Steuern weit besser als bei den ersten bemitleidenswerten Kinect-Versuchen. So gut, dass man glatt in Versuchung kommen könnte, das wirklich so zu spielen.
Live wurde es noch nicht vorgeführt, aber ein Trailer lässt sich so auslegen, dass sogar zwei Spieler auf diese Weise gegeneinander im Split fahren können. Ob das reicht, um Sohn und Opa vor der Konsole den Generationensprung überwinden zu lassen, wird sich zeigen, selbst im simpelsten Modus ist Forza 4 immer noch ein gutes Stück von Mario-Kart entfernt, aber der Versuch kann ja nicht schaden. Schließlich wurde die eigentliche Zielgruppe ja nicht aus den Augen verloren.